tafel hervor, gab mir ein Assignat von 25 Livres und ging mit einem derben Händedruck von dannen. Eine halbe Stunde darauf kam jemand, und brachte mir eine hübsche Flasche Schnapps und ohngefähr drey Pfund geräuchertes Fleisch, welches mir der Proku- rator auf den Weg bringen ließ.
Wegen der Schreibtafel muß ich erinnern, daß es uns Deutschen anfangs schnurrig vorkam, wenn wir einen Franzosen bezahlen sahen. Bey uns zieht man den Beutel, oder holt die Münze aus dem Hosensack; in Frankreich aber zog man die Schreib- tafel und langte Papiergeld heraus. Mit klingen- der Münze bezahlte man fast gar nicht mehr, nicht, als wenn die Leute kein baares Geld mehr gehabt hätten, sondern weil sie dieses an sich halten, so lange sie noch Papiergeld haben. Man kann über- dem eine Million Livres in einer Schreibtafel leicht herum tragen, wenn man vielgeltende Assignaten hat, aber eine Million baares Geld können mehrere Personen kaum fortbringen, sollt' es auch eitel Gold seyn.
Den Jakobinerklub in Colmar habe ich in Ge- sellschaft des Hauptmanns Landrin auch besucht. Er wurde in einer Kirche gehalten, wo man Sitze in Form eines Amphitheaters angebracht hatte. In der Mitte war die Rednerbühne. In der er-
tafel hervor, gab mir ein Aſſignat von 25 Livres und ging mit einem derben Haͤndedruck von dannen. Eine halbe Stunde darauf kam jemand, und brachte mir eine huͤbſche Flaſche Schnapps und ohngefaͤhr drey Pfund geraͤuchertes Fleiſch, welches mir der Proku- rator auf den Weg bringen ließ.
Wegen der Schreibtafel muß ich erinnern, daß es uns Deutſchen anfangs ſchnurrig vorkam, wenn wir einen Franzoſen bezahlen ſahen. Bey uns zieht man den Beutel, oder holt die Muͤnze aus dem Hoſenſack; in Frankreich aber zog man die Schreib- tafel und langte Papiergeld heraus. Mit klingen- der Muͤnze bezahlte man faſt gar nicht mehr, nicht, als wenn die Leute kein baares Geld mehr gehabt haͤtten, ſondern weil ſie dieſes an ſich halten, ſo lange ſie noch Papiergeld haben. Man kann uͤber- dem eine Million Livres in einer Schreibtafel leicht herum tragen, wenn man vielgeltende Aſſignaten hat, aber eine Million baares Geld koͤnnen mehrere Perſonen kaum fortbringen, ſollt' es auch eitel Gold ſeyn.
Den Jakobinerklub in Colmar habe ich in Ge- ſellſchaft des Hauptmanns Landrin auch beſucht. Er wurde in einer Kirche gehalten, wo man Sitze in Form eines Amphitheaters angebracht hatte. In der Mitte war die Rednerbuͤhne. In der er-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0317"n="313"/>
tafel hervor, gab mir ein Aſſignat von 25 Livres und<lb/>
ging mit einem derben Haͤndedruck von dannen. Eine<lb/>
halbe Stunde darauf kam jemand, und brachte mir<lb/>
eine huͤbſche Flaſche Schnapps und ohngefaͤhr drey<lb/>
Pfund geraͤuchertes Fleiſch, welches mir der Proku-<lb/>
rator auf den Weg bringen ließ.</p><lb/><p>Wegen der Schreibtafel muß ich erinnern, daß<lb/>
es uns Deutſchen anfangs ſchnurrig vorkam, wenn<lb/>
wir einen Franzoſen bezahlen ſahen. Bey uns zieht<lb/>
man den Beutel, oder holt die Muͤnze aus dem<lb/>
Hoſenſack; in Frankreich aber zog man die Schreib-<lb/>
tafel und langte Papiergeld heraus. Mit klingen-<lb/>
der Muͤnze bezahlte man faſt gar nicht mehr, nicht,<lb/>
als wenn die Leute kein baares Geld mehr gehabt<lb/>
haͤtten, ſondern weil ſie dieſes an ſich halten, ſo<lb/>
lange ſie noch Papiergeld haben. Man kann uͤber-<lb/>
dem eine Million Livres in einer Schreibtafel leicht<lb/>
herum tragen, wenn man vielgeltende Aſſignaten<lb/>
hat, aber eine Million baares Geld koͤnnen mehrere<lb/>
Perſonen kaum fortbringen, ſollt' es auch eitel Gold<lb/>ſeyn.</p><lb/><p>Den Jakobinerklub in Colmar habe ich in Ge-<lb/>ſellſchaft des Hauptmanns <hirendition="#g">Landrin</hi> auch beſucht.<lb/>
Er wurde in einer Kirche gehalten, wo man Sitze<lb/>
in Form eines Amphitheaters angebracht hatte.<lb/>
In der Mitte war die Rednerbuͤhne. In der er-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[313/0317]
tafel hervor, gab mir ein Aſſignat von 25 Livres und
ging mit einem derben Haͤndedruck von dannen. Eine
halbe Stunde darauf kam jemand, und brachte mir
eine huͤbſche Flaſche Schnapps und ohngefaͤhr drey
Pfund geraͤuchertes Fleiſch, welches mir der Proku-
rator auf den Weg bringen ließ.
Wegen der Schreibtafel muß ich erinnern, daß
es uns Deutſchen anfangs ſchnurrig vorkam, wenn
wir einen Franzoſen bezahlen ſahen. Bey uns zieht
man den Beutel, oder holt die Muͤnze aus dem
Hoſenſack; in Frankreich aber zog man die Schreib-
tafel und langte Papiergeld heraus. Mit klingen-
der Muͤnze bezahlte man faſt gar nicht mehr, nicht,
als wenn die Leute kein baares Geld mehr gehabt
haͤtten, ſondern weil ſie dieſes an ſich halten, ſo
lange ſie noch Papiergeld haben. Man kann uͤber-
dem eine Million Livres in einer Schreibtafel leicht
herum tragen, wenn man vielgeltende Aſſignaten
hat, aber eine Million baares Geld koͤnnen mehrere
Perſonen kaum fortbringen, ſollt' es auch eitel Gold
ſeyn.
Den Jakobinerklub in Colmar habe ich in Ge-
ſellſchaft des Hauptmanns Landrin auch beſucht.
Er wurde in einer Kirche gehalten, wo man Sitze
in Form eines Amphitheaters angebracht hatte.
In der Mitte war die Rednerbuͤhne. In der er-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/317>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.