Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

für ihr Geld zehrende Personen dadurch qualificiren,
daß sie sich in ein namhaftes Gasthaus einquar-
tiren, oder aber, daß sie sich auf die Bettelherberge
bringen, und da einsperren lassen.

Ich war sehr müde, und es kümmerte mich al-
so wenig, ob ich auf der Bettelherberge oder sonst-
wo schlief: ich war ja der elenden Nachtlager schon
seit sehr langer Zeit gewohnt worden: und ob ich
schon keine Ursache habe, mit dem Betragen der
Baseler Herren gegen mich zufrieden zu seyn, so
danke ich Ihnen doch hier öffentlich für ihr Brod,
für ihre Erbsensuppe, und für ihre zwey Schweizer-
Batzen, womit sie mich regalirt haben.

Auf der Herberge war es ein Leben, wie man
es an einem solchen Orte erwarten kann. Ohnge-
fähr acht Deserteurs, die aus Frankreich zurück-
kamen, waren unsere Gesellschaft, nebst einigen
Elsasser-Flüchtlingen, welche in ihr Land zurück
wollten. Wir mußten auf der bloßen hölzernen
Pritsche liegen, weil man wegen des Ungeziefers,
kein Stroh auf die Herberge bringen durfte. Ich
lagerte mich auf den Tisch. Der Lärmen in dieser
Gesellschaft wa[r] unaufhörlich, doch aber freute ich
mich, die deutschen Deserteurs immer besser kennen
zu lernen. Sie sprachen von nichts, als von den
Bubenstücken, die sie während ihres Aufenthalts
in Frankreich verübt hatten, und rühmten sich ihrer

fuͤr ihr Geld zehrende Perſonen dadurch qualificiren,
daß ſie ſich in ein namhaftes Gaſthaus einquar-
tiren, oder aber, daß ſie ſich auf die Bettelherberge
bringen, und da einſperren laſſen.

Ich war ſehr muͤde, und es kuͤmmerte mich al-
ſo wenig, ob ich auf der Bettelherberge oder ſonſt-
wo ſchlief: ich war ja der elenden Nachtlager ſchon
ſeit ſehr langer Zeit gewohnt worden: und ob ich
ſchon keine Urſache habe, mit dem Betragen der
Baſeler Herren gegen mich zufrieden zu ſeyn, ſo
danke ich Ihnen doch hier oͤffentlich fuͤr ihr Brod,
fuͤr ihre Erbſenſuppe, und fuͤr ihre zwey Schweizer-
Batzen, womit ſie mich regalirt haben.

Auf der Herberge war es ein Leben, wie man
es an einem ſolchen Orte erwarten kann. Ohnge-
faͤhr acht Deſerteurs, die aus Frankreich zuruͤck-
kamen, waren unſere Geſellſchaft, nebſt einigen
Elſaſſer-Fluͤchtlingen, welche in ihr Land zuruͤck
wollten. Wir mußten auf der bloßen hoͤlzernen
Pritſche liegen, weil man wegen des Ungeziefers,
kein Stroh auf die Herberge bringen durfte. Ich
lagerte mich auf den Tiſch. Der Laͤrmen in dieſer
Geſellſchaft wa[r] unaufhoͤrlich, doch aber freute ich
mich, die deutſchen Deſerteurs immer beſſer kennen
zu lernen. Sie ſprachen von nichts, als von den
Bubenſtuͤcken, die ſie waͤhrend ihres Aufenthalts
in Frankreich veruͤbt hatten, und ruͤhmten ſich ihrer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0168" n="164"/>
fu&#x0364;r ihr Geld zehrende Per&#x017F;onen dadurch qualificiren,<lb/>
daß &#x017F;ie &#x017F;ich in ein namhaftes Ga&#x017F;thaus einquar-<lb/>
tiren, oder aber, daß &#x017F;ie &#x017F;ich auf die Bettelherberge<lb/>
bringen, und da ein&#x017F;perren la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Ich war &#x017F;ehr mu&#x0364;de, und es ku&#x0364;mmerte mich al-<lb/>
&#x017F;o wenig, ob ich auf der Bettelherberge oder &#x017F;on&#x017F;t-<lb/>
wo &#x017F;chlief: ich war ja der elenden Nachtlager &#x017F;chon<lb/>
&#x017F;eit &#x017F;ehr langer Zeit gewohnt worden: und ob ich<lb/>
&#x017F;chon keine Ur&#x017F;ache habe, mit dem Betragen der<lb/>
Ba&#x017F;eler Herren gegen mich zufrieden zu &#x017F;eyn, &#x017F;o<lb/>
danke ich Ihnen doch hier o&#x0364;ffentlich fu&#x0364;r ihr Brod,<lb/>
fu&#x0364;r ihre Erb&#x017F;en&#x017F;uppe, und fu&#x0364;r ihre zwey Schweizer-<lb/>
Batzen, womit &#x017F;ie mich regalirt haben.</p><lb/>
        <p>Auf der Herberge war es ein Leben, wie man<lb/>
es an einem &#x017F;olchen Orte erwarten kann. Ohnge-<lb/>
fa&#x0364;hr acht De&#x017F;erteurs, die aus Frankreich zuru&#x0364;ck-<lb/>
kamen, waren un&#x017F;ere Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, neb&#x017F;t einigen<lb/>
El&#x017F;a&#x017F;&#x017F;er-Flu&#x0364;chtlingen, welche in ihr Land zuru&#x0364;ck<lb/>
wollten. Wir mußten auf der bloßen ho&#x0364;lzernen<lb/>
Prit&#x017F;che liegen, weil man wegen des Ungeziefers,<lb/>
kein Stroh auf die Herberge bringen durfte. Ich<lb/>
lagerte mich auf den Ti&#x017F;ch. Der La&#x0364;rmen in die&#x017F;er<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft wa<supplied>r</supplied> unaufho&#x0364;rlich, doch aber freute ich<lb/>
mich, die deut&#x017F;chen De&#x017F;erteurs immer be&#x017F;&#x017F;er kennen<lb/>
zu lernen. Sie &#x017F;prachen von nichts, als von den<lb/>
Buben&#x017F;tu&#x0364;cken, die &#x017F;ie wa&#x0364;hrend ihres Aufenthalts<lb/>
in Frankreich veru&#x0364;bt hatten, und ru&#x0364;hmten &#x017F;ich ihrer<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[164/0168] fuͤr ihr Geld zehrende Perſonen dadurch qualificiren, daß ſie ſich in ein namhaftes Gaſthaus einquar- tiren, oder aber, daß ſie ſich auf die Bettelherberge bringen, und da einſperren laſſen. Ich war ſehr muͤde, und es kuͤmmerte mich al- ſo wenig, ob ich auf der Bettelherberge oder ſonſt- wo ſchlief: ich war ja der elenden Nachtlager ſchon ſeit ſehr langer Zeit gewohnt worden: und ob ich ſchon keine Urſache habe, mit dem Betragen der Baſeler Herren gegen mich zufrieden zu ſeyn, ſo danke ich Ihnen doch hier oͤffentlich fuͤr ihr Brod, fuͤr ihre Erbſenſuppe, und fuͤr ihre zwey Schweizer- Batzen, womit ſie mich regalirt haben. Auf der Herberge war es ein Leben, wie man es an einem ſolchen Orte erwarten kann. Ohnge- faͤhr acht Deſerteurs, die aus Frankreich zuruͤck- kamen, waren unſere Geſellſchaft, nebſt einigen Elſaſſer-Fluͤchtlingen, welche in ihr Land zuruͤck wollten. Wir mußten auf der bloßen hoͤlzernen Pritſche liegen, weil man wegen des Ungeziefers, kein Stroh auf die Herberge bringen durfte. Ich lagerte mich auf den Tiſch. Der Laͤrmen in dieſer Geſellſchaft war unaufhoͤrlich, doch aber freute ich mich, die deutſchen Deſerteurs immer beſſer kennen zu lernen. Sie ſprachen von nichts, als von den Bubenſtuͤcken, die ſie waͤhrend ihres Aufenthalts in Frankreich veruͤbt hatten, und ruͤhmten ſich ihrer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/168
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/168>, abgerufen am 24.11.2024.