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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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kuly in seiner Gegend, und auf dem Hundsrück.
Er hatte meinen Bruder mit Hieben gedroht, hatte
selbst die Bauren und andre Leute geprügelt, und
von nichts als von Patrioten radotirt. Dieser toll-
kühne Mann, dem man das Fleischerhandwerk sei-
ner Vorfahren noch ansah, nahm, wo er konnte,
beschenkte damit seine Leute, und führte unter deren
dadurch willigem Beystand Einiges aus, das ihm
Ruf erwarb, schickte aber auch -- Man denke
sich den unruhigen und ruhmsüchtigen Renommisten
zu Pferde! -- den Zeitungsschreibern das selbst zu,
was er durch ihre Lügentrompete über seine Tha-
ten und sich ausposaunt wissen wollte. Er erwarb
sich also einigen Soldaten-Ruf; aber den Ruhm
der Menschlichkeit erwarb er sich nicht. Ich kenne
einen vornehmen preußischen Offizier, welcher keine
große Thaten gethan hat, weil ihm die Gelegen-
heit dazu abgieng, und weil da, wo er wirksam
seyn sollte, die Ueberlegenheit des Feindes ihn hin-
derte, etwas von Belang auszuführen. Helden-
thaten rühmten also die Zeitungen an ihm nicht,
aber alle Landleute und Städter segnen ihn überall,
wo er mit seinen Leuten gewesen ist: und dieser Edle
heißt -- Thadden.

Mein Bruder verließ mich nach einem Besuche
von einer halben Stunde, und versprach, den fol-
genden Tag wieder zu kommen. Ich hoffte nicht,

kuly in ſeiner Gegend, und auf dem Hundsruͤck.
Er hatte meinen Bruder mit Hieben gedroht, hatte
ſelbſt die Bauren und andre Leute gepruͤgelt, und
von nichts als von Patrioten radotirt. Dieſer toll-
kuͤhne Mann, dem man das Fleiſcherhandwerk ſei-
ner Vorfahren noch anſah, nahm, wo er konnte,
beſchenkte damit ſeine Leute, und fuͤhrte unter deren
dadurch willigem Beyſtand Einiges aus, das ihm
Ruf erwarb, ſchickte aber auch — Man denke
ſich den unruhigen und ruhmſuͤchtigen Renommiſten
zu Pferde! — den Zeitungsſchreibern das ſelbſt zu,
was er durch ihre Luͤgentrompete uͤber ſeine Tha-
ten und ſich auspoſaunt wiſſen wollte. Er erwarb
ſich alſo einigen Soldaten-Ruf; aber den Ruhm
der Menſchlichkeit erwarb er ſich nicht. Ich kenne
einen vornehmen preußiſchen Offizier, welcher keine
große Thaten gethan hat, weil ihm die Gelegen-
heit dazu abgieng, und weil da, wo er wirkſam
ſeyn ſollte, die Ueberlegenheit des Feindes ihn hin-
derte, etwas von Belang auszufuͤhren. Helden-
thaten ruͤhmten alſo die Zeitungen an ihm nicht,
aber alle Landleute und Staͤdter ſegnen ihn uͤberall,
wo er mit ſeinen Leuten geweſen iſt: und dieſer Edle
heißt — Thadden.

Mein Bruder verließ mich nach einem Beſuche
von einer halben Stunde, und verſprach, den fol-
genden Tag wieder zu kommen. Ich hoffte nicht,

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[368/0380] kuly in ſeiner Gegend, und auf dem Hundsruͤck. Er hatte meinen Bruder mit Hieben gedroht, hatte ſelbſt die Bauren und andre Leute gepruͤgelt, und von nichts als von Patrioten radotirt. Dieſer toll- kuͤhne Mann, dem man das Fleiſcherhandwerk ſei- ner Vorfahren noch anſah, nahm, wo er konnte, beſchenkte damit ſeine Leute, und fuͤhrte unter deren dadurch willigem Beyſtand Einiges aus, das ihm Ruf erwarb, ſchickte aber auch — Man denke ſich den unruhigen und ruhmſuͤchtigen Renommiſten zu Pferde! — den Zeitungsſchreibern das ſelbſt zu, was er durch ihre Luͤgentrompete uͤber ſeine Tha- ten und ſich auspoſaunt wiſſen wollte. Er erwarb ſich alſo einigen Soldaten-Ruf; aber den Ruhm der Menſchlichkeit erwarb er ſich nicht. Ich kenne einen vornehmen preußiſchen Offizier, welcher keine große Thaten gethan hat, weil ihm die Gelegen- heit dazu abgieng, und weil da, wo er wirkſam ſeyn ſollte, die Ueberlegenheit des Feindes ihn hin- derte, etwas von Belang auszufuͤhren. Helden- thaten ruͤhmten alſo die Zeitungen an ihm nicht, aber alle Landleute und Staͤdter ſegnen ihn uͤberall, wo er mit ſeinen Leuten geweſen iſt: und dieſer Edle heißt — Thadden. Mein Bruder verließ mich nach einem Beſuche von einer halben Stunde, und verſprach, den fol- genden Tag wieder zu kommen. Ich hoffte nicht,

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/380>, abgerufen am 21.11.2024.