Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Daß indeß ihre päbstliche Heiligkeiten, wie
gewöhnlich, so auch hier eben nicht recht hatten,
bezeugt die Völkerkunde und die Geschichte. So
speisen die Samojeden selbst krepirte Pferde, und
halten einen Pferdekopf für eine besondere Leckerey.
Die Nogayischen Tataren ziehen das Pferdefleisch
durchgehends dem Rindfleische vor, und heben
den Kopf, als einen Leckerbissen auf für die Vor-
nehmen. De la Motraye aß unter den Krim-
mischen Tataren von einem Füllen, dessen Fleisch
er für Kalbfleisch hielt. Bernier genoß unter
den Usbekschen Tataren ein sehr gutes Pferde-Ra-
gout. Selbst in Sina wird Pferdefleisch auf die
Märkte gebracht, und die Sinesen essen es eben so
gern, als alle Völker in Osten. Opitz berichtet,
daß die Kalmucken die fetten, unberittenen Pferde
vorzüglich schlachten, und daß ein Braten davon
wirklich sehr lecker sey. In Tunkin, auf Suma-
tra, auf der Küste Koromandel und in den andern
angränzenden Gegenden genießt man Pferdefleisch
eben so gern als Rindfleisch. Die Neger auf der
Küste Guinea schätzen das Pferdefleisch sehr, un-
geachtet es dort nicht oft vorkömmt. Auch in
Amerika findet man diesen Geschmack, vorzüglich
im südlichen. Die Einwohner von Patagonien
ziehen das Pferdefleisch allem übrigen vor, und
essen es roh oder gebraten. Die Chilesen und die

Daß indeß ihre paͤbſtliche Heiligkeiten, wie
gewoͤhnlich, ſo auch hier eben nicht recht hatten,
bezeugt die Voͤlkerkunde und die Geſchichte. So
ſpeiſen die Samojeden ſelbſt krepirte Pferde, und
halten einen Pferdekopf fuͤr eine beſondere Leckerey.
Die Nogayiſchen Tataren ziehen das Pferdefleiſch
durchgehends dem Rindfleiſche vor, und heben
den Kopf, als einen Leckerbiſſen auf fuͤr die Vor-
nehmen. De la Motraye aß unter den Krim-
miſchen Tataren von einem Fuͤllen, deſſen Fleiſch
er fuͤr Kalbfleiſch hielt. Bernier genoß unter
den Usbekſchen Tataren ein ſehr gutes Pferde-Ra-
gout. Selbſt in Sina wird Pferdefleiſch auf die
Maͤrkte gebracht, und die Sineſen eſſen es eben ſo
gern, als alle Voͤlker in Oſten. Opitz berichtet,
daß die Kalmucken die fetten, unberittenen Pferde
vorzuͤglich ſchlachten, und daß ein Braten davon
wirklich ſehr lecker ſey. In Tunkin, auf Suma-
tra, auf der Kuͤſte Koromandel und in den andern
angraͤnzenden Gegenden genießt man Pferdefleiſch
eben ſo gern als Rindfleiſch. Die Neger auf der
Kuͤſte Guinea ſchaͤtzen das Pferdefleiſch ſehr, un-
geachtet es dort nicht oft vorkoͤmmt. Auch in
Amerika findet man dieſen Geſchmack, vorzuͤglich
im ſuͤdlichen. Die Einwohner von Patagonien
ziehen das Pferdefleiſch allem uͤbrigen vor, und
eſſen es roh oder gebraten. Die Chileſen und die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0167" n="163"/>
        <p>Daß indeß ihre pa&#x0364;b&#x017F;tliche Heiligkeiten, wie<lb/>
gewo&#x0364;hnlich, &#x017F;o auch hier eben nicht recht hatten,<lb/>
bezeugt die Vo&#x0364;lkerkunde und die Ge&#x017F;chichte. So<lb/>
&#x017F;pei&#x017F;en die Samojeden &#x017F;elb&#x017F;t krepirte Pferde, und<lb/>
halten einen Pferdekopf fu&#x0364;r eine be&#x017F;ondere Leckerey.<lb/>
Die Nogayi&#x017F;chen Tataren ziehen das Pferdeflei&#x017F;ch<lb/>
durchgehends dem Rindflei&#x017F;che vor, und heben<lb/>
den Kopf, als einen Leckerbi&#x017F;&#x017F;en auf fu&#x0364;r die Vor-<lb/>
nehmen. <hi rendition="#g">De la Motraye</hi> aß unter den Krim-<lb/>
mi&#x017F;chen Tataren von einem Fu&#x0364;llen, de&#x017F;&#x017F;en Flei&#x017F;ch<lb/>
er fu&#x0364;r Kalbflei&#x017F;ch hielt. <hi rendition="#g">Bernier</hi> genoß unter<lb/>
den Usbek&#x017F;chen Tataren ein &#x017F;ehr gutes Pferde-Ra-<lb/>
gout. Selb&#x017F;t in Sina wird Pferdeflei&#x017F;ch auf die<lb/>
Ma&#x0364;rkte gebracht, und die Sine&#x017F;en e&#x017F;&#x017F;en es eben &#x017F;o<lb/>
gern, als alle Vo&#x0364;lker in O&#x017F;ten. <hi rendition="#g">Opitz</hi> berichtet,<lb/>
daß die Kalmucken die fetten, unberittenen Pferde<lb/>
vorzu&#x0364;glich &#x017F;chlachten, und daß ein Braten davon<lb/>
wirklich &#x017F;ehr lecker &#x017F;ey. In Tunkin, auf Suma-<lb/>
tra, auf der Ku&#x0364;&#x017F;te Koromandel und in den andern<lb/>
angra&#x0364;nzenden Gegenden genießt man Pferdeflei&#x017F;ch<lb/>
eben &#x017F;o gern als Rindflei&#x017F;ch. Die Neger auf der<lb/>
Ku&#x0364;&#x017F;te Guinea &#x017F;cha&#x0364;tzen das Pferdeflei&#x017F;ch &#x017F;ehr, un-<lb/>
geachtet es dort nicht oft vorko&#x0364;mmt. Auch in<lb/>
Amerika findet man die&#x017F;en Ge&#x017F;chmack, vorzu&#x0364;glich<lb/>
im &#x017F;u&#x0364;dlichen. Die Einwohner von Patagonien<lb/>
ziehen das Pferdeflei&#x017F;ch allem u&#x0364;brigen vor, und<lb/>
e&#x017F;&#x017F;en es roh oder gebraten. Die Chile&#x017F;en und die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0167] Daß indeß ihre paͤbſtliche Heiligkeiten, wie gewoͤhnlich, ſo auch hier eben nicht recht hatten, bezeugt die Voͤlkerkunde und die Geſchichte. So ſpeiſen die Samojeden ſelbſt krepirte Pferde, und halten einen Pferdekopf fuͤr eine beſondere Leckerey. Die Nogayiſchen Tataren ziehen das Pferdefleiſch durchgehends dem Rindfleiſche vor, und heben den Kopf, als einen Leckerbiſſen auf fuͤr die Vor- nehmen. De la Motraye aß unter den Krim- miſchen Tataren von einem Fuͤllen, deſſen Fleiſch er fuͤr Kalbfleiſch hielt. Bernier genoß unter den Usbekſchen Tataren ein ſehr gutes Pferde-Ra- gout. Selbſt in Sina wird Pferdefleiſch auf die Maͤrkte gebracht, und die Sineſen eſſen es eben ſo gern, als alle Voͤlker in Oſten. Opitz berichtet, daß die Kalmucken die fetten, unberittenen Pferde vorzuͤglich ſchlachten, und daß ein Braten davon wirklich ſehr lecker ſey. In Tunkin, auf Suma- tra, auf der Kuͤſte Koromandel und in den andern angraͤnzenden Gegenden genießt man Pferdefleiſch eben ſo gern als Rindfleiſch. Die Neger auf der Kuͤſte Guinea ſchaͤtzen das Pferdefleiſch ſehr, un- geachtet es dort nicht oft vorkoͤmmt. Auch in Amerika findet man dieſen Geſchmack, vorzuͤglich im ſuͤdlichen. Die Einwohner von Patagonien ziehen das Pferdefleiſch allem uͤbrigen vor, und eſſen es roh oder gebraten. Die Chileſen und die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/167
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/167>, abgerufen am 04.12.2024.