siehts an dem kleinen Lichtchen -- Baumgarten Crusius in Merseburg.
Im ganzen Badischen Lande herrscht sonst viel Wohlstand, vielleicht mehr, als in irgend einem deutschen Lande: ein deutlicher Beweis, daß die dortige Regierung gut ist, und daß der Markgraf den Ruhm verdient, welchen ihm jederman schon so lange her zugesteht.
In Karlsruhe hätte ich dem Prinzen Lud- wig aufgewartet, aber der ganze Hof war aus Furcht vor den Franzosen ausgewandert, und hatte sich nach Pforzheim begeben. Ich fand nicht einmal den Hrn. Hofrath und Leibmedikus Schrickel, den ich ehedem in Gießen genau gekannt hatte. Seine liebenswür- dige Tochter unterhielt mich auf die artigste Weise von der Welt. Ueberhaupt ist der Ton in Karls- ruhe fein und gefällig, und nicht im geringsten steif oder ungeschliffen.
Zu Bruchsal war der Hr. Fürstbischof auch geflüchtet. -- Vor Bruchsal traf ich einen Hau- fen Oestreicher, welche aus der französischen Ge- fangenschaft zurück kamen. Diese hatten das Marodiren so wenig verlernt, daß sie in die dortigen Weinberge einfielen, und nicht die Trau- ben -- das hätte man noch so übersehen können -- sondern selbst die Reben mit den Trauben abrissen oder wegschnitten. Der Hüter beschwerte sich bey
ſiehts an dem kleinen Lichtchen — Baumgarten Cruſius in Merſeburg.
Im ganzen Badiſchen Lande herrſcht ſonſt viel Wohlſtand, vielleicht mehr, als in irgend einem deutſchen Lande: ein deutlicher Beweis, daß die dortige Regierung gut iſt, und daß der Markgraf den Ruhm verdient, welchen ihm jederman ſchon ſo lange her zugeſteht.
In Karlsruhe haͤtte ich dem Prinzen Lud- wig aufgewartet, aber der ganze Hof war aus Furcht vor den Franzoſen ausgewandert, und hatte ſich nach Pforzheim begeben. Ich fand nicht einmal den Hrn. Hofrath und Leibmedikus Schrickel, den ich ehedem in Gießen genau gekannt hatte. Seine liebenswuͤr- dige Tochter unterhielt mich auf die artigſte Weiſe von der Welt. Ueberhaupt iſt der Ton in Karls- ruhe fein und gefaͤllig, und nicht im geringſten ſteif oder ungeſchliffen.
Zu Bruchſal war der Hr. Fuͤrſtbiſchof auch gefluͤchtet. — Vor Bruchſal traf ich einen Hau- fen Oeſtreicher, welche aus der franzoͤſiſchen Ge- fangenſchaft zuruͤck kamen. Dieſe hatten das Marodiren ſo wenig verlernt, daß ſie in die dortigen Weinberge einfielen, und nicht die Trau- ben — das haͤtte man noch ſo uͤberſehen koͤnnen — ſondern ſelbſt die Reben mit den Trauben abriſſen oder wegſchnitten. Der Huͤter beſchwerte ſich bey
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0242"n="238"/>ſiehts an dem kleinen Lichtchen —<hirendition="#g">Baumgarten<lb/>
Cruſius</hi> in Merſeburg.</p><lb/><p>Im ganzen Badiſchen Lande herrſcht ſonſt viel<lb/>
Wohlſtand, vielleicht mehr, als in irgend einem<lb/>
deutſchen Lande: ein deutlicher Beweis, daß die<lb/>
dortige Regierung gut iſt, und daß der Markgraf<lb/>
den Ruhm verdient, welchen ihm jederman ſchon<lb/>ſo lange her zugeſteht.</p><lb/><p>In <hirendition="#g">Karlsruhe</hi> haͤtte ich dem Prinzen <hirendition="#g">Lud</hi>-<lb/><hirendition="#g">wig</hi> aufgewartet, aber der ganze Hof war aus Furcht<lb/>
vor den Franzoſen ausgewandert, und hatte ſich nach<lb/>
Pforzheim begeben. Ich fand nicht einmal den Hrn.<lb/>
Hofrath und Leibmedikus <hirendition="#g">Schrickel</hi>, den ich ehedem<lb/>
in Gießen genau gekannt hatte. Seine liebenswuͤr-<lb/>
dige Tochter unterhielt mich auf die artigſte Weiſe<lb/>
von der Welt. Ueberhaupt iſt der Ton in Karls-<lb/>
ruhe fein und gefaͤllig, und nicht im geringſten<lb/>ſteif oder ungeſchliffen.</p><lb/><p>Zu <hirendition="#g">Bruchſal</hi> war der Hr. Fuͤrſtbiſchof auch<lb/>
gefluͤchtet. — Vor Bruchſal traf ich einen Hau-<lb/>
fen Oeſtreicher, welche aus der franzoͤſiſchen Ge-<lb/>
fangenſchaft zuruͤck kamen. Dieſe hatten das<lb/>
Marodiren ſo wenig verlernt, daß ſie in die<lb/>
dortigen Weinberge einfielen, und nicht die Trau-<lb/>
ben — das haͤtte man noch ſo uͤberſehen koͤnnen —<lb/>ſondern ſelbſt die Reben mit den Trauben abriſſen<lb/>
oder wegſchnitten. Der Huͤter beſchwerte ſich bey<lb/></p></div></body></text></TEI>
[238/0242]
ſiehts an dem kleinen Lichtchen — Baumgarten
Cruſius in Merſeburg.
Im ganzen Badiſchen Lande herrſcht ſonſt viel
Wohlſtand, vielleicht mehr, als in irgend einem
deutſchen Lande: ein deutlicher Beweis, daß die
dortige Regierung gut iſt, und daß der Markgraf
den Ruhm verdient, welchen ihm jederman ſchon
ſo lange her zugeſteht.
In Karlsruhe haͤtte ich dem Prinzen Lud-
wig aufgewartet, aber der ganze Hof war aus Furcht
vor den Franzoſen ausgewandert, und hatte ſich nach
Pforzheim begeben. Ich fand nicht einmal den Hrn.
Hofrath und Leibmedikus Schrickel, den ich ehedem
in Gießen genau gekannt hatte. Seine liebenswuͤr-
dige Tochter unterhielt mich auf die artigſte Weiſe
von der Welt. Ueberhaupt iſt der Ton in Karls-
ruhe fein und gefaͤllig, und nicht im geringſten
ſteif oder ungeſchliffen.
Zu Bruchſal war der Hr. Fuͤrſtbiſchof auch
gefluͤchtet. — Vor Bruchſal traf ich einen Hau-
fen Oeſtreicher, welche aus der franzoͤſiſchen Ge-
fangenſchaft zuruͤck kamen. Dieſe hatten das
Marodiren ſo wenig verlernt, daß ſie in die
dortigen Weinberge einfielen, und nicht die Trau-
ben — das haͤtte man noch ſo uͤberſehen koͤnnen —
ſondern ſelbſt die Reben mit den Trauben abriſſen
oder wegſchnitten. Der Huͤter beſchwerte ſich bey
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/242>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.