Conciergerie gebracht wurde. *) Man kann sich mein Erstaunen kaum vorstellen. Ich bath den Bürger Villet, der die Aufsicht über dieses große Gefängniß hatte, den Kommendant Belin doch in meinem Namen bitten zu lassen, daß er zu mir kom- men wolle; und dieser ehrliche Mann kam nach ei- ner Stunde.
Sage mir, schrie ich ihm entgegen, warum ich hier bin?
Er: Das weiß ich selbst nicht.
Ich: Ich habe doch nichts verbrochen?
Er: Hier, soviel ich weiß, nicht das ge- ringste.
Ich: Aber wer hat mich denn arretiren lassen?
Er: Der Wohlfahrtsausschuß.
Ich: Der Wohlfahrtsausschuß? Wie so?
Er: Diesen Morgen schickte der Märe zu mir, daß ich ihm die Person eines Deserteurs, Namens Laukhard, der bey Landau von den Preußen de- sertirt sey, kenntlich machen mögte: ich habe die- ses gethan, und thun müssen, wie du weißt; und so bist du arretirt worden.
Ich: Ich verstehe von dem allen kein Wort!
*)Conciergerie ist in Frankreich ohngefähr das, was die Ha[aus]- [vogtey] in Berlin ist.
Conciergerie gebracht wurde. *) Man kann ſich mein Erſtaunen kaum vorſtellen. Ich bath den Buͤrger Villet, der die Aufſicht uͤber dieſes große Gefaͤngniß hatte, den Kommendant Belin doch in meinem Namen bitten zu laſſen, daß er zu mir kom- men wolle; und dieſer ehrliche Mann kam nach ei- ner Stunde.
Sage mir, ſchrie ich ihm entgegen, warum ich hier bin?
Er: Das weiß ich ſelbſt nicht.
Ich: Ich habe doch nichts verbrochen?
Er: Hier, ſoviel ich weiß, nicht das ge- ringſte.
Ich: Aber wer hat mich denn arretiren laſſen?
Er: Der Wohlfahrtsausſchuß.
Ich: Der Wohlfahrtsausſchuß? Wie ſo?
Er: Dieſen Morgen ſchickte der Maͤre zu mir, daß ich ihm die Perſon eines Deſerteurs, Namens Laukhard, der bey Landau von den Preußen de- ſertirt ſey, kenntlich machen moͤgte: ich habe die- ſes gethan, und thun muͤſſen, wie du weißt; und ſo biſt du arretirt worden.
Ich: Ich verſtehe von dem allen kein Wort!
*)Conciergerie iſt in Frankreich ohngefähr das, was die Ha[aus]- [vogtey] in Berlin iſt.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0510"n="506"/>
Conciergerie gebracht wurde. <noteplace="foot"n="*)"><hirendition="#aq">Conciergerie</hi> iſt in Frankreich ohngefähr das, was die Ha<supplied>aus</supplied>-<lb/><supplied>vogtey</supplied> in Berlin iſt.</note> Man kann ſich<lb/>
mein Erſtaunen kaum vorſtellen. Ich bath den<lb/>
Buͤrger Villet, der die Aufſicht uͤber dieſes große<lb/>
Gefaͤngniß hatte, den Kommendant Belin doch in<lb/>
meinem Namen bitten zu laſſen, daß er zu mir kom-<lb/>
men wolle; und dieſer ehrliche Mann kam nach ei-<lb/>
ner Stunde.</p><lb/><p>Sage mir, ſchrie ich ihm entgegen, warum<lb/>
ich hier bin?</p><lb/><p><hirendition="#g">Er</hi>: Das weiß ich ſelbſt nicht.</p><lb/><p><hirendition="#g">Ich</hi>: Ich habe doch nichts verbrochen?</p><lb/><p><hirendition="#g">Er</hi>: Hier, ſoviel ich weiß, nicht das ge-<lb/>
ringſte.</p><lb/><p><hirendition="#g">Ich</hi>: Aber wer hat mich denn arretiren laſſen?</p><lb/><p><hirendition="#g">Er</hi>: Der Wohlfahrtsausſchuß.</p><lb/><p><hirendition="#g">Ich</hi>: Der Wohlfahrtsausſchuß? Wie ſo?</p><lb/><p><hirendition="#g">Er</hi>: Dieſen Morgen ſchickte der Maͤre zu mir,<lb/>
daß ich ihm die Perſon eines Deſerteurs, Namens<lb/>
Laukhard, der bey <hirendition="#g">Landau</hi> von den Preußen de-<lb/>ſertirt ſey, kenntlich machen moͤgte: ich habe die-<lb/>ſes gethan, und thun muͤſſen, wie du weißt; und<lb/>ſo biſt du arretirt worden.</p><lb/><p><hirendition="#g">Ich</hi>: Ich verſtehe von dem allen kein Wort!</p><lb/></div></body></text></TEI>
[506/0510]
Conciergerie gebracht wurde. *) Man kann ſich
mein Erſtaunen kaum vorſtellen. Ich bath den
Buͤrger Villet, der die Aufſicht uͤber dieſes große
Gefaͤngniß hatte, den Kommendant Belin doch in
meinem Namen bitten zu laſſen, daß er zu mir kom-
men wolle; und dieſer ehrliche Mann kam nach ei-
ner Stunde.
Sage mir, ſchrie ich ihm entgegen, warum
ich hier bin?
Er: Das weiß ich ſelbſt nicht.
Ich: Ich habe doch nichts verbrochen?
Er: Hier, ſoviel ich weiß, nicht das ge-
ringſte.
Ich: Aber wer hat mich denn arretiren laſſen?
Er: Der Wohlfahrtsausſchuß.
Ich: Der Wohlfahrtsausſchuß? Wie ſo?
Er: Dieſen Morgen ſchickte der Maͤre zu mir,
daß ich ihm die Perſon eines Deſerteurs, Namens
Laukhard, der bey Landau von den Preußen de-
ſertirt ſey, kenntlich machen moͤgte: ich habe die-
ſes gethan, und thun muͤſſen, wie du weißt; und
ſo biſt du arretirt worden.
Ich: Ich verſtehe von dem allen kein Wort!
*) Conciergerie iſt in Frankreich ohngefähr das, was die Haaus-
vogtey in Berlin iſt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/510>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.