Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Mühle bringen, wo ich alles anwendete, was
man da haben konnte, um den Gift zu vertreiben
und unwirksam zu machen. Ich hatte fürchterli-
ches Erbrechen, und verlor auf einige Wochen
den Gebrauch der Sprache: aber der Pfarrer
konnte schon den folgenden Tag wieder abreisen.

Sobald ich hergestellt war, eilte ich nach mei-
ner Heimat. Der Pfarrer besuchte mich gleich
und that sehr freundlich. Aber mich wurmte der
Umstand mit dem Vergiften gewaltig. Ich mußte
glauben, daß der Wein in des Pfarrers Flasche
vergiftet gewesen war. Ich hatte ihn zwar nur
wenig daraus trinken sehen: aber doch hatte er ei-
niges Erbrechen gehabt: das konnte aber von ei-
nem andern Umstande herrühren, oder nur so eine
Maske seyn. Kurz: lange gieng mir das alles
im Kopfe herum, und ich war von neuem gegen
den Pfarrer kalt, und erwiederte seine Freundschaft
mit merklicher Verachtung. Meine Gesundheit
hatte aber sehr gelitten, und ein Arzt von meiner
Bekanntschaft rieth mir, eine Reise vorzunehmen,
um mich zu zerstreuen. Ein Umstand war hin-
länglich, diesem Rath mehr Eingang bey mir zu
verschaffen.

Der Diebstahl des Pfarrers an den Gefäßen
der Kirche war durch einen Zufall bekannt gewor-
den, und der Pfarrer selbst in Inquisition gezogen.

Muͤhle bringen, wo ich alles anwendete, was
man da haben konnte, um den Gift zu vertreiben
und unwirkſam zu machen. Ich hatte fuͤrchterli-
ches Erbrechen, und verlor auf einige Wochen
den Gebrauch der Sprache: aber der Pfarrer
konnte ſchon den folgenden Tag wieder abreiſen.

Sobald ich hergeſtellt war, eilte ich nach mei-
ner Heimat. Der Pfarrer beſuchte mich gleich
und that ſehr freundlich. Aber mich wurmte der
Umſtand mit dem Vergiften gewaltig. Ich mußte
glauben, daß der Wein in des Pfarrers Flaſche
vergiftet geweſen war. Ich hatte ihn zwar nur
wenig daraus trinken ſehen: aber doch hatte er ei-
niges Erbrechen gehabt: das konnte aber von ei-
nem andern Umſtande herruͤhren, oder nur ſo eine
Maske ſeyn. Kurz: lange gieng mir das alles
im Kopfe herum, und ich war von neuem gegen
den Pfarrer kalt, und erwiederte ſeine Freundſchaft
mit merklicher Verachtung. Meine Geſundheit
hatte aber ſehr gelitten, und ein Arzt von meiner
Bekanntſchaft rieth mir, eine Reiſe vorzunehmen,
um mich zu zerſtreuen. Ein Umſtand war hin-
laͤnglich, dieſem Rath mehr Eingang bey mir zu
verſchaffen.

Der Diebſtahl des Pfarrers an den Gefaͤßen
der Kirche war durch einen Zufall bekannt gewor-
den, und der Pfarrer ſelbſt in Inquiſition gezogen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0014" n="10"/>
Mu&#x0364;hle bringen, wo ich alles anwendete, was<lb/>
man da haben konnte, um den Gift zu vertreiben<lb/>
und unwirk&#x017F;am zu machen. Ich hatte fu&#x0364;rchterli-<lb/>
ches Erbrechen, und verlor auf einige Wochen<lb/>
den Gebrauch der Sprache: aber der Pfarrer<lb/>
konnte &#x017F;chon den folgenden Tag wieder abrei&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Sobald ich herge&#x017F;tellt war, eilte ich nach mei-<lb/>
ner Heimat. Der Pfarrer be&#x017F;uchte mich gleich<lb/>
und that &#x017F;ehr freundlich. Aber mich wurmte der<lb/>
Um&#x017F;tand mit dem Vergiften gewaltig. Ich mußte<lb/>
glauben, daß der Wein in des Pfarrers Fla&#x017F;che<lb/>
vergiftet gewe&#x017F;en war. Ich hatte ihn zwar nur<lb/>
wenig daraus trinken &#x017F;ehen: aber doch hatte er ei-<lb/>
niges Erbrechen gehabt: das konnte aber von ei-<lb/>
nem andern Um&#x017F;tande herru&#x0364;hren, oder nur &#x017F;o eine<lb/>
Maske &#x017F;eyn. Kurz: lange gieng mir das alles<lb/>
im Kopfe herum, und ich war von neuem gegen<lb/>
den Pfarrer kalt, und erwiederte &#x017F;eine Freund&#x017F;chaft<lb/>
mit merklicher Verachtung. Meine Ge&#x017F;undheit<lb/>
hatte aber &#x017F;ehr gelitten, und ein Arzt von meiner<lb/>
Bekannt&#x017F;chaft rieth mir, eine Rei&#x017F;e vorzunehmen,<lb/>
um mich zu zer&#x017F;treuen. Ein Um&#x017F;tand war hin-<lb/>
la&#x0364;nglich, die&#x017F;em Rath mehr Eingang bey mir zu<lb/>
ver&#x017F;chaffen.</p><lb/>
        <p>Der Dieb&#x017F;tahl des Pfarrers an den Gefa&#x0364;ßen<lb/>
der Kirche war durch einen Zufall bekannt gewor-<lb/>
den, und der Pfarrer &#x017F;elb&#x017F;t in Inqui&#x017F;ition gezogen.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0014] Muͤhle bringen, wo ich alles anwendete, was man da haben konnte, um den Gift zu vertreiben und unwirkſam zu machen. Ich hatte fuͤrchterli- ches Erbrechen, und verlor auf einige Wochen den Gebrauch der Sprache: aber der Pfarrer konnte ſchon den folgenden Tag wieder abreiſen. Sobald ich hergeſtellt war, eilte ich nach mei- ner Heimat. Der Pfarrer beſuchte mich gleich und that ſehr freundlich. Aber mich wurmte der Umſtand mit dem Vergiften gewaltig. Ich mußte glauben, daß der Wein in des Pfarrers Flaſche vergiftet geweſen war. Ich hatte ihn zwar nur wenig daraus trinken ſehen: aber doch hatte er ei- niges Erbrechen gehabt: das konnte aber von ei- nem andern Umſtande herruͤhren, oder nur ſo eine Maske ſeyn. Kurz: lange gieng mir das alles im Kopfe herum, und ich war von neuem gegen den Pfarrer kalt, und erwiederte ſeine Freundſchaft mit merklicher Verachtung. Meine Geſundheit hatte aber ſehr gelitten, und ein Arzt von meiner Bekanntſchaft rieth mir, eine Reiſe vorzunehmen, um mich zu zerſtreuen. Ein Umſtand war hin- laͤnglich, dieſem Rath mehr Eingang bey mir zu verſchaffen. Der Diebſtahl des Pfarrers an den Gefaͤßen der Kirche war durch einen Zufall bekannt gewor- den, und der Pfarrer ſelbſt in Inquiſition gezogen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/14
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/14>, abgerufen am 21.11.2024.