Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

entschieden war, bewies er häufig: daß es mi[r]
der Königschaft, wie mit so vielen andern Sachen,
sey[:] So bald man sie wegschaffe, denke kein Mensch
mehr daran. Zur Unterstützung seiner Behauptung
schrieb er Folgendes:

Alcest.

Eine Erzählung.
In einer kleinen Stadt Italiens
War einst ein Mann: sein Name hieß Alcest.
Er hatte just das Pulver nicht erfunden,
Doch war er schlicht und meynt' es herzlich gut.
Wenn er nicht schlief, so wacht' er ohne Fehl,
Und wenn er nicht bey seiner Arbeit saß,
So dacht' er über dieß und jenes nach,
Und manchmal fiel ihm auch was Gutes ein.
An einem Abend ging er um den Graben
Der kleinen Stadt spatzieren; da ertönte
Die Todtenglocke. Plötzlich kehrt' er um,
Und eilte nach dem Thore, was er konnte,
Und fragte keuchend, wer gestorben sey.
"Der Gouverneur! versezten ihm die Leute.
"Der Guvernöhr? -- Verlaßne, arme Stadt!
Wer wird denn nun regieren?" schluchzet er,
Und weinte laut. Den Kummer zu vertreiben,
Begab er sich ins nahe Kaffeehaus.

entſchieden war, bewies er haͤufig: daß es mi[r]
der Koͤnigſchaft, wie mit ſo vielen andern Sachen,
ſey[:] So bald man ſie wegſchaffe, denke kein Menſch
mehr daran. Zur Unterſtuͤtzung ſeiner Behauptung
ſchrieb er Folgendes:

Alceſt.

Eine Erzaͤhlung.
In einer kleinen Stadt Italiens
War einſt ein Mann: ſein Name hieß Alceſt.
Er hatte juſt das Pulver nicht erfunden,
Doch war er ſchlicht und meynt' es herzlich gut.
Wenn er nicht ſchlief, ſo wacht' er ohne Fehl,
Und wenn er nicht bey ſeiner Arbeit ſaß,
So dacht' er uͤber dieß und jenes nach,
Und manchmal fiel ihm auch was Gutes ein.
An einem Abend ging er um den Graben
Der kleinen Stadt ſpatzieren; da ertoͤnte
Die Todtenglocke. Ploͤtzlich kehrt' er um,
Und eilte nach dem Thore, was er konnte,
Und fragte keuchend, wer geſtorben ſey.
„Der Gouverneur! verſezten ihm die Leute.
„Der Guvernoͤhr? — Verlaßne, arme Stadt!
Wer wird denn nun regieren?“ ſchluchzet er,
Und weinte laut. Den Kummer zu vertreiben,
Begab er ſich ins nahe Kaffeehaus.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0225" n="221"/>
ent&#x017F;chieden war, bewies er ha&#x0364;ufig: daß es mi<supplied>r</supplied><lb/>
der Ko&#x0364;nig&#x017F;chaft, wie mit &#x017F;o vielen andern Sachen,<lb/>
&#x017F;ey<supplied>:</supplied> So bald man &#x017F;ie weg&#x017F;chaffe, denke kein Men&#x017F;ch<lb/>
mehr daran. Zur Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung &#x017F;einer Behauptung<lb/>
&#x017F;chrieb er Folgendes:</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <head><hi rendition="#g">Alce&#x017F;t</hi>.</head><lb/>
          <l><hi rendition="#g">Eine Erza&#x0364;hlung</hi>.</l><lb/>
          <lg n="1">
            <l>In einer kleinen Stadt Italiens</l><lb/>
            <l>War ein&#x017F;t ein Mann: &#x017F;ein Name hieß Alce&#x017F;t.</l><lb/>
            <l>Er hatte ju&#x017F;t das Pulver nicht erfunden,</l><lb/>
            <l>Doch war er &#x017F;chlicht und meynt' es herzlich gut.</l><lb/>
            <l>Wenn er nicht &#x017F;chlief, &#x017F;o wacht' er ohne Fehl,</l><lb/>
            <l>Und wenn er nicht bey &#x017F;einer Arbeit &#x017F;aß,</l><lb/>
            <l>So dacht' er u&#x0364;ber dieß und jenes nach,</l><lb/>
            <l>Und manchmal fiel ihm auch was Gutes ein.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>An einem Abend ging er um den Graben</l><lb/>
            <l>Der kleinen Stadt &#x017F;patzieren; da erto&#x0364;nte</l><lb/>
            <l>Die Todtenglocke. Plo&#x0364;tzlich kehrt' er um,</l><lb/>
            <l>Und eilte nach dem Thore, was er konnte,</l><lb/>
            <l>Und fragte keuchend, wer ge&#x017F;torben &#x017F;ey.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Der Gouverneur! ver&#x017F;ezten ihm die Leute.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l>&#x201E;Der Guverno&#x0364;hr? &#x2014; Verlaßne, arme Stadt!</l><lb/>
            <l>Wer wird denn nun regieren?&#x201C; &#x017F;chluchzet er,</l><lb/>
            <l>Und weinte laut. Den Kummer zu vertreiben,</l><lb/>
            <l>Begab er &#x017F;ich ins nahe Kaffeehaus.</l>
          </lg><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0225] entſchieden war, bewies er haͤufig: daß es mir der Koͤnigſchaft, wie mit ſo vielen andern Sachen, ſey: So bald man ſie wegſchaffe, denke kein Menſch mehr daran. Zur Unterſtuͤtzung ſeiner Behauptung ſchrieb er Folgendes: Alceſt. Eine Erzaͤhlung. In einer kleinen Stadt Italiens War einſt ein Mann: ſein Name hieß Alceſt. Er hatte juſt das Pulver nicht erfunden, Doch war er ſchlicht und meynt' es herzlich gut. Wenn er nicht ſchlief, ſo wacht' er ohne Fehl, Und wenn er nicht bey ſeiner Arbeit ſaß, So dacht' er uͤber dieß und jenes nach, Und manchmal fiel ihm auch was Gutes ein. An einem Abend ging er um den Graben Der kleinen Stadt ſpatzieren; da ertoͤnte Die Todtenglocke. Ploͤtzlich kehrt' er um, Und eilte nach dem Thore, was er konnte, Und fragte keuchend, wer geſtorben ſey. „Der Gouverneur! verſezten ihm die Leute. „Der Guvernoͤhr? — Verlaßne, arme Stadt! Wer wird denn nun regieren?“ ſchluchzet er, Und weinte laut. Den Kummer zu vertreiben, Begab er ſich ins nahe Kaffeehaus.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/225
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/225>, abgerufen am 27.11.2024.