als man wohl denken mögte, ihr Vorhaben ausfüh- ren, und die Generale, Kalkreuth, Wolff- ramsdorf und Mannstein, nebst dem Prin- zen Louis, aufheben können. Laßt uns doch lieber gestehen, daß wir auch Menschen waren, und hier einen recht derben militärischen Schnitzer gemacht haben. Ich mag den ärgerlichen Vorfall nicht weiter analysiren. In allen Kriegen sind ähn- liche vorgefallen, und die größten Helden aller Zeiten waren von solchen Fehlern nicht frey. Uebri- gens hat man die Wichtigkeit dieses Ueberfalls da- durch zu verringern gesucht, daß man unsern Ver- lust, der doch immer beträchtlich war, als ganz unbedeutend angab.
Der bey diesem Vorgang von den Franzosen als Wegweiser gebrauchte Gerichtsschreiber Lutze von Oberolm wurde aufgefangen, und einige Tage nachher am Chausseehause aufgeknüpft. Er ging mit der größten Gleichgültigkeit zum Tode, und schlng den Beystand des katholischen Pfarrers von Oberolm aus. Merlin hatte ihn mit Gewalt zum Wegweisen gezwungen, wie dieß nachher selbst mehrere Franzosen aussagten: und doch henkte man ihn als Spion! -- Die Franzosen in Maynz hätten sich in dieser Rücksicht rächen können, aber sie handelten menschlich. Sie hatten einen Main- zer Professor, der, wie ich meyne, Schaber
als man wohl denken moͤgte, ihr Vorhaben ausfuͤh- ren, und die Generale, Kalkreuth, Wolff- ramsdorf und Mannſtein, nebſt dem Prin- zen Louis, aufheben koͤnnen. Laßt uns doch lieber geſtehen, daß wir auch Menſchen waren, und hier einen recht derben militaͤriſchen Schnitzer gemacht haben. Ich mag den aͤrgerlichen Vorfall nicht weiter analyſiren. In allen Kriegen ſind aͤhn- liche vorgefallen, und die groͤßten Helden aller Zeiten waren von ſolchen Fehlern nicht frey. Uebri- gens hat man die Wichtigkeit dieſes Ueberfalls da- durch zu verringern geſucht, daß man unſern Ver- luſt, der doch immer betraͤchtlich war, als ganz unbedeutend angab.
Der bey dieſem Vorgang von den Franzoſen als Wegweiſer gebrauchte Gerichtsſchreiber Lutze von Oberolm wurde aufgefangen, und einige Tage nachher am Chauſſeehauſe aufgeknuͤpft. Er ging mit der groͤßten Gleichguͤltigkeit zum Tode, und ſchlng den Beyſtand des katholiſchen Pfarrers von Oberolm aus. Merlin hatte ihn mit Gewalt zum Wegweiſen gezwungen, wie dieß nachher ſelbſt mehrere Franzoſen ausſagten: und doch henkte man ihn als Spion! — Die Franzoſen in Maynz haͤtten ſich in dieſer Ruͤckſicht raͤchen koͤnnen, aber ſie handelten menſchlich. Sie hatten einen Main- zer Profeſſor, der, wie ich meyne, Schaber
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als man wohl denken moͤgte, ihr Vorhaben ausfuͤh-
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ramsdorf und Mannſtein, nebſt dem Prin-
zen Louis, aufheben koͤnnen. Laßt uns doch
lieber geſtehen, daß wir auch Menſchen waren,
und hier einen recht derben militaͤriſchen Schnitzer
gemacht haben. Ich mag den aͤrgerlichen Vorfall
nicht weiter analyſiren. In allen Kriegen ſind aͤhn-
liche vorgefallen, und die groͤßten Helden aller
Zeiten waren von ſolchen Fehlern nicht frey. Uebri-
gens hat man die Wichtigkeit dieſes Ueberfalls da-
durch zu verringern geſucht, daß man unſern Ver-
luſt, der doch immer betraͤchtlich war, als ganz
unbedeutend angab.
Der bey dieſem Vorgang von den Franzoſen
als Wegweiſer gebrauchte Gerichtsſchreiber Lutze
von Oberolm wurde aufgefangen, und einige Tage
nachher am Chauſſeehauſe aufgeknuͤpft. Er ging
mit der groͤßten Gleichguͤltigkeit zum Tode, und
ſchlng den Beyſtand des katholiſchen Pfarrers von
Oberolm aus. Merlin hatte ihn mit Gewalt zum
Wegweiſen gezwungen, wie dieß nachher ſelbſt
mehrere Franzoſen ausſagten: und doch henkte man
ihn als Spion! — Die Franzoſen in Maynz
haͤtten ſich in dieſer Ruͤckſicht raͤchen koͤnnen, aber
ſie handelten menſchlich. Sie hatten einen Main-
zer Profeſſor, der, wie ich meyne, Schaber
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/385>, abgerufen am 22.11.2024.
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