erwiederte der Prinz, nur herein: bey mir muß man keine Komplimente machen.
Ich trat ins Zelt, und fand da mehr Gesell- schaft, welche recht munter war. Ich mußte mit Taback rauchen, und Wein trinken, welchen der Prinz ganz trefflich hatte, da er ein Liebhaber von gutem ist. Der Prinz war, wie immer, sehr aufgeräumt, und erzählte einige Anekdoten vom alten König, z. B. daß er selbst mehrmals lächelnd bek[a]nnt hätte, wie er sich in seiner Jugend vor den Hexen gefürchtet habe, daß er aber nachher bald von dieser thörigen Vorstellung abgekommen sey u. dgl. -- Unser Gespräch fiel bald auf die Franzo- sen, und ich freute mich recht über die gesunden Urtheile des Prinzen: er war selbst ehemals in Frank- reich gewesen, hatte da ganzer zehn Jahre gedient, und verstand also den Handel besser, als mancher Andere. Endlich fragte er mich, was ich von den französischen Angelegenheiten dächte? Aber ehe ich antworten konnte, fiel ein Offizier von unserm Regimente lächeld ein: ah, Gnädigster Herr, den da müssen Sie nicht fragen: das ist ein Patriot!
Prinz: So? Ist's wahr, Laukhard?
Ich: Verzeihn Sie, Monseigueur! ich bin kein Patriot, im gehässigen Sinn: ich liebe den König, und die Deutschen, aber ich liebe auch die Men- schen, und muß daher oft anders denken, als die
erwiederte der Prinz, nur herein: bey mir muß man keine Komplimente machen.
Ich trat ins Zelt, und fand da mehr Geſell- ſchaft, welche recht munter war. Ich mußte mit Taback rauchen, und Wein trinken, welchen der Prinz ganz trefflich hatte, da er ein Liebhaber von gutem iſt. Der Prinz war, wie immer, ſehr aufgeraͤumt, und erzaͤhlte einige Anekdoten vom alten Koͤnig, z. B. daß er ſelbſt mehrmals laͤchelnd bek[a]nnt haͤtte, wie er ſich in ſeiner Jugend vor den Hexen gefuͤrchtet habe, daß er aber nachher bald von dieſer thoͤrigen Vorſtellung abgekommen ſey u. dgl. — Unſer Geſpraͤch fiel bald auf die Franzo- ſen, und ich freute mich recht uͤber die geſunden Urtheile des Prinzen: er war ſelbſt ehemals in Frank- reich geweſen, hatte da ganzer zehn Jahre gedient, und verſtand alſo den Handel beſſer, als mancher Andere. Endlich fragte er mich, was ich von den franzoͤſiſchen Angelegenheiten daͤchte? Aber ehe ich antworten konnte, fiel ein Offizier von unſerm Regimente laͤcheld ein: ah, Gnaͤdigſter Herr, den da muͤſſen Sie nicht fragen: das iſt ein Patriot!
Prinz: So? Iſt's wahr, Laukhard?
Ich: Verzeihn Sie, Monſeigueur! ich bin kein Patriot, im gehaͤſſigen Sinn: ich liebe den Koͤnig, und die Deutſchen, aber ich liebe auch die Men- ſchen, und muß daher oft anders denken, als die
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erwiederte der Prinz, nur herein: bey mir muß
man keine Komplimente machen.
Ich trat ins Zelt, und fand da mehr Geſell-
ſchaft, welche recht munter war. Ich mußte mit
Taback rauchen, und Wein trinken, welchen der
Prinz ganz trefflich hatte, da er ein Liebhaber
von gutem iſt. Der Prinz war, wie immer, ſehr
aufgeraͤumt, und erzaͤhlte einige Anekdoten vom
alten Koͤnig, z. B. daß er ſelbſt mehrmals laͤchelnd
bekannt haͤtte, wie er ſich in ſeiner Jugend vor den
Hexen gefuͤrchtet habe, daß er aber nachher bald
von dieſer thoͤrigen Vorſtellung abgekommen ſey u.
dgl. — Unſer Geſpraͤch fiel bald auf die Franzo-
ſen, und ich freute mich recht uͤber die geſunden
Urtheile des Prinzen: er war ſelbſt ehemals in Frank-
reich geweſen, hatte da ganzer zehn Jahre gedient,
und verſtand alſo den Handel beſſer, als mancher
Andere. Endlich fragte er mich, was ich von
den franzoͤſiſchen Angelegenheiten daͤchte? Aber ehe
ich antworten konnte, fiel ein Offizier von unſerm
Regimente laͤcheld ein: ah, Gnaͤdigſter Herr, den
da muͤſſen Sie nicht fragen: das iſt ein Patriot!
Prinz: So? Iſt's wahr, Laukhard?
Ich: Verzeihn Sie, Monſeigueur! ich bin kein
Patriot, im gehaͤſſigen Sinn: ich liebe den Koͤnig,
und die Deutſchen, aber ich liebe auch die Men-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/503>, abgerufen am 22.11.2024.
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