Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Ich legte mich erst späte nieder, und schlief
noch weniger. Ohngefähr um zwey Uhr nach Mit-
ternacht kam der Gemeinde-Bote und foderte mich
aufs Rathhaus oder Gemeinhaus. Ich erschrack
anfangs nicht wenig, faßte mich jedoch bald, und
fragte: was man mit mir wollte? Das weis ich
nicht, erwiederte der Gemeinde-Bote: ich soll
dich hier nur abholen. Ich folgte dem Menschen
bis in die Gerichtsstube.

Man hielt da gerade einen sogenannten Sicher-
heits- oder Kriegsrath (Conseil de defense), wo-
bey der General Laubadere auch gegenwärtig
war, aber kein Wort hören ließ. Man foderte
mich sofort vor die Schranken, und legte mir fol-
gende Fragen vor: "Ob und seit wann ich Den-
tzel kennte? Ob ich ehedem starken Umgang mit
ihm gehabt -- Ob ich seit dem Anfange der Revo-
lution an ihn geschrieben -- Ob ich Briefe von ihm
erhalten hätte? Ob mich der preußische General
Mannstein -- ich begreife noch immer nicht
recht, wie man hier auf den General Mannstein
gekommen ist! Mannstein war, so viel ich mich
entsinne, damals nicht bey Landau, wenigstens
habe ich ihn nicht gesehen, und er hat überhaupt
eben nicht gar großen Einfluß bey der Preußischen
Armee gehabt, besonders nachdem das, was zwi-

Ich legte mich erſt ſpaͤte nieder, und ſchlief
noch weniger. Ohngefaͤhr um zwey Uhr nach Mit-
ternacht kam der Gemeinde-Bote und foderte mich
aufs Rathhaus oder Gemeinhaus. Ich erſchrack
anfangs nicht wenig, faßte mich jedoch bald, und
fragte: was man mit mir wollte? Das weis ich
nicht, erwiederte der Gemeinde-Bote: ich ſoll
dich hier nur abholen. Ich folgte dem Menſchen
bis in die Gerichtsſtube.

Man hielt da gerade einen ſogenannten Sicher-
heits- oder Kriegsrath (Conſeil de défenſe), wo-
bey der General Laubadere auch gegenwaͤrtig
war, aber kein Wort hoͤren ließ. Man foderte
mich ſofort vor die Schranken, und legte mir fol-
gende Fragen vor: „Ob und ſeit wann ich Den-
tzel kennte? Ob ich ehedem ſtarken Umgang mit
ihm gehabt — Ob ich ſeit dem Anfange der Revo-
lution an ihn geſchrieben — Ob ich Briefe von ihm
erhalten haͤtte? Ob mich der preußiſche General
Mannſtein — ich begreife noch immer nicht
recht, wie man hier auf den General Mannſtein
gekommen iſt! Mannſtein war, ſo viel ich mich
entſinne, damals nicht bey Landau, wenigſtens
habe ich ihn nicht geſehen, und er hat uͤberhaupt
eben nicht gar großen Einfluß bey der Preußiſchen
Armee gehabt, beſonders nachdem das, was zwi-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0047" n="43"/>
        <p>Ich legte mich er&#x017F;t &#x017F;pa&#x0364;te nieder, und &#x017F;chlief<lb/>
noch weniger. Ohngefa&#x0364;hr um zwey Uhr nach Mit-<lb/>
ternacht kam der Gemeinde-Bote und foderte mich<lb/>
aufs Rathhaus oder Gemeinhaus. Ich er&#x017F;chrack<lb/>
anfangs nicht wenig, faßte mich jedoch bald, und<lb/>
fragte: was man mit mir wollte? Das weis ich<lb/>
nicht, erwiederte der Gemeinde-Bote: ich &#x017F;oll<lb/>
dich hier nur abholen. Ich folgte dem Men&#x017F;chen<lb/>
bis in die Gerichts&#x017F;tube.</p><lb/>
        <p>Man hielt da gerade einen &#x017F;ogenannten Sicher-<lb/>
heits- oder Kriegsrath (<hi rendition="#aq">Con&#x017F;eil de défen&#x017F;e</hi>), wo-<lb/>
bey der General <hi rendition="#g">Laubadere</hi> auch gegenwa&#x0364;rtig<lb/>
war, aber kein Wort ho&#x0364;ren ließ. Man foderte<lb/>
mich &#x017F;ofort vor die Schranken, und legte mir fol-<lb/>
gende Fragen vor: &#x201E;Ob und &#x017F;eit wann ich <hi rendition="#g">Den</hi>-<lb/><hi rendition="#g">tzel</hi> kennte? Ob ich ehedem &#x017F;tarken Umgang mit<lb/>
ihm gehabt &#x2014; Ob ich &#x017F;eit dem Anfange der Revo-<lb/>
lution an ihn ge&#x017F;chrieben &#x2014; Ob ich Briefe von ihm<lb/>
erhalten ha&#x0364;tte? Ob mich der preußi&#x017F;che General<lb/><hi rendition="#g">Mann&#x017F;tein</hi> &#x2014; ich begreife noch immer nicht<lb/>
recht, wie man hier auf den General <hi rendition="#g">Mann&#x017F;tein</hi><lb/>
gekommen i&#x017F;t! <hi rendition="#g">Mann&#x017F;tein</hi> war, &#x017F;o viel ich mich<lb/>
ent&#x017F;inne, damals nicht bey Landau, wenig&#x017F;tens<lb/>
habe ich ihn nicht ge&#x017F;ehen, und er hat u&#x0364;berhaupt<lb/>
eben nicht gar großen Einfluß bey der Preußi&#x017F;chen<lb/>
Armee gehabt, be&#x017F;onders nachdem das, was zwi-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0047] Ich legte mich erſt ſpaͤte nieder, und ſchlief noch weniger. Ohngefaͤhr um zwey Uhr nach Mit- ternacht kam der Gemeinde-Bote und foderte mich aufs Rathhaus oder Gemeinhaus. Ich erſchrack anfangs nicht wenig, faßte mich jedoch bald, und fragte: was man mit mir wollte? Das weis ich nicht, erwiederte der Gemeinde-Bote: ich ſoll dich hier nur abholen. Ich folgte dem Menſchen bis in die Gerichtsſtube. Man hielt da gerade einen ſogenannten Sicher- heits- oder Kriegsrath (Conſeil de défenſe), wo- bey der General Laubadere auch gegenwaͤrtig war, aber kein Wort hoͤren ließ. Man foderte mich ſofort vor die Schranken, und legte mir fol- gende Fragen vor: „Ob und ſeit wann ich Den- tzel kennte? Ob ich ehedem ſtarken Umgang mit ihm gehabt — Ob ich ſeit dem Anfange der Revo- lution an ihn geſchrieben — Ob ich Briefe von ihm erhalten haͤtte? Ob mich der preußiſche General Mannſtein — ich begreife noch immer nicht recht, wie man hier auf den General Mannſtein gekommen iſt! Mannſtein war, ſo viel ich mich entſinne, damals nicht bey Landau, wenigſtens habe ich ihn nicht geſehen, und er hat uͤberhaupt eben nicht gar großen Einfluß bey der Preußiſchen Armee gehabt, beſonders nachdem das, was zwi-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/47
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/47>, abgerufen am 23.11.2024.