daß ich meinen Mann so unbefangen zurück erwar- tete. Endlich nach einer halben Stunde kam er, und brachte zwey Degen von gleicher Länge, wor- aus er mich einen wählen hieß. Ich nahm den ersten besten, und ohne weiter zu bramarbasiren, sogar ohne Sekundanten, welche überhaupt in Frankreich nicht Mode sind, gingen wir hinter das Haus in den Mondschein, und fingen an, auf ein- ander einzufechten. Mein Gegner war geschick- ter als ich, und beym dritten oder vierten Ausfall stieß er mich vorn in die Brust, daß ich rücklings zu Boden fiel, und alles Besinnen verlohr.
Als ich wieder zu mir kam, lag ich schon in der Wirthsstube auf einem Lehnsessel. Meine Klei- der und sogar mein Hemde waren ausgezogen, und meine Wunde gewaschen, und mit einem großen Stück Schwamm bedeckt, doch lief das Blut noch immerfort in meine langen Hosen.
Endlich kam der Chirurgus, den mein Gegner herbeygehohlt hatte, untersuchte die Wunde, und verband mich mit dem ausdrücklichen Befehl, mich in ein Bette zu legen, und ruhig zu bleiben: Früh wollte er wieder kommen. Mein Gegner versicherte ihn, daß er mich im Hause der Bürgerin -- ihr Name ist mir entfallen -- ohnweit dem Wirths- hause finden würde, und bath ihn sehr, ja früh wie- der zu kommen: er wolle alles bezahlen u. s. w.
daß ich meinen Mann ſo unbefangen zuruͤck erwar- tete. Endlich nach einer halben Stunde kam er, und brachte zwey Degen von gleicher Laͤnge, wor- aus er mich einen waͤhlen hieß. Ich nahm den erſten beſten, und ohne weiter zu bramarbaſiren, ſogar ohne Sekundanten, welche uͤberhaupt in Frankreich nicht Mode ſind, gingen wir hinter das Haus in den Mondſchein, und fingen an, auf ein- ander einzufechten. Mein Gegner war geſchick- ter als ich, und beym dritten oder vierten Ausfall ſtieß er mich vorn in die Bruſt, daß ich ruͤcklings zu Boden fiel, und alles Beſinnen verlohr.
Als ich wieder zu mir kam, lag ich ſchon in der Wirthsſtube auf einem Lehnſeſſel. Meine Klei- der und ſogar mein Hemde waren ausgezogen, und meine Wunde gewaſchen, und mit einem großen Stuͤck Schwamm bedeckt, doch lief das Blut noch immerfort in meine langen Hoſen.
Endlich kam der Chirurgus, den mein Gegner herbeygehohlt hatte, unterſuchte die Wunde, und verband mich mit dem ausdruͤcklichen Befehl, mich in ein Bette zu legen, und ruhig zu bleiben: Fruͤh wollte er wieder kommen. Mein Gegner verſicherte ihn, daß er mich im Hauſe der Buͤrgerin — ihr Name iſt mir entfallen — ohnweit dem Wirths- hauſe finden wuͤrde, und bath ihn ſehr, ja fruͤh wie- der zu kommen: er wolle alles bezahlen u. ſ. w.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0434"n="430"/>
daß ich meinen Mann ſo unbefangen zuruͤck erwar-<lb/>
tete. Endlich nach einer halben Stunde kam er,<lb/>
und brachte zwey Degen von gleicher Laͤnge, wor-<lb/>
aus er mich einen waͤhlen hieß. Ich nahm den<lb/>
erſten beſten, und ohne weiter zu bramarbaſiren,<lb/>ſogar ohne Sekundanten, welche uͤberhaupt in<lb/>
Frankreich nicht Mode ſind, gingen wir hinter das<lb/>
Haus in den Mondſchein, und fingen an, auf ein-<lb/>
ander einzufechten. Mein Gegner war geſchick-<lb/>
ter als ich, und beym dritten oder vierten Ausfall<lb/>ſtieß er mich vorn in die Bruſt, daß ich ruͤcklings<lb/>
zu Boden fiel, und alles Beſinnen verlohr.</p><lb/><p>Als ich wieder zu mir kam, lag ich ſchon in<lb/>
der Wirthsſtube auf einem Lehnſeſſel. Meine Klei-<lb/>
der und ſogar mein Hemde waren ausgezogen, und<lb/>
meine Wunde gewaſchen, und mit einem großen<lb/>
Stuͤck Schwamm bedeckt, doch lief das Blut noch<lb/>
immerfort in meine langen Hoſen.</p><lb/><p>Endlich kam der Chirurgus, den mein Gegner<lb/>
herbeygehohlt hatte, unterſuchte die Wunde, und<lb/>
verband mich mit dem ausdruͤcklichen Befehl, mich<lb/>
in ein Bette zu legen, und ruhig zu bleiben: Fruͤh<lb/>
wollte er wieder kommen. Mein Gegner verſicherte<lb/>
ihn, daß er mich im Hauſe der Buͤrgerin — ihr<lb/>
Name iſt mir entfallen — ohnweit dem Wirths-<lb/>
hauſe finden wuͤrde, und bath ihn ſehr, ja fruͤh wie-<lb/>
der zu kommen: er wolle alles bezahlen u. ſ. w.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[430/0434]
daß ich meinen Mann ſo unbefangen zuruͤck erwar-
tete. Endlich nach einer halben Stunde kam er,
und brachte zwey Degen von gleicher Laͤnge, wor-
aus er mich einen waͤhlen hieß. Ich nahm den
erſten beſten, und ohne weiter zu bramarbaſiren,
ſogar ohne Sekundanten, welche uͤberhaupt in
Frankreich nicht Mode ſind, gingen wir hinter das
Haus in den Mondſchein, und fingen an, auf ein-
ander einzufechten. Mein Gegner war geſchick-
ter als ich, und beym dritten oder vierten Ausfall
ſtieß er mich vorn in die Bruſt, daß ich ruͤcklings
zu Boden fiel, und alles Beſinnen verlohr.
Als ich wieder zu mir kam, lag ich ſchon in
der Wirthsſtube auf einem Lehnſeſſel. Meine Klei-
der und ſogar mein Hemde waren ausgezogen, und
meine Wunde gewaſchen, und mit einem großen
Stuͤck Schwamm bedeckt, doch lief das Blut noch
immerfort in meine langen Hoſen.
Endlich kam der Chirurgus, den mein Gegner
herbeygehohlt hatte, unterſuchte die Wunde, und
verband mich mit dem ausdruͤcklichen Befehl, mich
in ein Bette zu legen, und ruhig zu bleiben: Fruͤh
wollte er wieder kommen. Mein Gegner verſicherte
ihn, daß er mich im Hauſe der Buͤrgerin — ihr
Name iſt mir entfallen — ohnweit dem Wirths-
hauſe finden wuͤrde, und bath ihn ſehr, ja fruͤh wie-
der zu kommen: er wolle alles bezahlen u. ſ. w.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/434>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.