So stand es mit Dentzel, als ich in Landau ankam, und meine Leser bescheiden sich schon von selbst, daß meine Mission viele Schwierigkeiten haben mußte. Ich fühlte dieß gleich selbst, und doch war ich dumm oder unbesonnen genug, einen Streich ausführen zu wollen, für Andere, der mir nicht gelingen, wenigstens nur äußerst schwer gelingen konnte, und Vortheile für mich aufzu- geben, die ich weit leichter und gewisser hätte be- wirken können. Pfui über mich und meine kurz- sichtige Gutmüthigkeit! Wenn ich noch jezt daran denke, mögt' ich mir allemal vor die Stirn schla- gen vor Aerger, daß ich die schickliche Gelegenheit, die ich damals auf mehr als eine Art in Händen hatte, mich bey der Republik zu insinuiren, und mein Glück zu machen, so fahren ließ, und einem Hirngespinste nachrann, welches mir weiter nichts als Gefahr und Noth gewirkt, und mich beynahe verrückt gemacht hat! Aber wie es geht! Wenn die Sache vorbey ist, dann erst sieht man ein, wie man sie zu seinem Vortheile hätte nutzen können. Doch, wer ändert das Vergangne! --
Ich besuchte Dentzel zwey Tage nach meiner Ankunft förmlich, und da führten wir folgendes Gespräch:
Dentzel. Ja, ich glaube beynahe selbst, daß Landau noch am Ende den Deutschen in die
So ſtand es mit Dentzel, als ich in Landau ankam, und meine Leſer beſcheiden ſich ſchon von ſelbſt, daß meine Miſſion viele Schwierigkeiten haben mußte. Ich fuͤhlte dieß gleich ſelbſt, und doch war ich dumm oder unbeſonnen genug, einen Streich ausfuͤhren zu wollen, fuͤr Andere, der mir nicht gelingen, wenigſtens nur aͤußerſt ſchwer gelingen konnte, und Vortheile fuͤr mich aufzu- geben, die ich weit leichter und gewiſſer haͤtte be- wirken koͤnnen. Pfui uͤber mich und meine kurz- ſichtige Gutmuͤthigkeit! Wenn ich noch jezt daran denke, moͤgt' ich mir allemal vor die Stirn ſchla- gen vor Aerger, daß ich die ſchickliche Gelegenheit, die ich damals auf mehr als eine Art in Haͤnden hatte, mich bey der Republik zu inſinuiren, und mein Gluͤck zu machen, ſo fahren ließ, und einem Hirngeſpinſte nachrann, welches mir weiter nichts als Gefahr und Noth gewirkt, und mich beynahe verruͤckt gemacht hat! Aber wie es geht! Wenn die Sache vorbey iſt, dann erſt ſieht man ein, wie man ſie zu ſeinem Vortheile haͤtte nutzen koͤnnen. Doch, wer aͤndert das Vergangne! —
Ich beſuchte Dentzel zwey Tage nach meiner Ankunft foͤrmlich, und da fuͤhrten wir folgendes Geſpraͤch:
Dentzel. Ja, ich glaube beynahe ſelbſt, daß Landau noch am Ende den Deutſchen in die
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So ſtand es mit Dentzel, als ich in Landau
ankam, und meine Leſer beſcheiden ſich ſchon von
ſelbſt, daß meine Miſſion viele Schwierigkeiten
haben mußte. Ich fuͤhlte dieß gleich ſelbſt, und
doch war ich dumm oder unbeſonnen genug, einen
Streich ausfuͤhren zu wollen, fuͤr Andere, der
mir nicht gelingen, wenigſtens nur aͤußerſt ſchwer
gelingen konnte, und Vortheile fuͤr mich aufzu-
geben, die ich weit leichter und gewiſſer haͤtte be-
wirken koͤnnen. Pfui uͤber mich und meine kurz-
ſichtige Gutmuͤthigkeit! Wenn ich noch jezt daran
denke, moͤgt' ich mir allemal vor die Stirn ſchla-
gen vor Aerger, daß ich die ſchickliche Gelegenheit,
die ich damals auf mehr als eine Art in Haͤnden
hatte, mich bey der Republik zu inſinuiren, und
mein Gluͤck zu machen, ſo fahren ließ, und einem
Hirngeſpinſte nachrann, welches mir weiter nichts
als Gefahr und Noth gewirkt, und mich beynahe
verruͤckt gemacht hat! Aber wie es geht! Wenn
die Sache vorbey iſt, dann erſt ſieht man ein, wie
man ſie zu ſeinem Vortheile haͤtte nutzen koͤnnen.
Doch, wer aͤndert das Vergangne! —
Ich beſuchte Dentzel zwey Tage nach meiner
Ankunft foͤrmlich, und da fuͤhrten wir folgendes
Geſpraͤch:
Dentzel. Ja, ich glaube beynahe ſelbſt, daß
Landau noch am Ende den Deutſchen in die
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/30>, abgerufen am 23.11.2024.
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