Freund verehrte. In diesem Briefe erkundigte ich mich, ob Herr Bispink noch lebe? Ob er keinen Brief von mir erhalten habe? u. dgl.
Endlich gegen das Ende des Jänners ließ mir der Kommendant Belin sagen: ich mögte gleich zu ihm kommen: er habe einen Brief an mich; der käme weit her, aus Deutschland. O, wie klopfte mir da das Herz! Ich flog zu ihm, und siehe da, ein Brief von meinem Bispink. Es waren ei- gentlich drey Briefe: einer in französischer Sprache von dem französischen General D' Oryre, wel- cher damals als Geißel in Erfurt sich aufhielt, und hier in den humansten Ausdrücken den Kom- mendanten Belin um meine Entlassung ansprach: dann zwey lateinische Briefe, deren einer, unter mehrern andern Nachrichten über dieß und jenes, mir wie von ohngefähr das Zeugniß gab, daß ich in Altona gebohren und getauft sey. Dieser Brief war von Hrn. Bispinks Hand, aber unter er- borgtem Namen und unter dem Schreib-Orte Ham- burg. Halle, als eine preußische Stadt, hätte, wie er gedacht hatte, das Zeugniß für mich, als einen preußischen Deserteur, verdächtig machen können. Der andere lateinische Brief von jeman- den, Namens Adler, aus Altona -- Hr. Bis- pink hatte ihn durch einen Freund kopiren lassen -- erzählte mir, wahrlich, zu meiner höchsten Be-
Freund verehrte. In dieſem Briefe erkundigte ich mich, ob Herr Bispink noch lebe? Ob er keinen Brief von mir erhalten habe? u. dgl.
Endlich gegen das Ende des Jaͤnners ließ mir der Kommendant Belin ſagen: ich moͤgte gleich zu ihm kommen: er habe einen Brief an mich; der kaͤme weit her, aus Deutſchland. O, wie klopfte mir da das Herz! Ich flog zu ihm, und ſiehe da, ein Brief von meinem Bispink. Es waren ei- gentlich drey Briefe: einer in franzoͤſiſcher Sprache von dem franzoͤſiſchen General D' Oryré, wel- cher damals als Geißel in Erfurt ſich aufhielt, und hier in den humanſten Ausdruͤcken den Kom- mendanten Belin um meine Entlaſſung anſprach: dann zwey lateiniſche Briefe, deren einer, unter mehrern andern Nachrichten uͤber dieß und jenes, mir wie von ohngefaͤhr das Zeugniß gab, daß ich in Altona gebohren und getauft ſey. Dieſer Brief war von Hrn. Bispinks Hand, aber unter er- borgtem Namen und unter dem Schreib-Orte Ham- burg. Halle, als eine preußiſche Stadt, haͤtte, wie er gedacht hatte, das Zeugniß fuͤr mich, als einen preußiſchen Deſerteur, verdaͤchtig machen koͤnnen. Der andere lateiniſche Brief von jeman- den, Namens Adler, aus Altona — Hr. Bis- pink hatte ihn durch einen Freund kopiren laſſen — erzaͤhlte mir, wahrlich, zu meiner hoͤchſten Be-
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Freund verehrte. In dieſem Briefe erkundigte ich
mich, ob Herr Bispink noch lebe? Ob er keinen
Brief von mir erhalten habe? u. dgl.
Endlich gegen das Ende des Jaͤnners ließ mir
der Kommendant Belin ſagen: ich moͤgte gleich
zu ihm kommen: er habe einen Brief an mich; der
kaͤme weit her, aus Deutſchland. O, wie klopfte
mir da das Herz! Ich flog zu ihm, und ſiehe da,
ein Brief von meinem Bispink. Es waren ei-
gentlich drey Briefe: einer in franzoͤſiſcher Sprache
von dem franzoͤſiſchen General D' Oryré, wel-
cher damals als Geißel in Erfurt ſich aufhielt,
und hier in den humanſten Ausdruͤcken den Kom-
mendanten Belin um meine Entlaſſung anſprach:
dann zwey lateiniſche Briefe, deren einer, unter
mehrern andern Nachrichten uͤber dieß und jenes,
mir wie von ohngefaͤhr das Zeugniß gab, daß ich
in Altona gebohren und getauft ſey. Dieſer Brief
war von Hrn. Bispinks Hand, aber unter er-
borgtem Namen und unter dem Schreib-Orte Ham-
burg. Halle, als eine preußiſche Stadt, haͤtte,
wie er gedacht hatte, das Zeugniß fuͤr mich, als
einen preußiſchen Deſerteur, verdaͤchtig machen
koͤnnen. Der andere lateiniſche Brief von jeman-
den, Namens Adler, aus Altona — Hr. Bis-
pink hatte ihn durch einen Freund kopiren laſſen —
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/139>, abgerufen am 21.11.2024.
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