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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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So wie in Koblenz hatten es die Emigrirten an
allen Orten gemacht, wohin sie nur gekommen wa-
ren. Der ganze Rheinstrohm von Basel bis Kölln
ist von diesem Auswurf des Menschengeschlechts
vergiftet und verpestet, und die Spuren der gräu-
lichen Zerrüttung in den Sitten werden in jenen un-
glücklichen Gegenden noch lange erschrecken. Es
ergiebt sich daher von selbst, daß alle Landesherren,
welche französische Emigranten in ihren Ländern be-
günstigten, sich an ihren Unterthanen schändlich und
jämmerlich versündigt haben. Freylich ist es hart,
Flüchtlingen einen Zufluchtsort zu versagen: aber
wenn das hart ist, so ist es im Gegentheil abscheu-
lich, ein Gesindel einnisten zu lassen, welche das
bissel gute deutsche Sitten vollends zu Grunde rich-
tete, und die infame Krankheit, welche man schon
in den Rheingegenden Emigranten-Galante-
rie nennt, allgemein machte und allen Ständen
mittheilte. Hätte auch jeder ausgewanderte Fran-
zose ganze Kasten voll Gold mit nach Deutschland
gebracht, so wäre das doch lange kein Ersatz für
das Elend, worin sie unsre deutschen Weiber und
Mädchen, und durch diese einen so großen Theil
unsrer lüsternen Jugend gestürzt haben. Man gehe
nur an den Rhein und frage: und ich weiß, daß
man über die Antwort erstaunen und erschrecken
wird. Schon allein in Koblenz fand man über

So wie in Koblenz hatten es die Emigrirten an
allen Orten gemacht, wohin ſie nur gekommen wa-
ren. Der ganze Rheinſtrohm von Baſel bis Koͤlln
iſt von dieſem Auswurf des Menſchengeſchlechts
vergiftet und verpeſtet, und die Spuren der graͤu-
lichen Zerruͤttung in den Sitten werden in jenen un-
gluͤcklichen Gegenden noch lange erſchrecken. Es
ergiebt ſich daher von ſelbſt, daß alle Landesherren,
welche franzoͤſiſche Emigranten in ihren Laͤndern be-
guͤnſtigten, ſich an ihren Unterthanen ſchaͤndlich und
jaͤmmerlich verſuͤndigt haben. Freylich iſt es hart,
Fluͤchtlingen einen Zufluchtsort zu verſagen: aber
wenn das hart iſt, ſo iſt es im Gegentheil abſcheu-
lich, ein Geſindel einniſten zu laſſen, welche das
biſſel gute deutſche Sitten vollends zu Grunde rich-
tete, und die infame Krankheit, welche man ſchon
in den Rheingegenden Emigranten-Galante-
rie nennt, allgemein machte und allen Staͤnden
mittheilte. Haͤtte auch jeder ausgewanderte Fran-
zoſe ganze Kaſten voll Gold mit nach Deutſchland
gebracht, ſo waͤre das doch lange kein Erſatz fuͤr
das Elend, worin ſie unſre deutſchen Weiber und
Maͤdchen, und durch dieſe einen ſo großen Theil
unſrer luͤſternen Jugend geſtuͤrzt haben. Man gehe
nur an den Rhein und frage: und ich weiß, daß
man uͤber die Antwort erſtaunen und erſchrecken
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[55/0067] So wie in Koblenz hatten es die Emigrirten an allen Orten gemacht, wohin ſie nur gekommen wa- ren. Der ganze Rheinſtrohm von Baſel bis Koͤlln iſt von dieſem Auswurf des Menſchengeſchlechts vergiftet und verpeſtet, und die Spuren der graͤu- lichen Zerruͤttung in den Sitten werden in jenen un- gluͤcklichen Gegenden noch lange erſchrecken. Es ergiebt ſich daher von ſelbſt, daß alle Landesherren, welche franzoͤſiſche Emigranten in ihren Laͤndern be- guͤnſtigten, ſich an ihren Unterthanen ſchaͤndlich und jaͤmmerlich verſuͤndigt haben. Freylich iſt es hart, Fluͤchtlingen einen Zufluchtsort zu verſagen: aber wenn das hart iſt, ſo iſt es im Gegentheil abſcheu- lich, ein Geſindel einniſten zu laſſen, welche das biſſel gute deutſche Sitten vollends zu Grunde rich- tete, und die infame Krankheit, welche man ſchon in den Rheingegenden Emigranten-Galante- rie nennt, allgemein machte und allen Staͤnden mittheilte. Haͤtte auch jeder ausgewanderte Fran- zoſe ganze Kaſten voll Gold mit nach Deutſchland gebracht, ſo waͤre das doch lange kein Erſatz fuͤr das Elend, worin ſie unſre deutſchen Weiber und Maͤdchen, und durch dieſe einen ſo großen Theil unſrer luͤſternen Jugend geſtuͤrzt haben. Man gehe nur an den Rhein und frage: und ich weiß, daß man uͤber die Antwort erſtaunen und erſchrecken wird. Schon allein in Koblenz fand man uͤber

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/67>, abgerufen am 04.12.2024.