Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

heilsame Grundfeste ihrer Glückseligkeit werden völ-
lig kennen gelernt haben.

Ich: Aber wann wird das geschehen?

Landrin: Sobald die französische Republik
ihren Völkern den Beweis gegeben haben wird, daß
wahre Moral nur in einem freyen Staate öffentlich
das wahre Glück der Menschen machen kann. In
Staaten, wo Despoten regieren, kann nur die
Tugend d. i. das innere Bewußtseyn, Gutes ge-
than zu haben, und noch ferner Gutes thun zu
wollen, die wenigen Weisen beglücken, die sich da
finden. Aber im Freystaat macht die Erfüllung
der gesellschaftlichen Pflichten auch äußerlich glück-
lich, giebt Wohlstand, macht geehrt, beliebt,
kurz, macht den Menschen so, wie er gern seyn
mögte. Sag mir einmal, warum in einer Stadt,
worin 3000 Handwerksleute sind, doch wenigstens
2900 fleißig arbeiten?

Ich: Weil ihre Arbeit sie nährt.

Landrin: Schön! Nun nimm an, die Aus-
übung unsrer Pflichten nähre uns, d. i. mache uns
nicht im Innern -- denn so ein Glück ist für die
meisten Menschen zu hoch -- sondern im Aeußern
vollkommen glücklich, versetze uns in Wohlstand
u. s. w: so wirst du finden, daß auch von 3000
Menschen allemal 2900 und noch mehrere recht-
schaffne Männer seyn werden.


heilſame Grundfeſte ihrer Gluͤckſeligkeit werden voͤl-
lig kennen gelernt haben.

Ich: Aber wann wird das geſchehen?

Landrin: Sobald die franzoͤſiſche Republik
ihren Voͤlkern den Beweis gegeben haben wird, daß
wahre Moral nur in einem freyen Staate oͤffentlich
das wahre Gluͤck der Menſchen machen kann. In
Staaten, wo Deſpoten regieren, kann nur die
Tugend d. i. das innere Bewußtſeyn, Gutes ge-
than zu haben, und noch ferner Gutes thun zu
wollen, die wenigen Weiſen begluͤcken, die ſich da
finden. Aber im Freyſtaat macht die Erfuͤllung
der geſellſchaftlichen Pflichten auch aͤußerlich gluͤck-
lich, giebt Wohlſtand, macht geehrt, beliebt,
kurz, macht den Menſchen ſo, wie er gern ſeyn
moͤgte. Sag mir einmal, warum in einer Stadt,
worin 3000 Handwerksleute ſind, doch wenigſtens
2900 fleißig arbeiten?

Ich: Weil ihre Arbeit ſie naͤhrt.

Landrin: Schoͤn! Nun nimm an, die Aus-
uͤbung unſrer Pflichten naͤhre uns, d. i. mache uns
nicht im Innern — denn ſo ein Gluͤck iſt fuͤr die
meiſten Menſchen zu hoch — ſondern im Aeußern
vollkommen gluͤcklich, verſetze uns in Wohlſtand
u. ſ. w: ſo wirſt du finden, daß auch von 3000
Menſchen allemal 2900 und noch mehrere recht-
ſchaffne Maͤnner ſeyn werden.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0333" n="329"/>
heil&#x017F;ame Grundfe&#x017F;te ihrer Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit werden vo&#x0364;l-<lb/>
lig kennen gelernt haben.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Ich</hi>: Aber wann wird das ge&#x017F;chehen?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Landrin</hi>: Sobald die franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Republik<lb/>
ihren Vo&#x0364;lkern den Beweis gegeben haben wird, daß<lb/>
wahre Moral nur in einem freyen Staate o&#x0364;ffentlich<lb/>
das wahre Glu&#x0364;ck der Men&#x017F;chen machen kann. In<lb/>
Staaten, wo De&#x017F;poten regieren, kann nur die<lb/>
Tugend d. i. das innere Bewußt&#x017F;eyn, Gutes ge-<lb/>
than zu haben, und noch ferner Gutes thun zu<lb/>
wollen, die wenigen Wei&#x017F;en beglu&#x0364;cken, die &#x017F;ich da<lb/>
finden. Aber im Frey&#x017F;taat macht die Erfu&#x0364;llung<lb/>
der ge&#x017F;ell&#x017F;chaftlichen Pflichten auch a&#x0364;ußerlich glu&#x0364;ck-<lb/>
lich, giebt Wohl&#x017F;tand, macht geehrt, beliebt,<lb/>
kurz, macht den Men&#x017F;chen &#x017F;o, wie er gern &#x017F;eyn<lb/>
mo&#x0364;gte. Sag mir einmal, warum in einer Stadt,<lb/>
worin 3000 Handwerksleute &#x017F;ind, doch wenig&#x017F;tens<lb/>
2900 fleißig arbeiten?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Ich</hi>: Weil ihre Arbeit &#x017F;ie na&#x0364;hrt.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Landrin</hi>: Scho&#x0364;n! Nun nimm an, die Aus-<lb/>
u&#x0364;bung un&#x017F;rer Pflichten na&#x0364;hre uns, d. i. mache uns<lb/>
nicht im Innern &#x2014; denn &#x017F;o ein Glu&#x0364;ck i&#x017F;t fu&#x0364;r die<lb/>
mei&#x017F;ten Men&#x017F;chen zu hoch &#x2014; &#x017F;ondern im Aeußern<lb/>
vollkommen glu&#x0364;cklich, ver&#x017F;etze uns in Wohl&#x017F;tand<lb/>
u. &#x017F;. w: &#x017F;o wir&#x017F;t du finden, daß auch von 3000<lb/>
Men&#x017F;chen allemal 2900 und noch mehrere recht-<lb/>
&#x017F;chaffne Ma&#x0364;nner &#x017F;eyn werden.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[329/0333] heilſame Grundfeſte ihrer Gluͤckſeligkeit werden voͤl- lig kennen gelernt haben. Ich: Aber wann wird das geſchehen? Landrin: Sobald die franzoͤſiſche Republik ihren Voͤlkern den Beweis gegeben haben wird, daß wahre Moral nur in einem freyen Staate oͤffentlich das wahre Gluͤck der Menſchen machen kann. In Staaten, wo Deſpoten regieren, kann nur die Tugend d. i. das innere Bewußtſeyn, Gutes ge- than zu haben, und noch ferner Gutes thun zu wollen, die wenigen Weiſen begluͤcken, die ſich da finden. Aber im Freyſtaat macht die Erfuͤllung der geſellſchaftlichen Pflichten auch aͤußerlich gluͤck- lich, giebt Wohlſtand, macht geehrt, beliebt, kurz, macht den Menſchen ſo, wie er gern ſeyn moͤgte. Sag mir einmal, warum in einer Stadt, worin 3000 Handwerksleute ſind, doch wenigſtens 2900 fleißig arbeiten? Ich: Weil ihre Arbeit ſie naͤhrt. Landrin: Schoͤn! Nun nimm an, die Aus- uͤbung unſrer Pflichten naͤhre uns, d. i. mache uns nicht im Innern — denn ſo ein Gluͤck iſt fuͤr die meiſten Menſchen zu hoch — ſondern im Aeußern vollkommen gluͤcklich, verſetze uns in Wohlſtand u. ſ. w: ſo wirſt du finden, daß auch von 3000 Menſchen allemal 2900 und noch mehrere recht- ſchaffne Maͤnner ſeyn werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/333
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/333>, abgerufen am 21.11.2024.