schen Pfalz: daß ein französischer Offizier im Jahr 1794 sein Kind öffentlich durch einen reformir- ten Pfarrer habe taufen lassen; daß dabey viele andere Offiziere und Volontärs gegenwärtig ge- wesen seyen u. s. w. Aber ich muß gestehen, daß mir diese Erzählung, so wie Herr Braun sie giebt, gar nicht ansteht, und daß ich an ihrer Wahrheit stark zweifle. Ich kenne nämlich die Franzosen -- oder wie Herr Girtanner sie immer umnennt, die Frankreicher, wenn ich gleich niemals in der Pfalz oder im Elsaß, das Wort Frankreicher gehört habe: da heißen sie Franzosen oder Neufranken. Das Wort Frank- reicher wird ganz aus Herrn Girtanners Fabrik seyn; doch das mögte noch hingehen, wenn nur in seinen papierreichen Schriften auch nicht so viel andre Dinge aus seiner Fabrik vorkämen, welche, beym Lichte besehen, viel weniger die Probe halten, als das Wort Frankreicher*). Ich kenne, sag' ich, die Franzosen, und bin ver- sichert, daß ein Offizier, welcher sein Kind öffent- lich in einer Kirche von einem Pfaffen taufen ließe,
*) Vielleicht hat Hr. Girtanner das Wort Frankrei- cher analogisch nach Oestreicher gemacht. Aber dann dürfte man ja auch sagen: Rußländer, Türkeyer, Portugal- ler, Dänemärker u. s. w. statt Russen, Türken, Portugiesen, Dänen. Es ist lächerlich, in solchen Kleinigkeiten etwas Eignes haben zu wollen!
ſchen Pfalz: daß ein franzoͤſiſcher Offizier im Jahr 1794 ſein Kind oͤffentlich durch einen reformir- ten Pfarrer habe taufen laſſen; daß dabey viele andere Offiziere und Volontaͤrs gegenwaͤrtig ge- weſen ſeyen u. ſ. w. Aber ich muß geſtehen, daß mir dieſe Erzaͤhlung, ſo wie Herr Braun ſie giebt, gar nicht anſteht, und daß ich an ihrer Wahrheit ſtark zweifle. Ich kenne naͤmlich die Franzoſen — oder wie Herr Girtanner ſie immer umnennt, die Frankreicher, wenn ich gleich niemals in der Pfalz oder im Elſaß, das Wort Frankreicher gehoͤrt habe: da heißen ſie Franzoſen oder Neufranken. Das Wort Frank- reicher wird ganz aus Herrn Girtanners Fabrik ſeyn; doch das moͤgte noch hingehen, wenn nur in ſeinen papierreichen Schriften auch nicht ſo viel andre Dinge aus ſeiner Fabrik vorkaͤmen, welche, beym Lichte beſehen, viel weniger die Probe halten, als das Wort Frankreicher*). Ich kenne, ſag' ich, die Franzoſen, und bin ver- ſichert, daß ein Offizier, welcher ſein Kind oͤffent- lich in einer Kirche von einem Pfaffen taufen ließe,
*) Vielleicht hat Hr. Girtanner das Wort Frankrei- cher analogiſch nach Oeſtreicher gemacht. Aber dann dürfte man ja auch ſagen: Rußländer, Türkeyer, Portugal- ler, Dänemärker u. ſ. w. ſtatt Ruſſen, Türken, Portugieſen, Dänen. Es iſt lächerlich, in ſolchen Kleinigkeiten etwas Eignes haben zu wollen!
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ſchen Pfalz: daß ein franzoͤſiſcher Offizier im
Jahr 1794 ſein Kind oͤffentlich durch einen reformir-
ten Pfarrer habe taufen laſſen; daß dabey viele
andere Offiziere und Volontaͤrs gegenwaͤrtig ge-
weſen ſeyen u. ſ. w. Aber ich muß geſtehen,
daß mir dieſe Erzaͤhlung, ſo wie Herr Braun
ſie giebt, gar nicht anſteht, und daß ich an ihrer
Wahrheit ſtark zweifle. Ich kenne naͤmlich die
Franzoſen — oder wie Herr Girtanner ſie
immer umnennt, die Frankreicher, wenn ich
gleich niemals in der Pfalz oder im Elſaß, das
Wort Frankreicher gehoͤrt habe: da heißen ſie
Franzoſen oder Neufranken. Das Wort Frank-
reicher wird ganz aus Herrn Girtanners
Fabrik ſeyn; doch das moͤgte noch hingehen, wenn
nur in ſeinen papierreichen Schriften auch nicht
ſo viel andre Dinge aus ſeiner Fabrik vorkaͤmen,
welche, beym Lichte beſehen, viel weniger die
Probe halten, als das Wort Frankreicher *).
Ich kenne, ſag' ich, die Franzoſen, und bin ver-
ſichert, daß ein Offizier, welcher ſein Kind oͤffent-
lich in einer Kirche von einem Pfaffen taufen ließe,
*) Vielleicht hat Hr. Girtanner das Wort Frankrei-
cher analogiſch nach Oeſtreicher gemacht. Aber dann
dürfte man ja auch ſagen: Rußländer, Türkeyer, Portugal-
ler, Dänemärker u. ſ. w. ſtatt Ruſſen, Türken, Portugieſen,
Dänen. Es iſt lächerlich, in ſolchen Kleinigkeiten etwas
Eignes haben zu wollen!
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/147>, abgerufen am 21.11.2024.
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