Nachrichten u. dgl. Diese Zettel wurden von Zeit zu Zeit abgerissen, und es fand sich, daß manche, wenn sie oben das Bedürfniß aufs Häuschen zu ge- hen spührten, im Herabgehen einen Zettel von der Wand abrissen. Es wurde also öffentlich durch den Ausrufer angesagt, daß wer künftig auf der Straße oder auf dem Gemeinhause einen angeschlagenen Zettel abreiße, eine achttägige Arreststrafe zu ge- warten habe. Herrmann, ein Zuckerbecker und Mitglied der Municipalität, wurde darüber ertappt, und nun nicht nur auf acht Tage eingesteckt, sondern auch seines Amtes entsezt.
Zur Zeit des Terrorismus oder des Schreckens- systems in Frankreich wurde die Abreißung der an- geschlagnen Zettel allemal mit dem Tode bestraft, indem man das als ein Zeichen des Misfallens an der Verfassung, und als ein Signal zur Meuterey ansah. In Landau war man damals nicht so strenge. Ueberhaupt konnte man ziemlich laut sa- gen, was man an der neuen Verfassung zu tadeln fand. Einige thaten dieß auch freymüthig genug, weil sie schon als gewiß voraussezten, daß die zu schwach besezte Stadt in die Hände der Preußen fallen würde. Die öffentliche Meynung war und blieb indeß immer für die Republik. Landau zählte nur wenig Aristokraten.
Nachrichten u. dgl. Dieſe Zettel wurden von Zeit zu Zeit abgeriſſen, und es fand ſich, daß manche, wenn ſie oben das Beduͤrfniß aufs Haͤuschen zu ge- hen ſpuͤhrten, im Herabgehen einen Zettel von der Wand abriſſen. Es wurde alſo oͤffentlich durch den Ausrufer angeſagt, daß wer kuͤnftig auf der Straße oder auf dem Gemeinhauſe einen angeſchlagenen Zettel abreiße, eine achttaͤgige Arreſtſtrafe zu ge- warten habe. Herrmann, ein Zuckerbecker und Mitglied der Municipalitaͤt, wurde daruͤber ertappt, und nun nicht nur auf acht Tage eingeſteckt, ſondern auch ſeines Amtes entſezt.
Zur Zeit des Terrorismus oder des Schreckens- ſyſtems in Frankreich wurde die Abreißung der an- geſchlagnen Zettel allemal mit dem Tode beſtraft, indem man das als ein Zeichen des Misfallens an der Verfaſſung, und als ein Signal zur Meuterey anſah. In Landau war man damals nicht ſo ſtrenge. Ueberhaupt konnte man ziemlich laut ſa- gen, was man an der neuen Verfaſſung zu tadeln fand. Einige thaten dieß auch freymuͤthig genug, weil ſie ſchon als gewiß vorausſezten, daß die zu ſchwach beſezte Stadt in die Haͤnde der Preußen fallen wuͤrde. Die oͤffentliche Meynung war und blieb indeß immer fuͤr die Republik. Landau zaͤhlte nur wenig Ariſtokraten.
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Nachrichten u. dgl. Dieſe Zettel wurden von Zeit
zu Zeit abgeriſſen, und es fand ſich, daß manche,
wenn ſie oben das Beduͤrfniß aufs Haͤuschen zu ge-
hen ſpuͤhrten, im Herabgehen einen Zettel von der
Wand abriſſen. Es wurde alſo oͤffentlich durch den
Ausrufer angeſagt, daß wer kuͤnftig auf der Straße
oder auf dem Gemeinhauſe einen angeſchlagenen
Zettel abreiße, eine achttaͤgige Arreſtſtrafe zu ge-
warten habe. Herrmann, ein Zuckerbecker und
Mitglied der Municipalitaͤt, wurde daruͤber ertappt,
und nun nicht nur auf acht Tage eingeſteckt, ſondern
auch ſeines Amtes entſezt.
Zur Zeit des Terrorismus oder des Schreckens-
ſyſtems in Frankreich wurde die Abreißung der an-
geſchlagnen Zettel allemal mit dem Tode beſtraft,
indem man das als ein Zeichen des Misfallens an
der Verfaſſung, und als ein Signal zur Meuterey
anſah. In Landau war man damals nicht ſo
ſtrenge. Ueberhaupt konnte man ziemlich laut ſa-
gen, was man an der neuen Verfaſſung zu tadeln
fand. Einige thaten dieß auch freymuͤthig genug,
weil ſie ſchon als gewiß vorausſezten, daß die zu
ſchwach beſezte Stadt in die Haͤnde der Preußen
fallen wuͤrde. Die oͤffentliche Meynung war und
blieb indeß immer fuͤr die Republik. Landau zaͤhlte
nur wenig Ariſtokraten.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/68>, abgerufen am 27.11.2024.
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