etwas Interessantes von ihm erfahren. Unter an- derm einmal Folgendes:
Ein vornehmer Bankier aus Genf, Namens Rilliet, Vetter der reichen Gebrüder Rilliet zu Paris, welcher in seiner Jugend viele Geschäfte, besonders in Frankreich und Italien gemacht, und seine beste Zeit auf Reisen verlebt hatte, heurathete ohngefähr im Jahr 1786 ein armes Fräulein von Planta. Rilliet that dieß, um durch den Adel seiner Frau sich mitzuadeln: denn in dem damals aristokratischen Genf war die erztolle Gewohnheit, daß die Männer sich nach ihren adelichen Weibern auch adelich schrieben. So hätte denn dieser Herr Bankier Rilliet, forthin Hr. Rilliet von Plan- ta geheißen. Allein gleich in der Hochzeitnacht merkte er, daß seine Jungfer Braut nichts weni- ger als Jungfer war. Er machte ihr seine Entde- kung bekannt, und sie gestand ihm mit Thränen, daß es an dem sey, und daß ihr eigner Bruder, -- der Obrist Planta, damals in französischen Dien- sten, sie in Besancon zur Mutter gemacht habe. -- Rilliet trennte sich von ihr, und versprach ihr jährlich 8000 Livres. Diese Summe war aber der Mutter und dem Bruder nicht hinlänglich. Sie steckten sich also hinter die vornehmen Genfer, und diese brachten es dahin, daß zwar die Schei- dung vor sich ging; daß aber Rilliet, der ein
etwas Intereſſantes von ihm erfahren. Unter an- derm einmal Folgendes:
Ein vornehmer Bankier aus Genf, Namens Rilliet, Vetter der reichen Gebruͤder Rilliet zu Paris, welcher in ſeiner Jugend viele Geſchaͤfte, beſonders in Frankreich und Italien gemacht, und ſeine beſte Zeit auf Reiſen verlebt hatte, heurathete ohngefaͤhr im Jahr 1786 ein armes Fraͤulein von Planta. Rilliet that dieß, um durch den Adel ſeiner Frau ſich mitzuadeln: denn in dem damals ariſtokratiſchen Genf war die erztolle Gewohnheit, daß die Maͤnner ſich nach ihren adelichen Weibern auch adelich ſchrieben. So haͤtte denn dieſer Herr Bankier Rilliet, forthin Hr. Rilliet von Plan- ta geheißen. Allein gleich in der Hochzeitnacht merkte er, daß ſeine Jungfer Braut nichts weni- ger als Jungfer war. Er machte ihr ſeine Entde- kung bekannt, und ſie geſtand ihm mit Thraͤnen, daß es an dem ſey, und daß ihr eigner Bruder, — der Obriſt Planta, damals in franzoͤſiſchen Dien- ſten, ſie in Beſançon zur Mutter gemacht habe. — Rilliet trennte ſich von ihr, und verſprach ihr jaͤhrlich 8000 Livres. Dieſe Summe war aber der Mutter und dem Bruder nicht hinlaͤnglich. Sie ſteckten ſich alſo hinter die vornehmen Genfer, und dieſe brachten es dahin, daß zwar die Schei- dung vor ſich ging; daß aber Rilliet, der ein
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etwas Intereſſantes von ihm erfahren. Unter an-
derm einmal Folgendes:
Ein vornehmer Bankier aus Genf, Namens
Rilliet, Vetter der reichen Gebruͤder Rilliet zu
Paris, welcher in ſeiner Jugend viele Geſchaͤfte,
beſonders in Frankreich und Italien gemacht, und
ſeine beſte Zeit auf Reiſen verlebt hatte, heurathete
ohngefaͤhr im Jahr 1786 ein armes Fraͤulein von
Planta. Rilliet that dieß, um durch den Adel
ſeiner Frau ſich mitzuadeln: denn in dem damals
ariſtokratiſchen Genf war die erztolle Gewohnheit,
daß die Maͤnner ſich nach ihren adelichen Weibern
auch adelich ſchrieben. So haͤtte denn dieſer Herr
Bankier Rilliet, forthin Hr. Rilliet von Plan-
ta geheißen. Allein gleich in der Hochzeitnacht
merkte er, daß ſeine Jungfer Braut nichts weni-
ger als Jungfer war. Er machte ihr ſeine Entde-
kung bekannt, und ſie geſtand ihm mit Thraͤnen,
daß es an dem ſey, und daß ihr eigner Bruder, —
der Obriſt Planta, damals in franzoͤſiſchen Dien-
ſten, ſie in Beſançon zur Mutter gemacht habe. —
Rilliet trennte ſich von ihr, und verſprach ihr
jaͤhrlich 8000 Livres. Dieſe Summe war aber der
Mutter und dem Bruder nicht hinlaͤnglich. Sie
ſteckten ſich alſo hinter die vornehmen Genfer,
und dieſe brachten es dahin, daß zwar die Schei-
dung vor ſich ging; daß aber Rilliet, der ein
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/52>, abgerufen am 22.11.2024.
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