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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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Amtleute und Wirthe. Daß aber protestantische
Pfarrer, und überhaupt Protestanten, wie oben
berührt ist, am ersten und meisten demokratisirten,
lag theils an dem tiefen Gefühl, wie despotisch
man sie immer und überall behandelte, und dann
an der größern Gewandtheit und Klugheit, sich in
Zeit, Ort und Personen zu schicken, welche Ge-
wandtheit man um so mehr lernet, jemehr man ge-
neckt, und je ärger einem das Auskommen er-
schwert wird. Alle Graßfressende Thiere, wie
Gänse, Schafe und Kühe, sind dumm und träge;
aber der Fuchs ist schlau, weil er wacker raffiniren
muß, um sein Federvieh ergiebig zu haschen. Wer
von Grösus Schätzen reichlich hat, dessen Einsicht
und Gewandtheit steht der Einsicht und der Ge-
wandtheit der aus Noth, wegen der übrigen christ-
lichversperrten Nahrungswege, herumschachernden
Israeliten gemeinhin nach. Freilich, was gar
keine Anlage hat, bleibt meist, was es ist; und
daher schreibt sich das einzige Verdienst des Vege-
tirens bey so vielen armseligen protestantischen Pfar-
rern in der Pfalz auf ihren noch armseligern Pfar-
ren, die nur einem Taugenichts oder Dummkopf
schmecken können.

Die weitern Gründe, warum auch manch sonst
heller, braver Rheinländer demokratisirt hat, ent-
hält ein Stück von dem Gespräche, welches ich

Amtleute und Wirthe. Daß aber proteſtantiſche
Pfarrer, und uͤberhaupt Proteſtanten, wie oben
beruͤhrt iſt, am erſten und meiſten demokratiſirten,
lag theils an dem tiefen Gefuͤhl, wie deſpotiſch
man ſie immer und uͤberall behandelte, und dann
an der groͤßern Gewandtheit und Klugheit, ſich in
Zeit, Ort und Perſonen zu ſchicken, welche Ge-
wandtheit man um ſo mehr lernet, jemehr man ge-
neckt, und je aͤrger einem das Auskommen er-
ſchwert wird. Alle Graßfreſſende Thiere, wie
Gaͤnſe, Schafe und Kuͤhe, ſind dumm und traͤge;
aber der Fuchs iſt ſchlau, weil er wacker raffiniren
muß, um ſein Federvieh ergiebig zu haſchen. Wer
von Groͤſus Schaͤtzen reichlich hat, deſſen Einſicht
und Gewandtheit ſteht der Einſicht und der Ge-
wandtheit der aus Noth, wegen der uͤbrigen chriſt-
lichverſperrten Nahrungswege, herumſchachernden
Iſraeliten gemeinhin nach. Freilich, was gar
keine Anlage hat, bleibt meiſt, was es iſt; und
daher ſchreibt ſich das einzige Verdienſt des Vege-
tirens bey ſo vielen armſeligen proteſtantiſchen Pfar-
rern in der Pfalz auf ihren noch armſeligern Pfar-
ren, die nur einem Taugenichts oder Dummkopf
ſchmecken koͤnnen.

Die weitern Gruͤnde, warum auch manch ſonſt
heller, braver Rheinlaͤnder demokratiſirt hat, ent-
haͤlt ein Stuͤck von dem Geſpraͤche, welches ich

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[351/0363] Amtleute und Wirthe. Daß aber proteſtantiſche Pfarrer, und uͤberhaupt Proteſtanten, wie oben beruͤhrt iſt, am erſten und meiſten demokratiſirten, lag theils an dem tiefen Gefuͤhl, wie deſpotiſch man ſie immer und uͤberall behandelte, und dann an der groͤßern Gewandtheit und Klugheit, ſich in Zeit, Ort und Perſonen zu ſchicken, welche Ge- wandtheit man um ſo mehr lernet, jemehr man ge- neckt, und je aͤrger einem das Auskommen er- ſchwert wird. Alle Graßfreſſende Thiere, wie Gaͤnſe, Schafe und Kuͤhe, ſind dumm und traͤge; aber der Fuchs iſt ſchlau, weil er wacker raffiniren muß, um ſein Federvieh ergiebig zu haſchen. Wer von Groͤſus Schaͤtzen reichlich hat, deſſen Einſicht und Gewandtheit ſteht der Einſicht und der Ge- wandtheit der aus Noth, wegen der uͤbrigen chriſt- lichverſperrten Nahrungswege, herumſchachernden Iſraeliten gemeinhin nach. Freilich, was gar keine Anlage hat, bleibt meiſt, was es iſt; und daher ſchreibt ſich das einzige Verdienſt des Vege- tirens bey ſo vielen armſeligen proteſtantiſchen Pfar- rern in der Pfalz auf ihren noch armſeligern Pfar- ren, die nur einem Taugenichts oder Dummkopf ſchmecken koͤnnen. Die weitern Gruͤnde, warum auch manch ſonſt heller, braver Rheinlaͤnder demokratiſirt hat, ent- haͤlt ein Stuͤck von dem Geſpraͤche, welches ich

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/363>, abgerufen am 21.11.2024.