unversöhnlich sie eben darum gegen ihn werden mußten. Dietrich unterhielt dieß Feuer schon lange, und so war er und sein übriger royalistischer Anhang, nächst der Geistlichkeit, der Hauptgegen- stand, worauf Schneider seine revolutionnäre Aufmerksamkeit und seine patriotische Motionen richtete, aber immer öffentlich, ungeschenet und unerbittlich-republikanisch.
Dietrich, ganz Hofmann, der Leute von Talenten für seine geheimen Hofplane überall zu gewinnen suchte, soll an Schneiders Beförde- rung nach Strasburg Antheil gehabt haben. Als Schneider ankam, war Dietrich, wie alles, enthusiastisch für ihn eingenommen. Schneider ward bald Mitglied der Constitutionsgesellschaft, und gewann hier einen großen Spielraum für seinen regen Geist und für seine oft Demosthenische Be- redsamkeit. Alles, was er that und sprach, trug -- ganz wider Dietrichs erste Erwartung -- das Gepräge des leidenschaftlichen, patriotischen Ungestüms; und es war vorauszusehen, daß er einst seine Meynung im politischen Fache, wie vormals im theologischen, derb und dreist heraus- donnern würde.
"Wer einem freyen Volke dienen will, sagte er öffentlich, muß den Tod nicht scheuen. Er muß selbst den Undank ertragen können und doch nicht
unverſoͤhnlich ſie eben darum gegen ihn werden mußten. Dietrich unterhielt dieß Feuer ſchon lange, und ſo war er und ſein uͤbriger royaliſtiſcher Anhang, naͤchſt der Geiſtlichkeit, der Hauptgegen- ſtand, worauf Schneider ſeine revolutionnaͤre Aufmerkſamkeit und ſeine patriotiſche Motionen richtete, aber immer oͤffentlich, ungeſchenet und unerbittlich-republikaniſch.
Dietrich, ganz Hofmann, der Leute von Talenten fuͤr ſeine geheimen Hofplane uͤberall zu gewinnen ſuchte, ſoll an Schneiders Befoͤrde- rung nach Strasburg Antheil gehabt haben. Als Schneider ankam, war Dietrich, wie alles, enthuſiaſtiſch fuͤr ihn eingenommen. Schneider ward bald Mitglied der Conſtitutionsgeſellſchaft, und gewann hier einen großen Spielraum fuͤr ſeinen regen Geiſt und fuͤr ſeine oft Demoſtheniſche Be- redſamkeit. Alles, was er that und ſprach, trug — ganz wider Dietrichs erſte Erwartung — das Gepraͤge des leidenſchaftlichen, patriotiſchen Ungeſtuͤms; und es war vorauszuſehen, daß er einſt ſeine Meynung im politiſchen Fache, wie vormals im theologiſchen, derb und dreiſt heraus- donnern wuͤrde.
„Wer einem freyen Volke dienen will, ſagte er oͤffentlich, muß den Tod nicht ſcheuen. Er muß ſelbſt den Undank ertragen koͤnnen und doch nicht
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[207/0211]
unverſoͤhnlich ſie eben darum gegen ihn werden
mußten. Dietrich unterhielt dieß Feuer ſchon
lange, und ſo war er und ſein uͤbriger royaliſtiſcher
Anhang, naͤchſt der Geiſtlichkeit, der Hauptgegen-
ſtand, worauf Schneider ſeine revolutionnaͤre
Aufmerkſamkeit und ſeine patriotiſche Motionen
richtete, aber immer oͤffentlich, ungeſchenet und
unerbittlich-republikaniſch.
Dietrich, ganz Hofmann, der Leute von
Talenten fuͤr ſeine geheimen Hofplane uͤberall zu
gewinnen ſuchte, ſoll an Schneiders Befoͤrde-
rung nach Strasburg Antheil gehabt haben. Als
Schneider ankam, war Dietrich, wie alles,
enthuſiaſtiſch fuͤr ihn eingenommen. Schneider
ward bald Mitglied der Conſtitutionsgeſellſchaft,
und gewann hier einen großen Spielraum fuͤr ſeinen
regen Geiſt und fuͤr ſeine oft Demoſtheniſche Be-
redſamkeit. Alles, was er that und ſprach, trug
— ganz wider Dietrichs erſte Erwartung —
das Gepraͤge des leidenſchaftlichen, patriotiſchen
Ungeſtuͤms; und es war vorauszuſehen, daß er
einſt ſeine Meynung im politiſchen Fache, wie
vormals im theologiſchen, derb und dreiſt heraus-
donnern wuͤrde.
„Wer einem freyen Volke dienen will, ſagte
er oͤffentlich, muß den Tod nicht ſcheuen. Er muß
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/211>, abgerufen am 23.11.2024.
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