hieß, als wirklichen Spion ertappt, und doch steck- ten sie ihn blos ein, um sich vor ihm, während der Belagerung, zu sichern. Er saß überdieß so leidlich, daß er, während er saß, so ein Ding von Tagebuch über die Mainzer Belagerung schrieb, und es nachher, nach der Uebergabe herausgab. Indeß wie die Henne, so das Ey -- elend! Der arme Lutze hinterließ eine Frau mit fünf Kin- dern. --
Unsere militärische Strenge hielt aber nicht überall gleichen Schritt: denn als ein gewisser Leutnant auf dem rechten Rheinufer, wohin er auf die Maynspitze kommandirt war, das Unglück hatte, daß die Franzosen ihn in einer Redoute überfielen, und die Kanonen vernagelten, nachdem sie die Besatzung theils getödtet, theils verjagt hatten, und als man diesen Ueberfall dem Leut- nant vorzüglich Schuld gab, weil man einsah, daß bey größerer Wachsamkeit dergleichen so leicht nicht hätte geschehen können -- denn die Preußen merkten die Franzosen nicht eher, als bis diese schon völlig in der Schanze waren -- so wurde er deswegen nur mit vier Wochen Arrest bestraft! -- Eben dieser Herr Leutnant erhielt hernach, als er bey einer ganz unbedeutenden Gelegenheit seine un- bedeutende Schuldigkeit nicht ganz versäumte, den preußischen Orden pour le merite, der freilich mul-
hieß, als wirklichen Spion ertappt, und doch ſteck- ten ſie ihn blos ein, um ſich vor ihm, waͤhrend der Belagerung, zu ſichern. Er ſaß uͤberdieß ſo leidlich, daß er, waͤhrend er ſaß, ſo ein Ding von Tagebuch uͤber die Mainzer Belagerung ſchrieb, und es nachher, nach der Uebergabe herausgab. Indeß wie die Henne, ſo das Ey — elend! Der arme Lutze hinterließ eine Frau mit fuͤnf Kin- dern. —
Unſere militaͤriſche Strenge hielt aber nicht uͤberall gleichen Schritt: denn als ein gewiſſer Leutnant auf dem rechten Rheinufer, wohin er auf die Maynſpitze kommandirt war, das Ungluͤck hatte, daß die Franzoſen ihn in einer Redoute uͤberfielen, und die Kanonen vernagelten, nachdem ſie die Beſatzung theils getoͤdtet, theils verjagt hatten, und als man dieſen Ueberfall dem Leut- nant vorzuͤglich Schuld gab, weil man einſah, daß bey groͤßerer Wachſamkeit dergleichen ſo leicht nicht haͤtte geſchehen koͤnnen — denn die Preußen merkten die Franzoſen nicht eher, als bis dieſe ſchon voͤllig in der Schanze waren — ſo wurde er deswegen nur mit vier Wochen Arreſt beſtraft! — Eben dieſer Herr Leutnant erhielt hernach, als er bey einer ganz unbedeutenden Gelegenheit ſeine un- bedeutende Schuldigkeit nicht ganz verſaͤumte, den preußiſchen Orden pour le mérite, der freilich mul-
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hieß, als wirklichen Spion ertappt, und doch ſteck-
ten ſie ihn blos ein, um ſich vor ihm, waͤhrend
der Belagerung, zu ſichern. Er ſaß uͤberdieß ſo
leidlich, daß er, waͤhrend er ſaß, ſo ein Ding von
Tagebuch uͤber die Mainzer Belagerung ſchrieb,
und es nachher, nach der Uebergabe herausgab.
Indeß wie die Henne, ſo das Ey — elend! Der
arme Lutze hinterließ eine Frau mit fuͤnf Kin-
dern. —
Unſere militaͤriſche Strenge hielt aber nicht
uͤberall gleichen Schritt: denn als ein gewiſſer
Leutnant auf dem rechten Rheinufer, wohin er
auf die Maynſpitze kommandirt war, das Ungluͤck
hatte, daß die Franzoſen ihn in einer Redoute
uͤberfielen, und die Kanonen vernagelten, nachdem
ſie die Beſatzung theils getoͤdtet, theils verjagt
hatten, und als man dieſen Ueberfall dem Leut-
nant vorzuͤglich Schuld gab, weil man einſah,
daß bey groͤßerer Wachſamkeit dergleichen ſo leicht
nicht haͤtte geſchehen koͤnnen — denn die Preußen
merkten die Franzoſen nicht eher, als bis dieſe
ſchon voͤllig in der Schanze waren — ſo wurde er
deswegen nur mit vier Wochen Arreſt beſtraft! —
Eben dieſer Herr Leutnant erhielt hernach, als er
bey einer ganz unbedeutenden Gelegenheit ſeine un-
bedeutende Schuldigkeit nicht ganz verſaͤumte, den
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/386>, abgerufen am 22.11.2024.
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