Klappen, und [r]o[t]he[n] Aufschlägen und Kragen, nebst einer weißen Weste. Ich gab noch einen Kronen- thaler zu.
Frankreich war ehemals die Garderobe von ganz Europa: alles machte die französischen Flitter- Moden nach. Aber seit der Revolution hat die Er- findung der Moden in diesem Lande aufgehört: die Nation ist ernsthafter geworden. Jezt geht jeder, wie er will, doch schlicht und ungezwungen, wie es freye Männer ziemt. Die Meisten tragen die Kleidung der Volontärs, um im Fall der Noth zur Vertheidigung des Vaterlandes gleich bereit zu seyn. Dieß ist Pflicht für jeden, und jeder ist darauf ge- faßt und eingerichtet. Das Wort, Soldat, ist abgeschafft, und wenn man es hier und da auch noch hört: so hat es doch keine häßliche Nebenidee von Sklaverey, Sittenlosigkeit u. dgl.
Als ich aufgestanden war, gieng ich gleich zu Landrin: er sagte mir, daß wir den Nachmittag um 2 Uhr zum Kommissär gehen würden: ich mögte jezt nur die Stadt besehen. Ich that dieß, ich werde aber niemals eine Stadt oder Landschaft beschreiben, wodurch ich gekommen bin, es sey denn, daß mir etwas Besonderes aufgefallen wäre, wie man wei- terhin bey Lyon, Grenoble, Avignon u. s. w. sehen wird. Also halte ich mich auch bey Be- sancon nicht auf, wo ich doch bey Betrachtung der
Klappen, und [r]o[t]he[n] Aufſchlaͤgen und Kragen, nebſt einer weißen Weſte. Ich gab noch einen Kronen- thaler zu.
Frankreich war ehemals die Garderobe von ganz Europa: alles machte die franzoͤſiſchen Flitter- Moden nach. Aber ſeit der Revolution hat die Er- findung der Moden in dieſem Lande aufgehoͤrt: die Nation iſt ernſthafter geworden. Jezt geht jeder, wie er will, doch ſchlicht und ungezwungen, wie es freye Maͤnner ziemt. Die Meiſten tragen die Kleidung der Volontaͤrs, um im Fall der Noth zur Vertheidigung des Vaterlandes gleich bereit zu ſeyn. Dieß iſt Pflicht fuͤr jeden, und jeder iſt darauf ge- faßt und eingerichtet. Das Wort, Soldat, iſt abgeſchafft, und wenn man es hier und da auch noch hoͤrt: ſo hat es doch keine haͤßliche Nebenidee von Sklaverey, Sittenloſigkeit u. dgl.
Als ich aufgeſtanden war, gieng ich gleich zu Landrin: er ſagte mir, daß wir den Nachmittag um 2 Uhr zum Kommiſſaͤr gehen wuͤrden: ich moͤgte jezt nur die Stadt beſehen. Ich that dieß, ich werde aber niemals eine Stadt oder Landſchaft beſchreiben, wodurch ich gekommen bin, es ſey denn, daß mir etwas Beſonderes aufgefallen waͤre, wie man wei- terhin bey Lyon, Grenoble, Avignon u. ſ. w. ſehen wird. Alſo halte ich mich auch bey Be- ſançon nicht auf, wo ich doch bey Betrachtung der
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Klappen, und rothen Aufſchlaͤgen und Kragen, nebſt
einer weißen Weſte. Ich gab noch einen Kronen-
thaler zu.
Frankreich war ehemals die Garderobe von ganz
Europa: alles machte die franzoͤſiſchen Flitter-
Moden nach. Aber ſeit der Revolution hat die Er-
findung der Moden in dieſem Lande aufgehoͤrt: die
Nation iſt ernſthafter geworden. Jezt geht jeder,
wie er will, doch ſchlicht und ungezwungen, wie
es freye Maͤnner ziemt. Die Meiſten tragen die
Kleidung der Volontaͤrs, um im Fall der Noth zur
Vertheidigung des Vaterlandes gleich bereit zu ſeyn.
Dieß iſt Pflicht fuͤr jeden, und jeder iſt darauf ge-
faßt und eingerichtet. Das Wort, Soldat, iſt
abgeſchafft, und wenn man es hier und da auch noch
hoͤrt: ſo hat es doch keine haͤßliche Nebenidee von
Sklaverey, Sittenloſigkeit u. dgl.
Als ich aufgeſtanden war, gieng ich gleich zu
Landrin: er ſagte mir, daß wir den Nachmittag um
2 Uhr zum Kommiſſaͤr gehen wuͤrden: ich moͤgte jezt
nur die Stadt beſehen. Ich that dieß, ich werde
aber niemals eine Stadt oder Landſchaft beſchreiben,
wodurch ich gekommen bin, es ſey denn, daß mir
etwas Beſonderes aufgefallen waͤre, wie man wei-
terhin bey Lyon, Grenoble, Avignon u. ſ.
w. ſehen wird. Alſo halte ich mich auch bey Be-
ſançon nicht auf, wo ich doch bey Betrachtung der
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/337>, abgerufen am 22.11.2024.
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