denn mit dieser Anrede hatten die Herren Oestrei- cher kurz vorher die armen Leute exequirt. Die Herren gingen aber jezt gerade, wie Rost sagt: -- -- Wie ein Pfeifenmann Der seinen ganzen Kram zerfallen hat. Keiner getraute sich, aufwärts zu blicken, und der Leutnant Zimmer mußte selbst gestehen, daß die Leute Recht hätten: man habe es auch ein bissel zu arg gemacht. Wenn aber ein kaiserlicher Offizier gesteht, daß man es mit den patriotischen Franzo- sen, mit den Königsmördern, mit den verfluch- ten, vom Papst exkommunicirten Schandbuben von Patrioten doch zu arg gemacht habe, so mag der, der die Gesinnungen dieser Herren kennt, abneh- men, wie man es ohngefähr gemacht habe.
Ich war durstig, und bath einen Volontär, mit mir in ein Wirthshaus zu gehen: wir würden ja wohl bald nachkommen. Als Deserteur hatte ich ohnehin mehr Freyheit, als die Gefangnen. Der Volontär war willig, sagte dem Hauptmann, daß er mit mir würde zurückbleiben; und so gingen wir ins Wirthshaus. Es waren mehrere Leute da, und diese konnten gar nicht genug beschreiben, wie die Kaiserlichen noch vor wenig Tagen bey ihrem Zurückzug im Flecken geplündert und die Leute mis- handelt hätten. Der ganze Flecken war durch die vielen hineingeworfnen Haubitzen und Kugeln zer-
denn mit dieſer Anrede hatten die Herren Oeſtrei- cher kurz vorher die armen Leute exequirt. Die Herren gingen aber jezt gerade, wie Roſt ſagt: — — Wie ein Pfeifenmann Der ſeinen ganzen Kram zerfallen hat. Keiner getraute ſich, aufwaͤrts zu blicken, und der Leutnant Zimmer mußte ſelbſt geſtehen, daß die Leute Recht haͤtten: man habe es auch ein biſſel zu arg gemacht. Wenn aber ein kaiſerlicher Offizier geſteht, daß man es mit den patriotiſchen Franzo- ſen, mit den Koͤnigsmoͤrdern, mit den verfluch- ten, vom Papſt exkommunicirten Schandbuben von Patrioten doch zu arg gemacht habe, ſo mag der, der die Geſinnungen dieſer Herren kennt, abneh- men, wie man es ohngefaͤhr gemacht habe.
Ich war durſtig, und bath einen Volontaͤr, mit mir in ein Wirthshaus zu gehen: wir wuͤrden ja wohl bald nachkommen. Als Deſerteur hatte ich ohnehin mehr Freyheit, als die Gefangnen. Der Volontaͤr war willig, ſagte dem Hauptmann, daß er mit mir wuͤrde zuruͤckbleiben; und ſo gingen wir ins Wirthshaus. Es waren mehrere Leute da, und dieſe konnten gar nicht genug beſchreiben, wie die Kaiſerlichen noch vor wenig Tagen bey ihrem Zuruͤckzug im Flecken gepluͤndert und die Leute mis- handelt haͤtten. Der ganze Flecken war durch die vielen hineingeworfnen Haubitzen und Kugeln zer-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0190"n="186"/>
denn mit dieſer Anrede hatten die Herren Oeſtrei-<lb/>
cher kurz vorher die armen Leute exequirt. Die<lb/>
Herren gingen aber jezt gerade, wie <hirendition="#g">Roſt</hi>ſagt:<lb/><hirendition="#et">—— Wie ein Pfeifenmann<lb/>
Der ſeinen ganzen Kram zerfallen hat.</hi><lb/>
Keiner getraute ſich, aufwaͤrts zu blicken, und der<lb/>
Leutnant <hirendition="#g">Zimmer</hi> mußte ſelbſt geſtehen, daß die<lb/>
Leute Recht haͤtten: man habe es auch ein biſſel zu<lb/>
arg gemacht. Wenn aber ein kaiſerlicher Offizier<lb/>
geſteht, daß man es mit den patriotiſchen Franzo-<lb/>ſen, mit den Koͤnigsmoͤrdern, mit den verfluch-<lb/>
ten, vom Papſt exkommunicirten Schandbuben von<lb/>
Patrioten doch zu arg gemacht habe, ſo mag der,<lb/>
der die Geſinnungen dieſer Herren kennt, abneh-<lb/>
men, wie man es ohngefaͤhr gemacht habe.</p><lb/><p>Ich war durſtig, und bath einen Volontaͤr,<lb/>
mit mir in ein Wirthshaus zu gehen: wir wuͤrden<lb/>
ja wohl bald nachkommen. Als Deſerteur hatte<lb/>
ich ohnehin mehr Freyheit, als die Gefangnen.<lb/>
Der Volontaͤr war willig, ſagte dem Hauptmann,<lb/>
daß er mit mir wuͤrde zuruͤckbleiben; und ſo gingen<lb/>
wir ins Wirthshaus. Es waren mehrere Leute da,<lb/>
und dieſe konnten gar nicht genug beſchreiben, wie<lb/>
die Kaiſerlichen noch vor wenig Tagen bey ihrem<lb/>
Zuruͤckzug im Flecken gepluͤndert und die Leute mis-<lb/>
handelt haͤtten. Der ganze Flecken war durch die<lb/>
vielen hineingeworfnen Haubitzen und Kugeln zer-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[186/0190]
denn mit dieſer Anrede hatten die Herren Oeſtrei-
cher kurz vorher die armen Leute exequirt. Die
Herren gingen aber jezt gerade, wie Roſt ſagt:
— — Wie ein Pfeifenmann
Der ſeinen ganzen Kram zerfallen hat.
Keiner getraute ſich, aufwaͤrts zu blicken, und der
Leutnant Zimmer mußte ſelbſt geſtehen, daß die
Leute Recht haͤtten: man habe es auch ein biſſel zu
arg gemacht. Wenn aber ein kaiſerlicher Offizier
geſteht, daß man es mit den patriotiſchen Franzo-
ſen, mit den Koͤnigsmoͤrdern, mit den verfluch-
ten, vom Papſt exkommunicirten Schandbuben von
Patrioten doch zu arg gemacht habe, ſo mag der,
der die Geſinnungen dieſer Herren kennt, abneh-
men, wie man es ohngefaͤhr gemacht habe.
Ich war durſtig, und bath einen Volontaͤr,
mit mir in ein Wirthshaus zu gehen: wir wuͤrden
ja wohl bald nachkommen. Als Deſerteur hatte
ich ohnehin mehr Freyheit, als die Gefangnen.
Der Volontaͤr war willig, ſagte dem Hauptmann,
daß er mit mir wuͤrde zuruͤckbleiben; und ſo gingen
wir ins Wirthshaus. Es waren mehrere Leute da,
und dieſe konnten gar nicht genug beſchreiben, wie
die Kaiſerlichen noch vor wenig Tagen bey ihrem
Zuruͤckzug im Flecken gepluͤndert und die Leute mis-
handelt haͤtten. Der ganze Flecken war durch die
vielen hineingeworfnen Haubitzen und Kugeln zer-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/190>, abgerufen am 11.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.