Rechtes bedienten. Die meisten zweifelten an der Dauer der damaligen Dinge, und fanden es klü- ger, sich keiner Strafe oder Compromission für die Zukunft auszusetzen. Bey Vielen wirkte auch der compromittirte Stolz ihres Standes u. dgl. -- Ich habe ein sehr artiges, von einem Ungenannten in Paris geschriebenes Werkchen über die Ehe der Priester, gesehn, worin der Verfasser klar und deutlich beweißt, daß das beste Mittel, den Prie- sterstand dem Staate nützlich zu machen, sey, ihm das Beweiben zu erlauben.
Die National-Versammlung ging nach und nach noch weiter, und griff endlich wirkliche Dog- men der christkatholischen Kirche an: sie erklärte nämlich, daß die wirklich geschiednen Personen wieder heurathen könnten, damit dem Unwesen, welches aus der Trennung nothwendig folgen müß- te, vorgebeugt werden mögte. Die konstitutionel- len Priester billigten dieses Dekret, aber desto mehr schrieen die orthodoxen dawider: sogar in der Assem- blee sezte es starken Widerspruch. Aber auch dieses Dekret sanktionnirte LudwigXVI. und so hörte die Ehe auf, ein unauflösliches Sakra- ment zu seyn.
Die kanonischen Strafen wurden auch kassirt, die Beichtzettel abgeschafft, und der Gottesdienst von allem Zwange befreyet. Alles das waren Ein-
Rechtes bedienten. Die meiſten zweifelten an der Dauer der damaligen Dinge, und fanden es kluͤ- ger, ſich keiner Strafe oder Compromiſſion fuͤr die Zukunft auszuſetzen. Bey Vielen wirkte auch der compromittirte Stolz ihres Standes u. dgl. — Ich habe ein ſehr artiges, von einem Ungenannten in Paris geſchriebenes Werkchen uͤber die Ehe der Prieſter, geſehn, worin der Verfaſſer klar und deutlich beweißt, daß das beſte Mittel, den Prie- ſterſtand dem Staate nuͤtzlich zu machen, ſey, ihm das Beweiben zu erlauben.
Die National-Verſammlung ging nach und nach noch weiter, und griff endlich wirkliche Dog- men der chriſtkatholiſchen Kirche an: ſie erklaͤrte naͤmlich, daß die wirklich geſchiednen Perſonen wieder heurathen koͤnnten, damit dem Unweſen, welches aus der Trennung nothwendig folgen muͤß- te, vorgebeugt werden moͤgte. Die konſtitutionel- len Prieſter billigten dieſes Dekret, aber deſto mehr ſchrieen die orthodoxen dawider: ſogar in der Aſſem- blée ſezte es ſtarken Widerſpruch. Aber auch dieſes Dekret ſanktionnirte LudwigXVI. und ſo hoͤrte die Ehe auf, ein unaufloͤsliches Sakra- ment zu ſeyn.
Die kanoniſchen Strafen wurden auch kaſſirt, die Beichtzettel abgeſchafft, und der Gottesdienſt von allem Zwange befreyet. Alles das waren Ein-
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Rechtes bedienten. Die meiſten zweifelten an der
Dauer der damaligen Dinge, und fanden es kluͤ-
ger, ſich keiner Strafe oder Compromiſſion fuͤr die
Zukunft auszuſetzen. Bey Vielen wirkte auch der
compromittirte Stolz ihres Standes u. dgl. —
Ich habe ein ſehr artiges, von einem Ungenannten
in Paris geſchriebenes Werkchen uͤber die Ehe der
Prieſter, geſehn, worin der Verfaſſer klar und
deutlich beweißt, daß das beſte Mittel, den Prie-
ſterſtand dem Staate nuͤtzlich zu machen, ſey, ihm
das Beweiben zu erlauben.
Die National-Verſammlung ging nach und
nach noch weiter, und griff endlich wirkliche Dog-
men der chriſtkatholiſchen Kirche an: ſie erklaͤrte
naͤmlich, daß die wirklich geſchiednen Perſonen
wieder heurathen koͤnnten, damit dem Unweſen,
welches aus der Trennung nothwendig folgen muͤß-
te, vorgebeugt werden moͤgte. Die konſtitutionel-
len Prieſter billigten dieſes Dekret, aber deſto mehr
ſchrieen die orthodoxen dawider: ſogar in der Aſſem-
blée ſezte es ſtarken Widerſpruch. Aber auch dieſes
Dekret ſanktionnirte Ludwig XVI. und ſo hoͤrte
die Ehe auf, ein unaufloͤsliches Sakra-
ment zu ſeyn.
Die kanoniſchen Strafen wurden auch kaſſirt,
die Beichtzettel abgeſchafft, und der Gottesdienſt
von allem Zwange befreyet. Alles das waren Ein-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/246>, abgerufen am 23.11.2024.
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