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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

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aufhören, die Wahrheit zu sagen. Ich sehe wohl
ein, daß ich Gefahr laufe, ein Opfer meines Pa-
triotismus zu werden; aber es ist meine Pflicht,
den Posten nicht zu verlassen, welchen mir die
Vorsehung angewiesen hat." -- "Wer den Tod
fürchtet, wird immer feig seyn. -- Nehmet die
Furcht vor dem Tode weg, und es wird keine
Sklaven mehr geben. Feigheit erzeugt den Despo-
tismus, und Furcht erhält ihn." --

Wie getreu er diesen Grundsätzen geblieben ist,
hat der Erfolg gelehrt. Man weiß, wie gewaltig
sich mit Anfang des Jahres 1792 der Partheygeist
in Frankreich geregt hat. Das Zutrauen verschwand,
Bitterkeit, Grimm und alle Furien drangen mit
voller Fluth daher. Jakobiner kämpften gegen
Fenillans, der Hof brütete Plane: Alles schien
verloren. Auch in Strasburg brannte es lichter-
loh, und vorzüglich war an keine Ruhe mehr zu
denken, als die Constitutionsgesellschaft sich trenn-
te, und Märe Dietrich für einen Freund und
Agenten des Hofes galt. Laveaux und Schnei-
der erklärten sich gegen ihn, wie gegen alles,
was höfisch gesinnt war. Die Personalitäten
wurden dadurch immer anzüglicher, und die ganze
Stadt gerieth in Aufruhr. *)


*) Strasburg ist nach Paris eine der volkreichsten Städ-
te Frankreichs: [man] rechnet die Einwohner auf 60,000.

aufhoͤren, die Wahrheit zu ſagen. Ich ſehe wohl
ein, daß ich Gefahr laufe, ein Opfer meines Pa-
triotismus zu werden; aber es iſt meine Pflicht,
den Poſten nicht zu verlaſſen, welchen mir die
Vorſehung angewieſen hat.“ — „Wer den Tod
fuͤrchtet, wird immer feig ſeyn. — Nehmet die
Furcht vor dem Tode weg, und es wird keine
Sklaven mehr geben. Feigheit erzeugt den Deſpo-
tismus, und Furcht erhaͤlt ihn.“ —

Wie getreu er dieſen Grundſaͤtzen geblieben iſt,
hat der Erfolg gelehrt. Man weiß, wie gewaltig
ſich mit Anfang des Jahres 1792 der Partheygeiſt
in Frankreich geregt hat. Das Zutrauen verſchwand,
Bitterkeit, Grimm und alle Furien drangen mit
voller Fluth daher. Jakobiner kaͤmpften gegen
Fenillans, der Hof bruͤtete Plane: Alles ſchien
verloren. Auch in Strasburg brannte es lichter-
loh, und vorzuͤglich war an keine Ruhe mehr zu
denken, als die Conſtitutionsgeſellſchaft ſich trenn-
te, und Maͤre Dietrich fuͤr einen Freund und
Agenten des Hofes galt. Laveaux und Schnei-
der erklaͤrten ſich gegen ihn, wie gegen alles,
was hoͤfiſch geſinnt war. Die Perſonalitaͤten
wurden dadurch immer anzuͤglicher, und die ganze
Stadt gerieth in Aufruhr. *)


*) Strasburg iſt nach Paris eine der volkreichſten Städ-
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[208/0212] aufhoͤren, die Wahrheit zu ſagen. Ich ſehe wohl ein, daß ich Gefahr laufe, ein Opfer meines Pa- triotismus zu werden; aber es iſt meine Pflicht, den Poſten nicht zu verlaſſen, welchen mir die Vorſehung angewieſen hat.“ — „Wer den Tod fuͤrchtet, wird immer feig ſeyn. — Nehmet die Furcht vor dem Tode weg, und es wird keine Sklaven mehr geben. Feigheit erzeugt den Deſpo- tismus, und Furcht erhaͤlt ihn.“ — Wie getreu er dieſen Grundſaͤtzen geblieben iſt, hat der Erfolg gelehrt. Man weiß, wie gewaltig ſich mit Anfang des Jahres 1792 der Partheygeiſt in Frankreich geregt hat. Das Zutrauen verſchwand, Bitterkeit, Grimm und alle Furien drangen mit voller Fluth daher. Jakobiner kaͤmpften gegen Fenillans, der Hof bruͤtete Plane: Alles ſchien verloren. Auch in Strasburg brannte es lichter- loh, und vorzuͤglich war an keine Ruhe mehr zu denken, als die Conſtitutionsgeſellſchaft ſich trenn- te, und Maͤre Dietrich fuͤr einen Freund und Agenten des Hofes galt. Laveaux und Schnei- der erklaͤrten ſich gegen ihn, wie gegen alles, was hoͤfiſch geſinnt war. Die Perſonalitaͤten wurden dadurch immer anzuͤglicher, und die ganze Stadt gerieth in Aufruhr. *) *) Strasburg iſt nach Paris eine der volkreichſten Städ- te Frankreichs: man rechnet die Einwohner auf 60,000.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/212>, abgerufen am 27.11.2024.