Vorspruch des Bischofs eine sehr einträgliche Pfarre erhalten hatte, meine Zurückkunft melden sollte.
Ich that dieses, aber in lauter zurückhaltenden, kalten Ausdrücken. Einige Tage hernach -- die Pfarre war nur acht Meilen von Troyes -- er- hielt ich den artigsten Brief von dem Pfarrer. Er meldete mir darin, daß er sich freue, eine Ge- legenheit zu haben, mir zu dienen: der Chirurgus seines Pfarrdorfs käme weg, er wollte mich vor- schlagen, und hoffe, durch das Ansehen, worin er bey seinem Grafen stünde, diesen Posten für mich zu erhalten: er könnte ohne mich nicht le- ben u. s. w.
Mein Vater, der von unserer nähern Verbin- dung nichts wußte, war außer sich vor Freude, daß ich schon versorgt werden sollte, und ergoß sich in Lobeserhebungen meines Verführers, den er als den besten Freund seiner Familie, und als den größten Wohlthäter seines Sohnes ansah. Ich mußte also nach dem Orte meiner künftigen Be- stimmung, und wurde von dem Pfarrer aufs freundschaftlichste und zärtlichste empfangen. Er stellte mich dem Grafen vor, und da ich diesem nicht misfiel, so ward ich Chirurgus des Ortes. Der Pfarrer nahm mich in sein Haus, welches ich ungern zugab, ich zog aber nach einigen Wo- chen schon wieder aus, weil ich oft des Nachts zu
Vorſpruch des Biſchofs eine ſehr eintraͤgliche Pfarre erhalten hatte, meine Zuruͤckkunft melden ſollte.
Ich that dieſes, aber in lauter zuruͤckhaltenden, kalten Ausdruͤcken. Einige Tage hernach — die Pfarre war nur acht Meilen von Troyes — er- hielt ich den artigſten Brief von dem Pfarrer. Er meldete mir darin, daß er ſich freue, eine Ge- legenheit zu haben, mir zu dienen: der Chirurgus ſeines Pfarrdorfs kaͤme weg, er wollte mich vor- ſchlagen, und hoffe, durch das Anſehen, worin er bey ſeinem Grafen ſtuͤnde, dieſen Poſten fuͤr mich zu erhalten: er koͤnnte ohne mich nicht le- ben u. ſ. w.
Mein Vater, der von unſerer naͤhern Verbin- dung nichts wußte, war außer ſich vor Freude, daß ich ſchon verſorgt werden ſollte, und ergoß ſich in Lobeserhebungen meines Verfuͤhrers, den er als den beſten Freund ſeiner Familie, und als den groͤßten Wohlthaͤter ſeines Sohnes anſah. Ich mußte alſo nach dem Orte meiner kuͤnftigen Be- ſtimmung, und wurde von dem Pfarrer aufs freundſchaftlichſte und zaͤrtlichſte empfangen. Er ſtellte mich dem Grafen vor, und da ich dieſem nicht misfiel, ſo ward ich Chirurgus des Ortes. Der Pfarrer nahm mich in ſein Haus, welches ich ungern zugab, ich zog aber nach einigen Wo- chen ſchon wieder aus, weil ich oft des Nachts zu
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Vorſpruch des Biſchofs eine ſehr eintraͤgliche Pfarre
erhalten hatte, meine Zuruͤckkunft melden ſollte.
Ich that dieſes, aber in lauter zuruͤckhaltenden,
kalten Ausdruͤcken. Einige Tage hernach — die
Pfarre war nur acht Meilen von Troyes — er-
hielt ich den artigſten Brief von dem Pfarrer.
Er meldete mir darin, daß er ſich freue, eine Ge-
legenheit zu haben, mir zu dienen: der Chirurgus
ſeines Pfarrdorfs kaͤme weg, er wollte mich vor-
ſchlagen, und hoffe, durch das Anſehen, worin
er bey ſeinem Grafen ſtuͤnde, dieſen Poſten fuͤr
mich zu erhalten: er koͤnnte ohne mich nicht le-
ben u. ſ. w.
Mein Vater, der von unſerer naͤhern Verbin-
dung nichts wußte, war außer ſich vor Freude,
daß ich ſchon verſorgt werden ſollte, und ergoß ſich
in Lobeserhebungen meines Verfuͤhrers, den er als
den beſten Freund ſeiner Familie, und als den
groͤßten Wohlthaͤter ſeines Sohnes anſah. Ich
mußte alſo nach dem Orte meiner kuͤnftigen Be-
ſtimmung, und wurde von dem Pfarrer aufs
freundſchaftlichſte und zaͤrtlichſte empfangen. Er
ſtellte mich dem Grafen vor, und da ich dieſem
nicht misfiel, ſo ward ich Chirurgus des Ortes.
Der Pfarrer nahm mich in ſein Haus, welches
ich ungern zugab, ich zog aber nach einigen Wo-
chen ſchon wieder aus, weil ich oft des Nachts zu
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/10>, abgerufen am 21.11.2024.
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