ergeben waren, und weil sie wirklich in seinen Diensten und in seinem Brode standen. Das Auswandern war ihnen daher nicht so sehr zu ver- argen, als jenen, welche auszogen, damit sie mit Hülfe auswärtiger Mächte die Freyheit ihres Va- terlandes unterdrücken, und hernach ihre Mitbürger auf Rothwälsch wieder tyrannisiren helfen mögten.
Unter den emigrirten Elsassern lernte ich einen Medikus kennen, Hrn. D.Rosenstiel von Buchs- wei[weil]er, und Leibarzt des Landgrafen. Das war so ein Mann nach meinem Fuße, ein Arzt, der seiner eignen ganzen Wissenschaft, oder wie er im- mer sagte, der medicinischen Quacksalberey, Hohn sprach, und behauptete, daß beynahe alles von der bloßen Natur, blutwenig aber von der Kunst in Heilung der Krankheit zu erwarten sey.
Meinen Gönner, den Hrn. Obersten von Sand- berg, besuchte ich öfters, und gab seinem Be- dienten, der das Faktotum bey ihm war, Unter- richt im Rechnen. Ich suchte beym Obersten her- auszubringen, was er von den französischen Ange- legenheiten hielte. Allein seine Antworten fielen immer so aus, daß ich einsah, Hr. von Sand- berg sprach, wie ein redlicher deutscher Offizier sprechen muß. Ich merkte wohl, daß der einsich- tige Mann recht gut wußte, Illiacos intra muros peccari et extra; daß die Franzosen in der Haupt-
ergeben waren, und weil ſie wirklich in ſeinen Dienſten und in ſeinem Brode ſtanden. Das Auswandern war ihnen daher nicht ſo ſehr zu ver- argen, als jenen, welche auszogen, damit ſie mit Huͤlfe auswaͤrtiger Maͤchte die Freyheit ihres Va- terlandes unterdruͤcken, und hernach ihre Mitbuͤrger auf Rothwaͤlſch wieder tyranniſiren helfen moͤgten.
Unter den emigrirten Elſaſſern lernte ich einen Medikus kennen, Hrn. D.Roſenſtiel von Buchs- wei[weil]er, und Leibarzt des Landgrafen. Das war ſo ein Mann nach meinem Fuße, ein Arzt, der ſeiner eignen ganzen Wiſſenſchaft, oder wie er im- mer ſagte, der mediciniſchen Quackſalberey, Hohn ſprach, und behauptete, daß beynahe alles von der bloßen Natur, blutwenig aber von der Kunſt in Heilung der Krankheit zu erwarten ſey.
Meinen Goͤnner, den Hrn. Oberſten von Sand- berg, beſuchte ich oͤfters, und gab ſeinem Be- dienten, der das Faktotum bey ihm war, Unter- richt im Rechnen. Ich ſuchte beym Oberſten her- auszubringen, was er von den franzoͤſiſchen Ange- legenheiten hielte. Allein ſeine Antworten fielen immer ſo aus, daß ich einſah, Hr. von Sand- berg ſprach, wie ein redlicher deutſcher Offizier ſprechen muß. Ich merkte wohl, daß der einſich- tige Mann recht gut wußte, Illiacos intra muros peccari et extra; daß die Franzoſen in der Haupt-
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ergeben waren, und weil ſie wirklich in ſeinen
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Auswandern war ihnen daher nicht ſo ſehr zu ver-
argen, als jenen, welche auszogen, damit ſie mit
Huͤlfe auswaͤrtiger Maͤchte die Freyheit ihres Va-
terlandes unterdruͤcken, und hernach ihre Mitbuͤrger
auf Rothwaͤlſch wieder tyranniſiren helfen moͤgten.
Unter den emigrirten Elſaſſern lernte ich einen
Medikus kennen, Hrn. D. Roſenſtiel von Buchs-
weiweiler, und Leibarzt des Landgrafen. Das war
ſo ein Mann nach meinem Fuße, ein Arzt, der
ſeiner eignen ganzen Wiſſenſchaft, oder wie er im-
mer ſagte, der mediciniſchen Quackſalberey, Hohn
ſprach, und behauptete, daß beynahe alles von
der bloßen Natur, blutwenig aber von der Kunſt
in Heilung der Krankheit zu erwarten ſey.
Meinen Goͤnner, den Hrn. Oberſten von Sand-
berg, beſuchte ich oͤfters, und gab ſeinem Be-
dienten, der das Faktotum bey ihm war, Unter-
richt im Rechnen. Ich ſuchte beym Oberſten her-
auszubringen, was er von den franzoͤſiſchen Ange-
legenheiten hielte. Allein ſeine Antworten fielen
immer ſo aus, daß ich einſah, Hr. von Sand-
berg ſprach, wie ein redlicher deutſcher Offizier
ſprechen muß. Ich merkte wohl, daß der einſich-
tige Mann recht gut wußte, Illiacos intra muros
peccari et extra; daß die Franzoſen in der Haupt-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/217>, abgerufen am 24.11.2024.
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