Fälle oft genug kommen würden, und daß sie also brav Geld für Strafen und Dispensationen schnei- den könnten!
Ein bischöflicher Beamter sizt weit fester, als einer, der unter einem Fürsten steht. Der prin- cens secularis wie es in der kauderwälschen Sprache heißt, kann seine Spitzbuben zum Teufel jagen, wenn er will; aber der geistliche Fürst muß doch erst das liebe hochwürdige Domkapitel zu Rathe ziehen: und da hat denn ein solcher Blutegel im- mer schon Freunde, und folglich das Privilegium, zu schinden und zu rauben bis an sein Ende.
Da alle Unterthanen des Hochstifts leibeigen sind -- man denke sich die Leibeigenschaft unter ei- nem Bischof mit den alten Kirchengesetzen und dem Geiste des Christenthums vereinbar! -- so ist ih- nen nicht nur überall verboten, ins Ausland zu heurathen, sondern sie dürfen nicht einmal sich an einem andern Orte niederlassen, wenn er gleich eben bischöflich ist. Nur mit schwerem Gelde kann die Erlaubniß dazu erlangt werden.
Ueberdieß ist das ganze Hochstift voller Pfaffen und Edelleute, welche ihre Tyrauney üben nach Herzenslust. Ueberhaupt haben die Pfaffen und die Adelichen in den Bisthümern mehr Gewalt und mehr Ansehen, als in andern Ländern. Die adeli- chen Familien sind allemal mit diesem oder jenem
Faͤlle oft genug kommen wuͤrden, und daß ſie alſo brav Geld fuͤr Strafen und Diſpenſationen ſchnei- den koͤnnten!
Ein biſchoͤflicher Beamter ſizt weit feſter, als einer, der unter einem Fuͤrſten ſteht. Der prin- cens ſecularis wie es in der kauderwaͤlſchen Sprache heißt, kann ſeine Spitzbuben zum Teufel jagen, wenn er will; aber der geiſtliche Fuͤrſt muß doch erſt das liebe hochwuͤrdige Domkapitel zu Rathe ziehen: und da hat denn ein ſolcher Blutegel im- mer ſchon Freunde, und folglich das Privilegium, zu ſchinden und zu rauben bis an ſein Ende.
Da alle Unterthanen des Hochſtifts leibeigen ſind — man denke ſich die Leibeigenſchaft unter ei- nem Biſchof mit den alten Kirchengeſetzen und dem Geiſte des Chriſtenthums vereinbar! — ſo iſt ih- nen nicht nur uͤberall verboten, ins Ausland zu heurathen, ſondern ſie duͤrfen nicht einmal ſich an einem andern Orte niederlaſſen, wenn er gleich eben biſchoͤflich iſt. Nur mit ſchwerem Gelde kann die Erlaubniß dazu erlangt werden.
Ueberdieß iſt das ganze Hochſtift voller Pfaffen und Edelleute, welche ihre Tyrauney uͤben nach Herzensluſt. Ueberhaupt haben die Pfaffen und die Adelichen in den Bisthuͤmern mehr Gewalt und mehr Anſehen, als in andern Laͤndern. Die adeli- chen Familien ſind allemal mit dieſem oder jenem
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Faͤlle oft genug kommen wuͤrden, und daß ſie alſo
brav Geld fuͤr Strafen und Diſpenſationen ſchnei-
den koͤnnten!
Ein biſchoͤflicher Beamter ſizt weit feſter, als
einer, der unter einem Fuͤrſten ſteht. Der prin-
cens ſecularis wie es in der kauderwaͤlſchen Sprache
heißt, kann ſeine Spitzbuben zum Teufel jagen,
wenn er will; aber der geiſtliche Fuͤrſt muß doch
erſt das liebe hochwuͤrdige Domkapitel zu Rathe
ziehen: und da hat denn ein ſolcher Blutegel im-
mer ſchon Freunde, und folglich das Privilegium,
zu ſchinden und zu rauben bis an ſein Ende.
Da alle Unterthanen des Hochſtifts leibeigen
ſind — man denke ſich die Leibeigenſchaft unter ei-
nem Biſchof mit den alten Kirchengeſetzen und dem
Geiſte des Chriſtenthums vereinbar! — ſo iſt ih-
nen nicht nur uͤberall verboten, ins Ausland zu
heurathen, ſondern ſie duͤrfen nicht einmal ſich an
einem andern Orte niederlaſſen, wenn er gleich eben
biſchoͤflich iſt. Nur mit ſchwerem Gelde kann die
Erlaubniß dazu erlangt werden.
Ueberdieß iſt das ganze Hochſtift voller Pfaffen
und Edelleute, welche ihre Tyrauney uͤben nach
Herzensluſt. Ueberhaupt haben die Pfaffen und
die Adelichen in den Bisthuͤmern mehr Gewalt und
mehr Anſehen, als in andern Laͤndern. Die adeli-
chen Familien ſind allemal mit dieſem oder jenem
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/466>, abgerufen am 22.11.2024.
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