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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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Darf man fragen: welcher Lehrer des Men-
schen- und Völker-Rechts hat je behauptet, daß
Geißeln -- Arrestanten im eigentlichen Ver-
stande seyen? Und warum werden wir Arrestan-
ten genannt, wenn wir Wahrheit schreiben und
Gerechtigkeit fodern, aber französische Geißeln,
wenn man ein Attestat von uns nothwendig hat,
um es nach Paris schicken zu können? Das ist ei-
gentlich das Spiel, welches man nach dem einge-
drungenen System von Convenienz mit uns seit ei-
nem Jahr gespielt hat und noch ferner spielen will.
Das ist das fürchterliche Resultat jenes politischen
Grundsatzes, welchen allgemein bekannte Manifeste
in ganz Europa verkündiget haben -- Wer nicht
mit uns ist, ist gegen uns. Die Zahl der leztern
besteht aber aus Millionen Menschen und wird --
man merke dies wohl! -- bei der mit Gewalt
unterdrückten Wahrheit, und bey den fortdauern-
den Leiden der Menschheit unermeßlich werden.

Die Behauptung: Arrestanten oder Geißeln ge-
gebühre es nicht, ihr Schicksal durch ihre Talente
selbst zu erleichtern -- Abhandlungen zu schreiben
-- Wahrheiten durch die Publicität zu verbreiten
-- die Cultur der Nation und die Vervollkommnung
der Wissenschaften zu befördern, ist gegen die
Menschheit, gegen Vernunft und Recht, und be-

Darf man fragen: welcher Lehrer des Men-
ſchen- und Voͤlker-Rechts hat je behauptet, daß
GeißelnArreſtanten im eigentlichen Ver-
ſtande ſeyen? Und warum werden wir Arreſtan-
ten genannt, wenn wir Wahrheit ſchreiben und
Gerechtigkeit fodern, aber franzoͤſiſche Geißeln,
wenn man ein Atteſtat von uns nothwendig hat,
um es nach Paris ſchicken zu koͤnnen? Das iſt ei-
gentlich das Spiel, welches man nach dem einge-
drungenen Syſtem von Convenienz mit uns ſeit ei-
nem Jahr geſpielt hat und noch ferner ſpielen will.
Das iſt das fuͤrchterliche Reſultat jenes politiſchen
Grundſatzes, welchen allgemein bekannte Manifeſte
in ganz Europa verkuͤndiget haben — Wer nicht
mit uns iſt, iſt gegen uns. Die Zahl der leztern
beſteht aber aus Millionen Menſchen und wird —
man merke dies wohl! — bei der mit Gewalt
unterdruͤckten Wahrheit, und bey den fortdauern-
den Leiden der Menſchheit unermeßlich werden.

Die Behauptung: Arreſtanten oder Geißeln ge-
gebuͤhre es nicht, ihr Schickſal durch ihre Talente
ſelbſt zu erleichtern — Abhandlungen zu ſchreiben
— Wahrheiten durch die Publicitaͤt zu verbreiten
— die Cultur der Nation und die Vervollkommnung
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[422/0434] Darf man fragen: welcher Lehrer des Men- ſchen- und Voͤlker-Rechts hat je behauptet, daß Geißeln — Arreſtanten im eigentlichen Ver- ſtande ſeyen? Und warum werden wir Arreſtan- ten genannt, wenn wir Wahrheit ſchreiben und Gerechtigkeit fodern, aber franzoͤſiſche Geißeln, wenn man ein Atteſtat von uns nothwendig hat, um es nach Paris ſchicken zu koͤnnen? Das iſt ei- gentlich das Spiel, welches man nach dem einge- drungenen Syſtem von Convenienz mit uns ſeit ei- nem Jahr geſpielt hat und noch ferner ſpielen will. Das iſt das fuͤrchterliche Reſultat jenes politiſchen Grundſatzes, welchen allgemein bekannte Manifeſte in ganz Europa verkuͤndiget haben — Wer nicht mit uns iſt, iſt gegen uns. Die Zahl der leztern beſteht aber aus Millionen Menſchen und wird — man merke dies wohl! — bei der mit Gewalt unterdruͤckten Wahrheit, und bey den fortdauern- den Leiden der Menſchheit unermeßlich werden. Die Behauptung: Arreſtanten oder Geißeln ge- gebuͤhre es nicht, ihr Schickſal durch ihre Talente ſelbſt zu erleichtern — Abhandlungen zu ſchreiben — Wahrheiten durch die Publicitaͤt zu verbreiten — die Cultur der Nation und die Vervollkommnung der Wiſſenſchaften zu befoͤrdern, iſt gegen die Menſchheit, gegen Vernunft und Recht, und be-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/434>, abgerufen am 22.11.2024.