und sagte, sie sey nicht gefährlich: wäre sie aber nur etwas tiefer gegangen, so wäre ich foutu u. s. w. Der gute Mann hat sich sehr viel Mühe mit mir gegeben.
Meine Wirthin war eine recht brave Frau, die mich sehr bedauerte und alles that, was ich nur begehrte: sie gab mir sogar Wein zu trinken, ob es gleich der Wundarzt aufs strengste verboten hatte. Der Offizier besuchte mich recht fleißig und brachte immer gute Freunde mit, die er versicherte, ich sey ein braver Kerl, ich habe Courage, wie ein Fran- zose: fechten müßte ich nur noch lernen, dann würde kein sacre matin mir zu nahe kommen dürfen. Dann bedaurte er, daß er mit mir Händel ange- fangen hätte, schob alle Schuld auf den Wein, und ich vergab ihm nicht nur, sondern freute mich noch -- warum? weiß ich selbst nicht -- daß ich mich mit einem Ohnehosen geschlagen hatte. Man ist zuweilen recht kindisch sonderbar!
Meine Wunde besserte sich zusehends durch die Bemühung des Arztes, und schon am 4ten oder 5ten Tage konnte ich außer Bette seyn, und her- umgehen, aber das Haus zu verlassen -- wollte er durchaus nicht zugeben. Die Zeit ward mir aber sehr lange: denn meine meiste, angenehmste und nützlichste Beschäftigung in Frankreich war, alle
Vierter Theil. Ee
und ſagte, ſie ſey nicht gefaͤhrlich: waͤre ſie aber nur etwas tiefer gegangen, ſo waͤre ich foutu u. ſ. w. Der gute Mann hat ſich ſehr viel Muͤhe mit mir gegeben.
Meine Wirthin war eine recht brave Frau, die mich ſehr bedauerte und alles that, was ich nur begehrte: ſie gab mir ſogar Wein zu trinken, ob es gleich der Wundarzt aufs ſtrengſte verboten hatte. Der Offizier beſuchte mich recht fleißig und brachte immer gute Freunde mit, die er verſicherte, ich ſey ein braver Kerl, ich habe Courage, wie ein Fran- zoſe: fechten muͤßte ich nur noch lernen, dann wuͤrde kein ſacrè mâtin mir zu nahe kommen duͤrfen. Dann bedaurte er, daß er mit mir Haͤndel ange- fangen haͤtte, ſchob alle Schuld auf den Wein, und ich vergab ihm nicht nur, ſondern freute mich noch — warum? weiß ich ſelbſt nicht — daß ich mich mit einem Ohnehoſen geſchlagen hatte. Man iſt zuweilen recht kindiſch ſonderbar!
Meine Wunde beſſerte ſich zuſehends durch die Bemuͤhung des Arztes, und ſchon am 4ten oder 5ten Tage konnte ich außer Bette ſeyn, und her- umgehen, aber das Haus zu verlaſſen — wollte er durchaus nicht zugeben. Die Zeit ward mir aber ſehr lange: denn meine meiſte, angenehmſte und nuͤtzlichſte Beſchaͤftigung in Frankreich war, alle
Vierter Theil. Ee
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und ſagte, ſie ſey nicht gefaͤhrlich: waͤre ſie aber nur
etwas tiefer gegangen, ſo waͤre ich foutu u. ſ. w.
Der gute Mann hat ſich ſehr viel Muͤhe mit mir
gegeben.
Meine Wirthin war eine recht brave Frau, die
mich ſehr bedauerte und alles that, was ich nur
begehrte: ſie gab mir ſogar Wein zu trinken, ob
es gleich der Wundarzt aufs ſtrengſte verboten hatte.
Der Offizier beſuchte mich recht fleißig und brachte
immer gute Freunde mit, die er verſicherte, ich ſey
ein braver Kerl, ich habe Courage, wie ein Fran-
zoſe: fechten muͤßte ich nur noch lernen, dann
wuͤrde kein ſacrè mâtin mir zu nahe kommen duͤrfen.
Dann bedaurte er, daß er mit mir Haͤndel ange-
fangen haͤtte, ſchob alle Schuld auf den Wein,
und ich vergab ihm nicht nur, ſondern freute mich
noch — warum? weiß ich ſelbſt nicht — daß ich
mich mit einem Ohnehoſen geſchlagen hatte. Man
iſt zuweilen recht kindiſch ſonderbar!
Meine Wunde beſſerte ſich zuſehends durch die
Bemuͤhung des Arztes, und ſchon am 4ten oder
5ten Tage konnte ich außer Bette ſeyn, und her-
umgehen, aber das Haus zu verlaſſen — wollte
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/437>, abgerufen am 22.11.2024.
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