Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

alle Mühe gab, ihre Geberden u. d. gl. affenmä-
ßig nachzumachen. Die Franzosen -- ich rede hier
nur von den emigrirten -- verdienen unsern ganzen
Abscheu, unsere ganze Verachtung, und können nicht
einmal auf die Achtung einer Gassennymphe, ge-
schweige auf die eines einsichtigen braven Mannes
Anspruch machen.

Unter den Emigrirten gab es jedoch einige, wel-
che sich mit ihrem Emigriren übereilt hatten, und
gern zurück gewesen wären, wenn es ohne Gefahr
und mit Ehren hätte geschehen können. Dahin ge-
hörte in Koblenz besonders der ehemalige französi-
sche Gesandte, Graf von Vergennes, welcher
die heimlichen Anstalten zu seiner Rückkehr nach
Frankreich endlich bloß darum aufgab, weil man
ihm seine Privilegien weigerte. Ich habe den Be-
dienten dieses Grafen oft gesprochen, und einen
Mann an ihm gefunden, welcher von den neufrän-
kischen Angelegenheiten weit richtiger urtheilte, als
alle Häupter und Unterstützer der Emigrirten.

Unter andern vernünftigen Aeußerungen dieses
Mannes war auch diese, daß nicht alle Ausgewan-
derte willig und frey ihr Vaterland verlassen hätten.
Stellen Sie sich, sagte er, an die Stelle des Edel-
manns oder des Geistlichen, und fragen Sie sich selbst,
was sie unter ähnlichen Umständen hätten thun kön-
nen oder thun wollen? Die Prinzen, ein Conde,

alle Muͤhe gab, ihre Geberden u. d. gl. affenmaͤ-
ßig nachzumachen. Die Franzoſen — ich rede hier
nur von den emigrirten — verdienen unſern ganzen
Abſcheu, unſere ganze Verachtung, und koͤnnen nicht
einmal auf die Achtung einer Gaſſennymphe, ge-
ſchweige auf die eines einſichtigen braven Mannes
Anſpruch machen.

Unter den Emigrirten gab es jedoch einige, wel-
che ſich mit ihrem Emigriren uͤbereilt hatten, und
gern zuruͤck geweſen waͤren, wenn es ohne Gefahr
und mit Ehren haͤtte geſchehen koͤnnen. Dahin ge-
hoͤrte in Koblenz beſonders der ehemalige franzoͤſi-
ſche Geſandte, Graf von Vergennes, welcher
die heimlichen Anſtalten zu ſeiner Ruͤckkehr nach
Frankreich endlich bloß darum aufgab, weil man
ihm ſeine Privilegien weigerte. Ich habe den Be-
dienten dieſes Grafen oft geſprochen, und einen
Mann an ihm gefunden, welcher von den neufraͤn-
kiſchen Angelegenheiten weit richtiger urtheilte, als
alle Haͤupter und Unterſtuͤtzer der Emigrirten.

Unter andern vernuͤnftigen Aeußerungen dieſes
Mannes war auch dieſe, daß nicht alle Ausgewan-
derte willig und frey ihr Vaterland verlaſſen haͤtten.
Stellen Sie ſich, ſagte er, an die Stelle des Edel-
manns oder des Geiſtlichen, und fragen Sie ſich ſelbſt,
was ſie unter aͤhnlichen Umſtaͤnden haͤtten thun koͤn-
nen oder thun wollen? Die Prinzen, ein Conde,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0053" n="41"/>
alle Mu&#x0364;he gab, ihre Geberden u. d. gl. affenma&#x0364;-<lb/>
ßig nachzumachen. Die Franzo&#x017F;en &#x2014; ich rede hier<lb/>
nur von den emigrirten &#x2014; verdienen un&#x017F;ern ganzen<lb/>
Ab&#x017F;cheu, un&#x017F;ere ganze Verachtung, und ko&#x0364;nnen nicht<lb/>
einmal auf die Achtung einer Ga&#x017F;&#x017F;ennymphe, ge-<lb/>
&#x017F;chweige auf die eines ein&#x017F;ichtigen braven Mannes<lb/>
An&#x017F;pruch machen.</p><lb/>
        <p>Unter den Emigrirten gab es jedoch einige, wel-<lb/>
che &#x017F;ich mit ihrem Emigriren u&#x0364;bereilt hatten, und<lb/>
gern zuru&#x0364;ck gewe&#x017F;en wa&#x0364;ren, wenn es ohne Gefahr<lb/>
und mit Ehren ha&#x0364;tte ge&#x017F;chehen ko&#x0364;nnen. Dahin ge-<lb/>
ho&#x0364;rte in Koblenz be&#x017F;onders der ehemalige franzo&#x0364;&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;che Ge&#x017F;andte, Graf von <hi rendition="#g">Vergennes</hi>, welcher<lb/>
die heimlichen An&#x017F;talten zu &#x017F;einer Ru&#x0364;ckkehr nach<lb/>
Frankreich endlich bloß darum aufgab, weil man<lb/>
ihm &#x017F;eine Privilegien weigerte. Ich habe den Be-<lb/>
dienten die&#x017F;es Grafen oft ge&#x017F;prochen, und einen<lb/>
Mann an ihm gefunden, welcher von den neufra&#x0364;n-<lb/>
ki&#x017F;chen Angelegenheiten weit richtiger urtheilte, als<lb/>
alle Ha&#x0364;upter und Unter&#x017F;tu&#x0364;tzer der Emigrirten.</p><lb/>
        <p>Unter andern vernu&#x0364;nftigen Aeußerungen die&#x017F;es<lb/>
Mannes war auch die&#x017F;e, daß nicht alle Ausgewan-<lb/>
derte willig und frey ihr Vaterland verla&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tten.<lb/>
Stellen Sie &#x017F;ich, &#x017F;agte er, an die Stelle des Edel-<lb/>
manns oder des Gei&#x017F;tlichen, und fragen Sie &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
was &#x017F;ie unter a&#x0364;hnlichen Um&#x017F;ta&#x0364;nden ha&#x0364;tten thun ko&#x0364;n-<lb/>
nen oder thun wollen? Die Prinzen, ein <hi rendition="#g">Conde</hi>,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0053] alle Muͤhe gab, ihre Geberden u. d. gl. affenmaͤ- ßig nachzumachen. Die Franzoſen — ich rede hier nur von den emigrirten — verdienen unſern ganzen Abſcheu, unſere ganze Verachtung, und koͤnnen nicht einmal auf die Achtung einer Gaſſennymphe, ge- ſchweige auf die eines einſichtigen braven Mannes Anſpruch machen. Unter den Emigrirten gab es jedoch einige, wel- che ſich mit ihrem Emigriren uͤbereilt hatten, und gern zuruͤck geweſen waͤren, wenn es ohne Gefahr und mit Ehren haͤtte geſchehen koͤnnen. Dahin ge- hoͤrte in Koblenz beſonders der ehemalige franzoͤſi- ſche Geſandte, Graf von Vergennes, welcher die heimlichen Anſtalten zu ſeiner Ruͤckkehr nach Frankreich endlich bloß darum aufgab, weil man ihm ſeine Privilegien weigerte. Ich habe den Be- dienten dieſes Grafen oft geſprochen, und einen Mann an ihm gefunden, welcher von den neufraͤn- kiſchen Angelegenheiten weit richtiger urtheilte, als alle Haͤupter und Unterſtuͤtzer der Emigrirten. Unter andern vernuͤnftigen Aeußerungen dieſes Mannes war auch dieſe, daß nicht alle Ausgewan- derte willig und frey ihr Vaterland verlaſſen haͤtten. Stellen Sie ſich, ſagte er, an die Stelle des Edel- manns oder des Geiſtlichen, und fragen Sie ſich ſelbſt, was ſie unter aͤhnlichen Umſtaͤnden haͤtten thun koͤn- nen oder thun wollen? Die Prinzen, ein Conde,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/53
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/53>, abgerufen am 04.12.2024.