Ich werde, so lange ich lebe, den Frühling und den Sommer von 1795 nicht vergessen: denn ich habe keine Zeit meines Lebens mit mehr Vergnügen zugebracht, als jene im Hospital zu Dijon, und dann das halbe Jahr im Dienste des Regiments von Baden.
Zu Freystätt fand ich in der Person des Pfar- rers meinen alten redlichen Freund, Hrn. Schul- meister, welchen ich ehedem in Gießen 1776 und 77 wohl gekannt, und seiner Freundschaft innigst genossen hatte. Dieser rechtschaffene Mann sagte mir geradezu: so lange du hier im Quartier bist, lieber Laukhard, bist du mein Gast, des Mittags und des Abends, und dabey bleibts: kein Wort zur Entschuldigung! -- Daß es ihm, und seiner gu- ten Frau -- daß Mann und Frau in diesem Punk- te sehr selten gleich gesinnt sind, habe ich selbst oft genug erfahren -- recht Ernst gewesen sey, sah ich daraus, daß ich einen derben Wischer von beyden
Viert. Th. 2te Abth. O
Drey und funfzigſtes Kapitel.
Meine Lage im Schwaͤbiſchen Dienſte.
Ich werde, ſo lange ich lebe, den Fruͤhling und den Sommer von 1795 nicht vergeſſen: denn ich habe keine Zeit meines Lebens mit mehr Vergnuͤgen zugebracht, als jene im Hoſpital zu Dijon, und dann das halbe Jahr im Dienſte des Regiments von Baden.
Zu Freyſtaͤtt fand ich in der Perſon des Pfar- rers meinen alten redlichen Freund, Hrn. Schul- meiſter, welchen ich ehedem in Gießen 1776 und 77 wohl gekannt, und ſeiner Freundſchaft innigſt genoſſen hatte. Dieſer rechtſchaffene Mann ſagte mir geradezu: ſo lange du hier im Quartier biſt, lieber Laukhard, biſt du mein Gaſt, des Mittags und des Abends, und dabey bleibts: kein Wort zur Entſchuldigung! — Daß es ihm, und ſeiner gu- ten Frau — daß Mann und Frau in dieſem Punk- te ſehr ſelten gleich geſinnt ſind, habe ich ſelbſt oft genug erfahren — recht Ernſt geweſen ſey, ſah ich daraus, daß ich einen derben Wiſcher von beyden
Viert. Th. 2te Abth. O
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Drey und funfzigſtes Kapitel.
Meine Lage im Schwaͤbiſchen Dienſte.
Ich werde, ſo lange ich lebe, den Fruͤhling und
den Sommer von 1795 nicht vergeſſen: denn ich
habe keine Zeit meines Lebens mit mehr Vergnuͤgen
zugebracht, als jene im Hoſpital zu Dijon, und
dann das halbe Jahr im Dienſte des Regiments
von Baden.
Zu Freyſtaͤtt fand ich in der Perſon des Pfar-
rers meinen alten redlichen Freund, Hrn. Schul-
meiſter, welchen ich ehedem in Gießen 1776 und
77 wohl gekannt, und ſeiner Freundſchaft innigſt
genoſſen hatte. Dieſer rechtſchaffene Mann ſagte
mir geradezu: ſo lange du hier im Quartier biſt,
lieber Laukhard, biſt du mein Gaſt, des Mittags
und des Abends, und dabey bleibts: kein Wort zur
Entſchuldigung! — Daß es ihm, und ſeiner gu-
ten Frau — daß Mann und Frau in dieſem Punk-
te ſehr ſelten gleich geſinnt ſind, habe ich ſelbſt oft
genug erfahren — recht Ernſt geweſen ſey, ſah ich
daraus, daß ich einen derben Wiſcher von beyden
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/213>, abgerufen am 21.11.2024.
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