ging Bessel dahin mit, änderte aber aus Ursa- chen, welche er mir nie entdecken wollte, seinen Namen Löw in Bessel. Er ward Korrektor bey dem berüchtigten Nachdrucker, Edlen von Tratt- ner, welcher die Bücher für die Normalschulen damals zu drucken gehabt hat. Endlich kam er in die Gunst eines großen Herrn, und wurde als Ac- cessist nach Pest in Ungarn geschickt, wo er auch fünf Jahre geblieben war. Nachdem aber die Einrichtung der ungarischen Regierung verändert wurde, begab sich Bessel wieder nach Wien, und von da nach München. Ich war, sagte er oft, ein rechter Narr, daß ich nach München ging, wo Dummheit und Intoleranz gleichsam zu Hause sind, und wo man die Fremden ärger hasset, als der Jude ein Schwein. Bessel ging endlich nach Mannheim, und da er ein großer Freund vom Trunke war, so geschah es, daß er unter das damals vom Kardinal Rohan errichtete Regiment kam, wobey er, da er der deutschen und französi- schen Sprache kundig war, sehr bald als Sergeant angestellt wurde. Im Herbste 1793, nahm er ohnweit Weißenburg den Laufpaß, und kam nach Frankreich.
Bessel war in einigen Kenntnissen nicht übel zu Hause, besonders wußte er viel von der Geo- graphie und der Geschichte. Aber einen größern
ging Beſſel dahin mit, aͤnderte aber aus Urſa- chen, welche er mir nie entdecken wollte, ſeinen Namen Loͤw in Beſſel. Er ward Korrektor bey dem beruͤchtigten Nachdrucker, Edlen von Tratt- ner, welcher die Buͤcher fuͤr die Normalſchulen damals zu drucken gehabt hat. Endlich kam er in die Gunſt eines großen Herrn, und wurde als Ac- ceſſiſt nach Peſt in Ungarn geſchickt, wo er auch fuͤnf Jahre geblieben war. Nachdem aber die Einrichtung der ungariſchen Regierung veraͤndert wurde, begab ſich Beſſel wieder nach Wien, und von da nach Muͤnchen. Ich war, ſagte er oft, ein rechter Narr, daß ich nach Muͤnchen ging, wo Dummheit und Intoleranz gleichſam zu Hauſe ſind, und wo man die Fremden aͤrger haſſet, als der Jude ein Schwein. Beſſel ging endlich nach Mannheim, und da er ein großer Freund vom Trunke war, ſo geſchah es, daß er unter das damals vom Kardinal Rohan errichtete Regiment kam, wobey er, da er der deutſchen und franzoͤſi- ſchen Sprache kundig war, ſehr bald als Sergeant angeſtellt wurde. Im Herbſte 1793, nahm er ohnweit Weißenburg den Laufpaß, und kam nach Frankreich.
Beſſel war in einigen Kenntniſſen nicht uͤbel zu Hauſe, beſonders wußte er viel von der Geo- graphie und der Geſchichte. Aber einen groͤßern
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ging Beſſel dahin mit, aͤnderte aber aus Urſa-
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Namen Loͤw in Beſſel. Er ward Korrektor bey
dem beruͤchtigten Nachdrucker, Edlen von Tratt-
ner, welcher die Buͤcher fuͤr die Normalſchulen
damals zu drucken gehabt hat. Endlich kam er in
die Gunſt eines großen Herrn, und wurde als Ac-
ceſſiſt nach Peſt in Ungarn geſchickt, wo er auch
fuͤnf Jahre geblieben war. Nachdem aber die
Einrichtung der ungariſchen Regierung veraͤndert
wurde, begab ſich Beſſel wieder nach Wien, und
von da nach Muͤnchen. Ich war, ſagte er oft,
ein rechter Narr, daß ich nach Muͤnchen ging,
wo Dummheit und Intoleranz gleichſam zu Hauſe
ſind, und wo man die Fremden aͤrger haſſet, als
der Jude ein Schwein. Beſſel ging endlich
nach Mannheim, und da er ein großer Freund
vom Trunke war, ſo geſchah es, daß er unter das
damals vom Kardinal Rohan errichtete Regiment
kam, wobey er, da er der deutſchen und franzoͤſi-
ſchen Sprache kundig war, ſehr bald als Sergeant
angeſtellt wurde. Im Herbſte 1793, nahm er
ohnweit Weißenburg den Laufpaß, und kam nach
Frankreich.
Beſſel war in einigen Kenntniſſen nicht uͤbel
zu Hauſe, beſonders wußte er viel von der Geo-
graphie und der Geſchichte. Aber einen groͤßern
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/134>, abgerufen am 24.11.2024.
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