würdigen Kleinigkeit willen in Bewegung gesezt. Ein Prophet wurde von losen Buben Kahlkopf ge- scholten: fluchs kommen zwey Bären und zerreißen zwey und vierzig von diesen Spöttern. Jerobe- am, der König, wollte einen fanatischen Prophe- ten einstecken lassen, aber seine Hand verdörrte plötzlich. Wegen einer kleinen Lüge fiel Ana- nias und sein Weib todt danieder; ja eine ganze Stadt ging in Indien unter, weil die Einwohner dem heil. Xaverius den Eingang verwehrt hat- ten.
Aber in Frankreich -- du lieber Gott! da wur- den die lieben Heiligen aufs ärgste gemißhandelt! Ihre Lieblinge, die Mönche und Nonnen, wurden fortgejagt, ihre Kirchen wurden zerstöhrt, ihre Bilder, sogar die, wobey sie sonst vorzüglich Wun- der gethan hatten, wurden zerschlagen, und sie -- sie saßen im Himmel ruhig, und konnten das Un- wesen so unbekümmert mit ansehen, ohne Feuer, Pech und Schwefel auf die Gottesschänder herab- zuschleudern! Da nun doch wohl keine Revolution im Himmel vorgefallen seyn wird, wonach der bis- herige Schlendrian darin abgeändert seyn mögte; so muß jeder gute Christ stutzen und an seiner eig- nen Religion zu zweifeln anfangen. -- Mir ist das Ding freilich nicht aufgefallen: denn ich war
Vierter Theil. I
wuͤrdigen Kleinigkeit willen in Bewegung geſezt. Ein Prophet wurde von loſen Buben Kahlkopf ge- ſcholten: fluchs kommen zwey Baͤren und zerreißen zwey und vierzig von dieſen Spoͤttern. Jerobe- am, der Koͤnig, wollte einen fanatiſchen Prophe- ten einſtecken laſſen, aber ſeine Hand verdoͤrrte ploͤtzlich. Wegen einer kleinen Luͤge fiel Ana- nias und ſein Weib todt danieder; ja eine ganze Stadt ging in Indien unter, weil die Einwohner dem heil. Xaverius den Eingang verwehrt hat- ten.
Aber in Frankreich — du lieber Gott! da wur- den die lieben Heiligen aufs aͤrgſte gemißhandelt! Ihre Lieblinge, die Moͤnche und Nonnen, wurden fortgejagt, ihre Kirchen wurden zerſtoͤhrt, ihre Bilder, ſogar die, wobey ſie ſonſt vorzuͤglich Wun- der gethan hatten, wurden zerſchlagen, und ſie — ſie ſaßen im Himmel ruhig, und konnten das Un- weſen ſo unbekuͤmmert mit anſehen, ohne Feuer, Pech und Schwefel auf die Gottesſchaͤnder herab- zuſchleudern! Da nun doch wohl keine Revolution im Himmel vorgefallen ſeyn wird, wonach der bis- herige Schlendrian darin abgeaͤndert ſeyn moͤgte; ſo muß jeder gute Chriſt ſtutzen und an ſeiner eig- nen Religion zu zweifeln anfangen. — Mir iſt das Ding freilich nicht aufgefallen: denn ich war
Vierter Theil. I
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wuͤrdigen Kleinigkeit willen in Bewegung geſezt.
Ein Prophet wurde von loſen Buben Kahlkopf ge-
ſcholten: fluchs kommen zwey Baͤren und zerreißen
zwey und vierzig von dieſen Spoͤttern. Jerobe-
am, der Koͤnig, wollte einen fanatiſchen Prophe-
ten einſtecken laſſen, aber ſeine Hand verdoͤrrte
ploͤtzlich. Wegen einer kleinen Luͤge fiel Ana-
nias und ſein Weib todt danieder; ja eine ganze
Stadt ging in Indien unter, weil die Einwohner
dem heil. Xaverius den Eingang verwehrt hat-
ten.
Aber in Frankreich — du lieber Gott! da wur-
den die lieben Heiligen aufs aͤrgſte gemißhandelt!
Ihre Lieblinge, die Moͤnche und Nonnen, wurden
fortgejagt, ihre Kirchen wurden zerſtoͤhrt, ihre
Bilder, ſogar die, wobey ſie ſonſt vorzuͤglich Wun-
der gethan hatten, wurden zerſchlagen, und ſie —
ſie ſaßen im Himmel ruhig, und konnten das Un-
weſen ſo unbekuͤmmert mit anſehen, ohne Feuer,
Pech und Schwefel auf die Gottesſchaͤnder herab-
zuſchleudern! Da nun doch wohl keine Revolution
im Himmel vorgefallen ſeyn wird, wonach der bis-
herige Schlendrian darin abgeaͤndert ſeyn moͤgte;
ſo muß jeder gute Chriſt ſtutzen und an ſeiner eig-
nen Religion zu zweifeln anfangen. — Mir iſt
das Ding freilich nicht aufgefallen: denn ich war
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/133>, abgerufen am 21.11.2024.
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