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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

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nicht gar! Ich will dem Direktor schon sagen, was
wir dir noch schuldig sind. Du bist unser Kranken-
wärter gewesen, hast deine Sachen ehrlich verrich-
tet, und schleppst dich mit einer gefährlichen
Wunde. Man muß dich ordentlich verpflegen,
und thut es auch gern: komm nur Morgen, und
bleib bey uns, bis die Bäume grün werden.

Ich folgte. Früh holte ich mir einen Zettel
beym Kommendanten Belin, und fuhr ab nach
Jean Jaques ins Hospital.

Unter den Krankenwärtern befand sich der oben
genannte Bessel, welcher seine müssigen Stun-
den mit Bücherlesen, mit politischen Gesprächen,
oder bey der Mutter Guigner, einer Weinschen-
kin, zubrachte. Ich würde sehr unrecht thun,
wenn ich die Freundschaft nicht öffentlich rühmen
wollte, die mir der brave Bessel im Spital zu
Dijon erzeigt hat. Dieser Mann war schon stark
in die vierzig, und war eines Pfarrers Sohn ohn-
weit Jena. In seiner Jugend hatte er zu Jena
die Theologie studiert, war nachher nach Schlesien
als Informator gekommen, und war da mit dem
berühmten Abt Felbiger zu Sagan bekannt ge-
worden. Als Felbiger hernach von der Kaise-
rin Maria Theresia nach Wien berufen wur-
de, um bey der Schulverbesserung zu arbeiten, so

Viert. Th. 2te Abth. I

nicht gar! Ich will dem Direktor ſchon ſagen, was
wir dir noch ſchuldig ſind. Du biſt unſer Kranken-
waͤrter geweſen, haſt deine Sachen ehrlich verrich-
tet, und ſchleppſt dich mit einer gefaͤhrlichen
Wunde. Man muß dich ordentlich verpflegen,
und thut es auch gern: komm nur Morgen, und
bleib bey uns, bis die Baͤume gruͤn werden.

Ich folgte. Fruͤh holte ich mir einen Zettel
beym Kommendanten Belin, und fuhr ab nach
Jean Jaques ins Hoſpital.

Unter den Krankenwaͤrtern befand ſich der oben
genannte Beſſel, welcher ſeine muͤſſigen Stun-
den mit Buͤcherleſen, mit politiſchen Geſpraͤchen,
oder bey der Mutter Guigner, einer Weinſchen-
kin, zubrachte. Ich wuͤrde ſehr unrecht thun,
wenn ich die Freundſchaft nicht oͤffentlich ruͤhmen
wollte, die mir der brave Beſſel im Spital zu
Dijon erzeigt hat. Dieſer Mann war ſchon ſtark
in die vierzig, und war eines Pfarrers Sohn ohn-
weit Jena. In ſeiner Jugend hatte er zu Jena
die Theologie ſtudiert, war nachher nach Schleſien
als Informator gekommen, und war da mit dem
beruͤhmten Abt Felbiger zu Sagan bekannt ge-
worden. Als Felbiger hernach von der Kaiſe-
rin Maria Thereſia nach Wien berufen wur-
de, um bey der Schulverbeſſerung zu arbeiten, ſo

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[129/0133] nicht gar! Ich will dem Direktor ſchon ſagen, was wir dir noch ſchuldig ſind. Du biſt unſer Kranken- waͤrter geweſen, haſt deine Sachen ehrlich verrich- tet, und ſchleppſt dich mit einer gefaͤhrlichen Wunde. Man muß dich ordentlich verpflegen, und thut es auch gern: komm nur Morgen, und bleib bey uns, bis die Baͤume gruͤn werden. Ich folgte. Fruͤh holte ich mir einen Zettel beym Kommendanten Belin, und fuhr ab nach Jean Jaques ins Hoſpital. Unter den Krankenwaͤrtern befand ſich der oben genannte Beſſel, welcher ſeine muͤſſigen Stun- den mit Buͤcherleſen, mit politiſchen Geſpraͤchen, oder bey der Mutter Guigner, einer Weinſchen- kin, zubrachte. Ich wuͤrde ſehr unrecht thun, wenn ich die Freundſchaft nicht oͤffentlich ruͤhmen wollte, die mir der brave Beſſel im Spital zu Dijon erzeigt hat. Dieſer Mann war ſchon ſtark in die vierzig, und war eines Pfarrers Sohn ohn- weit Jena. In ſeiner Jugend hatte er zu Jena die Theologie ſtudiert, war nachher nach Schleſien als Informator gekommen, und war da mit dem beruͤhmten Abt Felbiger zu Sagan bekannt ge- worden. Als Felbiger hernach von der Kaiſe- rin Maria Thereſia nach Wien berufen wur- de, um bey der Schulverbeſſerung zu arbeiten, ſo Viert. Th. 2te Abth. I

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/133>, abgerufen am 24.11.2024.