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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

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Zu Dijon z. B. trat ein alter eisgrauer Priester
in die Versammlung der Jakobiner mit den Wor-
ten: honneur et gloire a Dieu et malheur aux re-
belles!
Der ganze Klubb stuzte. Was willst du?
fragte ihn einer. Ich will Gottes Ehre und das
Recht des Königs verfechten, oder sterben! Ein
Mitglied der Versammlung, welches mit dem al-
ten Strudelkopf verwandt war, wollte ihn retten,
und wegbringen; aber er blieb, und schrie ohne
Aufhören: ich will sterben für Gottes Ehre und für
das Recht des Königs! Der Verwandte stellte ihm
ernstlich vor: Gott würde Gott bleiben, auch wenn
er für dessen Ehre nicht stürbe, und alle Könige
in der Welt würden sich klüglich hüten, für irgend
einen ihrer Unterthanen ihr Leben aufzuopfern; er
mögte also kein Narr seyn, und sich der Lebensge-
fahr für ihren Ex-König nicht aussetzen. Als
Priester sollte er lieber mit gutem Beyspiele vorge-
hen, und sich dem Willen der Nation unterwerfen. --
Alles vergebens: er wiederholte seine erste Betheu-
tung, und nun ergriff man ihn, führte ihn ins
Gefängniß, klagte ihn an, und er starb unter der
Guillotine. "Gott und König" waren seine lezten
Worte.

Ebenfalls in Dijon riß ein Priester die öffent-
lich angeschlagnen Dekrete des Konvents ab, und

Vierter Theil R

Zu Dijon z. B. trat ein alter eisgrauer Prieſter
in die Verſammlung der Jakobiner mit den Wor-
ten: honneur et gloire à Dieu et malheur aux re-
belles!
Der ganze Klubb ſtuzte. Was willſt du?
fragte ihn einer. Ich will Gottes Ehre und das
Recht des Koͤnigs verfechten, oder ſterben! Ein
Mitglied der Verſammlung, welches mit dem al-
ten Strudelkopf verwandt war, wollte ihn retten,
und wegbringen; aber er blieb, und ſchrie ohne
Aufhoͤren: ich will ſterben fuͤr Gottes Ehre und fuͤr
das Recht des Koͤnigs! Der Verwandte ſtellte ihm
ernſtlich vor: Gott wuͤrde Gott bleiben, auch wenn
er fuͤr deſſen Ehre nicht ſtuͤrbe, und alle Koͤnige
in der Welt wuͤrden ſich kluͤglich huͤten, fuͤr irgend
einen ihrer Unterthanen ihr Leben aufzuopfern; er
moͤgte alſo kein Narr ſeyn, und ſich der Lebensge-
fahr fuͤr ihren Ex-Koͤnig nicht ausſetzen. Als
Prieſter ſollte er lieber mit gutem Beyſpiele vorge-
hen, und ſich dem Willen der Nation unterwerfen. —
Alles vergebens: er wiederholte ſeine erſte Betheu-
tung, und nun ergriff man ihn, fuͤhrte ihn ins
Gefaͤngniß, klagte ihn an, und er ſtarb unter der
Guillotine. „Gott und Koͤnig“ waren ſeine lezten
Worte.

Ebenfalls in Dijon riß ein Prieſter die oͤffent-
lich angeſchlagnen Dekrete des Konvents ab, und

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[257/0261] Zu Dijon z. B. trat ein alter eisgrauer Prieſter in die Verſammlung der Jakobiner mit den Wor- ten: honneur et gloire à Dieu et malheur aux re- belles! Der ganze Klubb ſtuzte. Was willſt du? fragte ihn einer. Ich will Gottes Ehre und das Recht des Koͤnigs verfechten, oder ſterben! Ein Mitglied der Verſammlung, welches mit dem al- ten Strudelkopf verwandt war, wollte ihn retten, und wegbringen; aber er blieb, und ſchrie ohne Aufhoͤren: ich will ſterben fuͤr Gottes Ehre und fuͤr das Recht des Koͤnigs! Der Verwandte ſtellte ihm ernſtlich vor: Gott wuͤrde Gott bleiben, auch wenn er fuͤr deſſen Ehre nicht ſtuͤrbe, und alle Koͤnige in der Welt wuͤrden ſich kluͤglich huͤten, fuͤr irgend einen ihrer Unterthanen ihr Leben aufzuopfern; er moͤgte alſo kein Narr ſeyn, und ſich der Lebensge- fahr fuͤr ihren Ex-Koͤnig nicht ausſetzen. Als Prieſter ſollte er lieber mit gutem Beyſpiele vorge- hen, und ſich dem Willen der Nation unterwerfen. — Alles vergebens: er wiederholte ſeine erſte Betheu- tung, und nun ergriff man ihn, fuͤhrte ihn ins Gefaͤngniß, klagte ihn an, und er ſtarb unter der Guillotine. „Gott und Koͤnig“ waren ſeine lezten Worte. Ebenfalls in Dijon riß ein Prieſter die oͤffent- lich angeſchlagnen Dekrete des Konvents ab, und Vierter Theil R

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/261>, abgerufen am 16.06.2024.