Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

grafen von Hessen war mir eben so unerträglich,
als ihre unbegränzte Ruhmsucht und recht kindisch-
östreichische Großprahlerey. Freilich thaten das
nicht alle, und ich muß gestehen, daß z. B. Hr.
General-Leutnant von Zentner recht gut wußte,
warum der König in Preußen Frieden gemacht ha-
ben konnte: aber die meisten räsonnirten unaussteh-
lich, und drohten, sobald der Krieg mit den Fran-
zosen zu Ende seyn würde, auch den Preußen und
den Hessen zu weisen, was der Mähre sey.

Die guten Leute dachten damals noch nicht,
daß selbst ihr großmächtigster Kaiser dereinst es nö-
thig finden könnte, troz der theuer bezahlten und
feierlichen Versicherung vom Gegentheil, das Bünd-
niß der Engländer zu verlassen und einen Separat-
frieden mit ihrem gemeinschaftlichen Feinde abzu-
schließen.

Ich mußte immer bey mir selbst über die läp-
pischen Prätensionen dieser Halbmenschen lachen,
die ich immer hören mußte, da ich durch alle ihre
Pikete passirte, und hier und da auf ihren Wa-
chen die Nacht zubrachte. So was hab' ich doch
bey den Preußen niemals gehört, und es ist über-
haupt gegen alle Klugheit, daß die Vorgesezten
ihre unerfahrnen Leute so schlecht von fremden Für-
sten räsonniren lassen, besonders in Gegenwart sol-
cher, die wieder in die Länder dieser Fürsten zu-

grafen von Heſſen war mir eben ſo unertraͤglich,
als ihre unbegraͤnzte Ruhmſucht und recht kindiſch-
oͤſtreichiſche Großprahlerey. Freilich thaten das
nicht alle, und ich muß geſtehen, daß z. B. Hr.
General-Leutnant von Zentner recht gut wußte,
warum der Koͤnig in Preußen Frieden gemacht ha-
ben konnte: aber die meiſten raͤſonnirten unausſteh-
lich, und drohten, ſobald der Krieg mit den Fran-
zoſen zu Ende ſeyn wuͤrde, auch den Preußen und
den Heſſen zu weiſen, was der Maͤhre ſey.

Die guten Leute dachten damals noch nicht,
daß ſelbſt ihr großmaͤchtigſter Kaiſer dereinſt es noͤ-
thig finden koͤnnte, troz der theuer bezahlten und
feierlichen Verſicherung vom Gegentheil, das Buͤnd-
niß der Englaͤnder zu verlaſſen und einen Separat-
frieden mit ihrem gemeinſchaftlichen Feinde abzu-
ſchließen.

Ich mußte immer bey mir ſelbſt uͤber die laͤp-
piſchen Praͤtenſionen dieſer Halbmenſchen lachen,
die ich immer hoͤren mußte, da ich durch alle ihre
Pikete paſſirte, und hier und da auf ihren Wa-
chen die Nacht zubrachte. So was hab' ich doch
bey den Preußen niemals gehoͤrt, und es iſt uͤber-
haupt gegen alle Klugheit, daß die Vorgeſezten
ihre unerfahrnen Leute ſo ſchlecht von fremden Fuͤr-
ſten raͤſonniren laſſen, beſonders in Gegenwart ſol-
cher, die wieder in die Laͤnder dieſer Fuͤrſten zu-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0250" n="246"/>
grafen von He&#x017F;&#x017F;en war mir eben &#x017F;o unertra&#x0364;glich,<lb/>
als ihre unbegra&#x0364;nzte Ruhm&#x017F;ucht und recht kindi&#x017F;ch-<lb/>
o&#x0364;&#x017F;treichi&#x017F;che Großprahlerey. Freilich thaten das<lb/>
nicht alle, und ich muß ge&#x017F;tehen, daß z. B. Hr.<lb/>
General-Leutnant von <hi rendition="#g">Zentner</hi> recht gut wußte,<lb/>
warum der Ko&#x0364;nig in Preußen Frieden gemacht ha-<lb/>
ben konnte: aber die mei&#x017F;ten ra&#x0364;&#x017F;onnirten unaus&#x017F;teh-<lb/>
lich, und drohten, &#x017F;obald der Krieg mit den Fran-<lb/>
zo&#x017F;en zu Ende &#x017F;eyn wu&#x0364;rde, auch den Preußen und<lb/>
den He&#x017F;&#x017F;en zu wei&#x017F;en, was der Ma&#x0364;hre &#x017F;ey.</p><lb/>
        <p>Die guten Leute dachten damals noch nicht,<lb/>
daß &#x017F;elb&#x017F;t ihr großma&#x0364;chtig&#x017F;ter Kai&#x017F;er derein&#x017F;t es no&#x0364;-<lb/>
thig finden ko&#x0364;nnte, troz der theuer bezahlten und<lb/>
feierlichen Ver&#x017F;icherung vom Gegentheil, das Bu&#x0364;nd-<lb/>
niß der Engla&#x0364;nder zu verla&#x017F;&#x017F;en und einen Separat-<lb/>
frieden mit ihrem gemein&#x017F;chaftlichen Feinde abzu-<lb/>
&#x017F;chließen.</p><lb/>
        <p>Ich mußte immer bey mir &#x017F;elb&#x017F;t u&#x0364;ber die la&#x0364;p-<lb/>
pi&#x017F;chen Pra&#x0364;ten&#x017F;ionen die&#x017F;er Halbmen&#x017F;chen lachen,<lb/>
die ich immer ho&#x0364;ren mußte, da ich durch alle ihre<lb/>
Pikete pa&#x017F;&#x017F;irte, und hier und da auf ihren Wa-<lb/>
chen die Nacht zubrachte. So was hab' ich doch<lb/>
bey den Preußen niemals geho&#x0364;rt, und es i&#x017F;t u&#x0364;ber-<lb/>
haupt gegen alle Klugheit, daß die Vorge&#x017F;ezten<lb/>
ihre unerfahrnen Leute &#x017F;o &#x017F;chlecht von fremden Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ten ra&#x0364;&#x017F;onniren la&#x017F;&#x017F;en, be&#x017F;onders in Gegenwart &#x017F;ol-<lb/>
cher, die wieder in die La&#x0364;nder die&#x017F;er Fu&#x0364;r&#x017F;ten zu-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[246/0250] grafen von Heſſen war mir eben ſo unertraͤglich, als ihre unbegraͤnzte Ruhmſucht und recht kindiſch- oͤſtreichiſche Großprahlerey. Freilich thaten das nicht alle, und ich muß geſtehen, daß z. B. Hr. General-Leutnant von Zentner recht gut wußte, warum der Koͤnig in Preußen Frieden gemacht ha- ben konnte: aber die meiſten raͤſonnirten unausſteh- lich, und drohten, ſobald der Krieg mit den Fran- zoſen zu Ende ſeyn wuͤrde, auch den Preußen und den Heſſen zu weiſen, was der Maͤhre ſey. Die guten Leute dachten damals noch nicht, daß ſelbſt ihr großmaͤchtigſter Kaiſer dereinſt es noͤ- thig finden koͤnnte, troz der theuer bezahlten und feierlichen Verſicherung vom Gegentheil, das Buͤnd- niß der Englaͤnder zu verlaſſen und einen Separat- frieden mit ihrem gemeinſchaftlichen Feinde abzu- ſchließen. Ich mußte immer bey mir ſelbſt uͤber die laͤp- piſchen Praͤtenſionen dieſer Halbmenſchen lachen, die ich immer hoͤren mußte, da ich durch alle ihre Pikete paſſirte, und hier und da auf ihren Wa- chen die Nacht zubrachte. So was hab' ich doch bey den Preußen niemals gehoͤrt, und es iſt uͤber- haupt gegen alle Klugheit, daß die Vorgeſezten ihre unerfahrnen Leute ſo ſchlecht von fremden Fuͤr- ſten raͤſonniren laſſen, beſonders in Gegenwart ſol- cher, die wieder in die Laͤnder dieſer Fuͤrſten zu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/250
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/250>, abgerufen am 21.11.2024.