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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

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Soldaten, so wußte das Criminalgericht die Frey-
heit, das Eigenthum und das Leben der Bürger
weit besser zu schätzen. Die Gefängnisse dieser
Gerichte waren, selbst in der Zeit des Terroris-
mus, gut eingerichtet, die Verpflegung der Ge-
fangenen angemessen, und die Untersuchung behut-
sam und regelmäßig. Hier ließ man die Zeugen
nicht ohne Unterschied zu; und ohne den deutlich-
sten Beweis des Verbrechens konnte niemand be-
straft werden. Die Verhöre dieses Gerichts sind
wie die aller andern in Frankreich, jezt öffentlich,
und es steht einem jeden frey, sich zum Anwalde
und Vertheidiger des Beklagten aufzuwerfen. Es
ist selbst durch ein Gesetz befohlen, daß bey der Er-
örterung einer Criminalfrage auf das ehemalige
Betragen des Beklagten Rücksicht genommen wer-
de; daß ein gutes Vorurtheil ihm zu Statten kom-
me; daß aber ein ungünstiges in der Sache nichts
zu seinem Schaden ändere. Mir hat diese Anstalt
sehr gefallen. Das Revolutionsgericht befolgte
eine ganz entgegengesezte Art zu verfahren, so --
via facti.

Die Folter, oder die peinliche Frage, war
schon vor der Revolution abgeschafft, und durch
neuere Gesetze ist es schlechterdings verboten, je-
manden durch irgend ein hartes, gewaltsames
Mittel, z. B. durch schweres Gefängniß, durch

Soldaten, ſo wußte das Criminalgericht die Frey-
heit, das Eigenthum und das Leben der Buͤrger
weit beſſer zu ſchaͤtzen. Die Gefaͤngniſſe dieſer
Gerichte waren, ſelbſt in der Zeit des Terroris-
mus, gut eingerichtet, die Verpflegung der Ge-
fangenen angemeſſen, und die Unterſuchung behut-
ſam und regelmaͤßig. Hier ließ man die Zeugen
nicht ohne Unterſchied zu; und ohne den deutlich-
ſten Beweis des Verbrechens konnte niemand be-
ſtraft werden. Die Verhoͤre dieſes Gerichts ſind
wie die aller andern in Frankreich, jezt oͤffentlich,
und es ſteht einem jeden frey, ſich zum Anwalde
und Vertheidiger des Beklagten aufzuwerfen. Es
iſt ſelbſt durch ein Geſetz befohlen, daß bey der Er-
oͤrterung einer Criminalfrage auf das ehemalige
Betragen des Beklagten Ruͤckſicht genommen wer-
de; daß ein gutes Vorurtheil ihm zu Statten kom-
me; daß aber ein unguͤnſtiges in der Sache nichts
zu ſeinem Schaden aͤndere. Mir hat dieſe Anſtalt
ſehr gefallen. Das Revolutionsgericht befolgte
eine ganz entgegengeſezte Art zu verfahren, ſo —
via facti.

Die Folter, oder die peinliche Frage, war
ſchon vor der Revolution abgeſchafft, und durch
neuere Geſetze iſt es ſchlechterdings verboten, je-
manden durch irgend ein hartes, gewaltſames
Mittel, z. B. durch ſchweres Gefaͤngniß, durch

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[108/0112] Soldaten, ſo wußte das Criminalgericht die Frey- heit, das Eigenthum und das Leben der Buͤrger weit beſſer zu ſchaͤtzen. Die Gefaͤngniſſe dieſer Gerichte waren, ſelbſt in der Zeit des Terroris- mus, gut eingerichtet, die Verpflegung der Ge- fangenen angemeſſen, und die Unterſuchung behut- ſam und regelmaͤßig. Hier ließ man die Zeugen nicht ohne Unterſchied zu; und ohne den deutlich- ſten Beweis des Verbrechens konnte niemand be- ſtraft werden. Die Verhoͤre dieſes Gerichts ſind wie die aller andern in Frankreich, jezt oͤffentlich, und es ſteht einem jeden frey, ſich zum Anwalde und Vertheidiger des Beklagten aufzuwerfen. Es iſt ſelbſt durch ein Geſetz befohlen, daß bey der Er- oͤrterung einer Criminalfrage auf das ehemalige Betragen des Beklagten Ruͤckſicht genommen wer- de; daß ein gutes Vorurtheil ihm zu Statten kom- me; daß aber ein unguͤnſtiges in der Sache nichts zu ſeinem Schaden aͤndere. Mir hat dieſe Anſtalt ſehr gefallen. Das Revolutionsgericht befolgte eine ganz entgegengeſezte Art zu verfahren, ſo — via facti. Die Folter, oder die peinliche Frage, war ſchon vor der Revolution abgeſchafft, und durch neuere Geſetze iſt es ſchlechterdings verboten, je- manden durch irgend ein hartes, gewaltſames Mittel, z. B. durch ſchweres Gefaͤngniß, durch

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/112>, abgerufen am 21.11.2024.