oder zu unterhalten hat. Die Brücke soll vom h. Benezet, einem armen Schäfer, herrühren, von welchem die Legende gar viel zu erzählen weiß.
Das Comtat und die Stadt Avignon müssen jezt sehr viel gewinnen, da sie nun mit dem übri- gen Frankreich frey handeln können. Unter der vorigen Regierung war das nicht so: denn da muß- ten alle Waaren, welche im Comtat verfertigt wur- den, und alles Getraide, Wein, Oehl, Saffran, und was sonst von dort ausverfahren wurde, schwer verzollt werden. Aber das Unwesen mit dem Zoll, der Acc[ise] u. s. w. hat längst aufgehört.
Die Einwohner zu Avignon sind im ganzen brave, freundliche Leute, weit höflicher, als die im Delphinat, obschon auch diese ein ehrlicher Schlag Menschen sind. Ich wenigstens würde sehr un- dankbar seyn, wenn ich den Avinionesen nicht das Zeugniß einer großen Hospitalität geben wollte.
Als ich vom Kommissär zurück kam, der mich an den Repräsentanten gewiesen hatte, welcher damals in Avignon auf Mission war, ging ich, noch ungewiß, was ich thun sollte, in ein Wein- haus, und wechselte da im Stillen, weil das nicht gut öffentlich anging, einen halben Carolin gegen Papier. Der Wirth, welcher mir gewogen ward, weil ich ihm baares Geld brachte, rühmte mich öffentlich in der Stube gegen seine Gäste, als ei-
oder zu unterhalten hat. Die Bruͤcke ſoll vom h. Benezet, einem armen Schaͤfer, herruͤhren, von welchem die Legende gar viel zu erzaͤhlen weiß.
Das Comtat und die Stadt Avignon muͤſſen jezt ſehr viel gewinnen, da ſie nun mit dem uͤbri- gen Frankreich frey handeln koͤnnen. Unter der vorigen Regierung war das nicht ſo: denn da muß- ten alle Waaren, welche im Comtat verfertigt wur- den, und alles Getraide, Wein, Oehl, Saffran, und was ſonſt von dort ausverfahren wurde, ſchwer verzollt werden. Aber das Unweſen mit dem Zoll, der Acc[iſe] u. ſ. w. hat laͤngſt aufgehoͤrt.
Die Einwohner zu Avignon ſind im ganzen brave, freundliche Leute, weit hoͤflicher, als die im Delphinat, obſchon auch dieſe ein ehrlicher Schlag Menſchen ſind. Ich wenigſtens wuͤrde ſehr un- dankbar ſeyn, wenn ich den Avinioneſen nicht das Zeugniß einer großen Hoſpitalitaͤt geben wollte.
Als ich vom Kommiſſaͤr zuruͤck kam, der mich an den Repraͤſentanten gewieſen hatte, welcher damals in Avignon auf Miſſion war, ging ich, noch ungewiß, was ich thun ſollte, in ein Wein- haus, und wechſelte da im Stillen, weil das nicht gut oͤffentlich anging, einen halben Carolin gegen Papier. Der Wirth, welcher mir gewogen ward, weil ich ihm baares Geld brachte, ruͤhmte mich oͤffentlich in der Stube gegen ſeine Gaͤſte, als ei-
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oder zu unterhalten hat. Die Bruͤcke ſoll vom h.
Benezet, einem armen Schaͤfer, herruͤhren, von
welchem die Legende gar viel zu erzaͤhlen weiß.
Das Comtat und die Stadt Avignon muͤſſen
jezt ſehr viel gewinnen, da ſie nun mit dem uͤbri-
gen Frankreich frey handeln koͤnnen. Unter der
vorigen Regierung war das nicht ſo: denn da muß-
ten alle Waaren, welche im Comtat verfertigt wur-
den, und alles Getraide, Wein, Oehl, Saffran,
und was ſonſt von dort ausverfahren wurde, ſchwer
verzollt werden. Aber das Unweſen mit dem Zoll,
der Acciſe u. ſ. w. hat laͤngſt aufgehoͤrt.
Die Einwohner zu Avignon ſind im ganzen
brave, freundliche Leute, weit hoͤflicher, als die im
Delphinat, obſchon auch dieſe ein ehrlicher Schlag
Menſchen ſind. Ich wenigſtens wuͤrde ſehr un-
dankbar ſeyn, wenn ich den Avinioneſen nicht das
Zeugniß einer großen Hoſpitalitaͤt geben wollte.
Als ich vom Kommiſſaͤr zuruͤck kam, der mich
an den Repraͤſentanten gewieſen hatte, welcher
damals in Avignon auf Miſſion war, ging ich,
noch ungewiß, was ich thun ſollte, in ein Wein-
haus, und wechſelte da im Stillen, weil das nicht
gut oͤffentlich anging, einen halben Carolin gegen
Papier. Der Wirth, welcher mir gewogen ward,
weil ich ihm baares Geld brachte, ruͤhmte mich
oͤffentlich in der Stube gegen ſeine Gaͤſte, als ei-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/404>, abgerufen am 22.11.2024.
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