In Weimar sprach ich bey dem Hn. Hof- buchdrucker Glüsing ein, Schwiegervater des Hn. Bispink, genoß vieler Ehre, und schlich früh Sonntags nach Jena.
Neun und funfzigstes Kapitel.
Jena. Ankunft in Halle.
Ich weiß nicht, ob mir -- ich wiederhole: mir, um meinen verwöhnten Geschmack, oder einen ha- bituellen Burschen-Geschmack nicht zum allgemein- giltigen Schiedsrichter aufzustellen -- je ein Ort mehr in der Welt gefallen hat, als das edle Je- na: und wenn mein Schicksal es je noch erlaubte, daß ich dort existiren könnte, so glaube ich, daß ich -- nach meiner Art -- ruhig und glücklich seyn würde. Das zutrauliche Wesen der Jenenser, der jovialische, eben so weit von Renommisterey als von Leipzigisirender Petitmäterey entfernte, Ton der Studenten, und überhaupt die unschenirte Lebensart, die nun einmal meine Sache ist, em- pfehlen Jena vor allen deutschen Universitäten, wenn ich auch von der Gelehrsamkeit und der Nutz- barkeit der Lehrer ganz wegsehe.
In Weimar ſprach ich bey dem Hn. Hof- buchdrucker Gluͤſing ein, Schwiegervater des Hn. Bispink, genoß vieler Ehre, und ſchlich fruͤh Sonntags nach Jena.
Neun und funfzigſtes Kapitel.
Jena. Ankunft in Halle.
Ich weiß nicht, ob mir — ich wiederhole: mir, um meinen verwoͤhnten Geſchmack, oder einen ha- bituellen Burſchen-Geſchmack nicht zum allgemein- giltigen Schiedsrichter aufzuſtellen — je ein Ort mehr in der Welt gefallen hat, als das edle Je- na: und wenn mein Schickſal es je noch erlaubte, daß ich dort exiſtiren koͤnnte, ſo glaube ich, daß ich — nach meiner Art — ruhig und gluͤcklich ſeyn wuͤrde. Das zutrauliche Weſen der Jenenſer, der jovialiſche, eben ſo weit von Renommiſterey als von Leipzigiſirender Petitmaͤterey entfernte, Ton der Studenten, und uͤberhaupt die unſchenirte Lebensart, die nun einmal meine Sache iſt, em- pfehlen Jena vor allen deutſchen Univerſitaͤten, wenn ich auch von der Gelehrſamkeit und der Nutz- barkeit der Lehrer ganz wegſehe.
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In Weimar ſprach ich bey dem Hn. Hof-
buchdrucker Gluͤſing ein, Schwiegervater des
Hn. Bispink, genoß vieler Ehre, und ſchlich
fruͤh Sonntags nach Jena.
Neun und funfzigſtes Kapitel.
Jena. Ankunft in Halle.
Ich weiß nicht, ob mir — ich wiederhole: mir,
um meinen verwoͤhnten Geſchmack, oder einen ha-
bituellen Burſchen-Geſchmack nicht zum allgemein-
giltigen Schiedsrichter aufzuſtellen — je ein Ort
mehr in der Welt gefallen hat, als das edle Je-
na: und wenn mein Schickſal es je noch erlaubte,
daß ich dort exiſtiren koͤnnte, ſo glaube ich, daß
ich — nach meiner Art — ruhig und gluͤcklich
ſeyn wuͤrde. Das zutrauliche Weſen der Jenenſer,
der jovialiſche, eben ſo weit von Renommiſterey
als von Leipzigiſirender Petitmaͤterey entfernte,
Ton der Studenten, und uͤberhaupt die unſchenirte
Lebensart, die nun einmal meine Sache iſt, em-
pfehlen Jena vor allen deutſchen Univerſitaͤten,
wenn ich auch von der Gelehrſamkeit und der Nutz-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/262>, abgerufen am 22.11.2024.
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