Pfeilschnell verbreiteten sich die bessern Grund- sätze von Freyheit von einem Ende des Reichs bis zum andern, und wurden jedem begreiflich. Auch religiöse Gegenstände wurden in solchen Gesellschaf- ten verhandelt, und ich selbst habe den Pfarrer Ackermann in Landau einst eine ganz herrliche Rede halten hören über die Gewalt des Papstes. Er bewies auf die allerfaßlichste Art, daß der Bi- schof zu Rom weiter nichts sey, als -- Bischof zu Rom, und daß es eine große Thorheit sey, einem Bischof zu Rom, als Lehrer, die ganze Christen- heit zu überlassen, weil doch der Papst nicht im Stande sey, jeden Christen zu unterrichten. Eine noch ärgere Narrheit aber sey es, ihn zum Herrn der ganzen Christenheit zu machen.
Die Societäten verbanden sich nach und nach unter sich selbst z. B. die societe zu Lyon schrieb nach Vienne, nach Challons, nach Chalons, nach Macon u. s. w. theilte den dortigen societes ihre Meynungen mit, und diese ließen die zu Lyon -- ihre Gedanken wieder wißen. So formirte sich der Ge- meinsinn und die brüderliche Einigkeit unter allen Franzosen. Sie wurden mit einander genauer be- kannt, und suchten es einander in Patriotismus zuvor zu thun.
Die National-Versammlung begünstigte diese Societäten nach allen Kräften: denn sie sah den
Pfeilſchnell verbreiteten ſich die beſſern Grund- ſaͤtze von Freyheit von einem Ende des Reichs bis zum andern, und wurden jedem begreiflich. Auch religioͤſe Gegenſtaͤnde wurden in ſolchen Geſellſchaf- ten verhandelt, und ich ſelbſt habe den Pfarrer Ackermann in Landau einſt eine ganz herrliche Rede halten hoͤren uͤber die Gewalt des Papſtes. Er bewies auf die allerfaßlichſte Art, daß der Bi- ſchof zu Rom weiter nichts ſey, als — Biſchof zu Rom, und daß es eine große Thorheit ſey, einem Biſchof zu Rom, als Lehrer, die ganze Chriſten- heit zu uͤberlaſſen, weil doch der Papſt nicht im Stande ſey, jeden Chriſten zu unterrichten. Eine noch aͤrgere Narrheit aber ſey es, ihn zum Herrn der ganzen Chriſtenheit zu machen.
Die Societaͤten verbanden ſich nach und nach unter ſich ſelbſt z. B. die ſociété zu Lyon ſchrieb nach Vienne, nach Challons, nach Châlons, nach Mâcon u. ſ. w. theilte den dortigen ſociétés ihre Meynungen mit, und dieſe ließen die zu Lyon — ihre Gedanken wieder wißen. So formirte ſich der Ge- meinſinn und die bruͤderliche Einigkeit unter allen Franzoſen. Sie wurden mit einander genauer be- kannt, und ſuchten es einander in Patriotismus zuvor zu thun.
Die National-Verſammlung beguͤnſtigte dieſe Societaͤten nach allen Kraͤften: denn ſie ſah den
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Pfeilſchnell verbreiteten ſich die beſſern Grund-
ſaͤtze von Freyheit von einem Ende des Reichs bis
zum andern, und wurden jedem begreiflich. Auch
religioͤſe Gegenſtaͤnde wurden in ſolchen Geſellſchaf-
ten verhandelt, und ich ſelbſt habe den Pfarrer
Ackermann in Landau einſt eine ganz herrliche
Rede halten hoͤren uͤber die Gewalt des Papſtes.
Er bewies auf die allerfaßlichſte Art, daß der Bi-
ſchof zu Rom weiter nichts ſey, als — Biſchof zu
Rom, und daß es eine große Thorheit ſey, einem
Biſchof zu Rom, als Lehrer, die ganze Chriſten-
heit zu uͤberlaſſen, weil doch der Papſt nicht im
Stande ſey, jeden Chriſten zu unterrichten. Eine
noch aͤrgere Narrheit aber ſey es, ihn zum Herrn
der ganzen Chriſtenheit zu machen.
Die Societaͤten verbanden ſich nach und nach
unter ſich ſelbſt z. B. die ſociété zu Lyon ſchrieb
nach Vienne, nach Challons, nach Châlons, nach
Mâcon u. ſ. w. theilte den dortigen ſociétés ihre
Meynungen mit, und dieſe ließen die zu Lyon — ihre
Gedanken wieder wißen. So formirte ſich der Ge-
meinſinn und die bruͤderliche Einigkeit unter allen
Franzoſen. Sie wurden mit einander genauer be-
kannt, und ſuchten es einander in Patriotismus
zuvor zu thun.
Die National-Verſammlung beguͤnſtigte dieſe
Societaͤten nach allen Kraͤften: denn ſie ſah den
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/107>, abgerufen am 21.11.2024.
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