Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

wundet, daß auch er seinen Geist darüber aufgab.
Hr. Krüger wurde von jedem bedauret, der ihn
gekannt hatte, und man war vollkommen über-
zeugt, daß er der Urheber des Handels, oder, wie
man im akademischen Gerichte sagt, der auctor
rixae
nicht gewesen sey: denn er war nichts weni-
ger, als ein Zänker.

Die Wundärzte und andre Mediciner waren
anfangs alle der Meynung, daß die Wunde ge-
fährlich sey, ob sie aber auch tödtlich wäre, woll-
ten viele nicht geradehin entscheiden. Indessen ist
er einige Monate hernach gestorben.

Da er gern Gesellschaft um sich hatte, so ließ
er mich auch einigemal bitten, zu ihm zu kommen,
und bey ihm zu wachen. Ich that das mit Freu-
den, so nahe es mir sonst auch ging, einen Menschen
als Kandidaten des Todes da vor mir zu sehen, den
ich geliebt und geschäzt hatte.

Krüger wußte recht wohl, daß er bald ster-
ben müßte, und ob er gleich noch gern länger ge-
lebt hätte, wie jederman, so hat er sich doch mit
Gründen bekannt gemacht, welche ihm seinen Tod
erleichtern halfen. Ich will eines unsrer Gespräche
hieher setzen: vielleicht können die darin aufgestellten
Gründe, so bekannt sie sonst seyn mögen, einen guten
Nutzen haben: denn sie können vielleicht bey ir-
gend einem meiner Leser die Furcht vor jenem

wundet, daß auch er ſeinen Geiſt daruͤber aufgab.
Hr. Kruͤger wurde von jedem bedauret, der ihn
gekannt hatte, und man war vollkommen uͤber-
zeugt, daß er der Urheber des Handels, oder, wie
man im akademiſchen Gerichte ſagt, der auctor
rixae
nicht geweſen ſey: denn er war nichts weni-
ger, als ein Zaͤnker.

Die Wundaͤrzte und andre Mediciner waren
anfangs alle der Meynung, daß die Wunde ge-
faͤhrlich ſey, ob ſie aber auch toͤdtlich waͤre, woll-
ten viele nicht geradehin entſcheiden. Indeſſen iſt
er einige Monate hernach geſtorben.

Da er gern Geſellſchaft um ſich hatte, ſo ließ
er mich auch einigemal bitten, zu ihm zu kommen,
und bey ihm zu wachen. Ich that das mit Freu-
den, ſo nahe es mir ſonſt auch ging, einen Menſchen
als Kandidaten des Todes da vor mir zu ſehen, den
ich geliebt und geſchaͤzt hatte.

Kruͤger wußte recht wohl, daß er bald ſter-
ben muͤßte, und ob er gleich noch gern laͤnger ge-
lebt haͤtte, wie jederman, ſo hat er ſich doch mit
Gruͤnden bekannt gemacht, welche ihm ſeinen Tod
erleichtern halfen. Ich will eines unſrer Geſpraͤche
hieher ſetzen: vielleicht koͤnnen die darin aufgeſtellten
Gruͤnde, ſo bekannt ſie ſonſt ſeyn moͤgen, einen guten
Nutzen haben: denn ſie koͤnnen vielleicht bey ir-
gend einem meiner Leſer die Furcht vor jenem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0339" n="335"/>
wundet, daß auch er &#x017F;einen Gei&#x017F;t daru&#x0364;ber aufgab.<lb/>
Hr. <hi rendition="#g">Kru&#x0364;ger</hi> wurde von jedem bedauret, der ihn<lb/>
gekannt hatte, und man war vollkommen u&#x0364;ber-<lb/>
zeugt, daß er der Urheber des Handels, oder, wie<lb/>
man im akademi&#x017F;chen Gerichte &#x017F;agt, der <hi rendition="#aq">auctor<lb/>
rixae</hi> nicht gewe&#x017F;en &#x017F;ey: denn er war nichts weni-<lb/>
ger, als ein Za&#x0364;nker.</p><lb/>
        <p>Die Wunda&#x0364;rzte und andre Mediciner waren<lb/>
anfangs alle der Meynung, daß die Wunde ge-<lb/>
fa&#x0364;hrlich &#x017F;ey, ob &#x017F;ie aber auch to&#x0364;dtlich wa&#x0364;re, woll-<lb/>
ten viele nicht geradehin ent&#x017F;cheiden. Inde&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t<lb/>
er einige Monate hernach ge&#x017F;torben.</p><lb/>
        <p>Da er gern Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft um &#x017F;ich hatte, &#x017F;o ließ<lb/>
er mich auch einigemal bitten, zu ihm zu kommen,<lb/>
und bey ihm zu wachen. Ich that das mit Freu-<lb/>
den, &#x017F;o nahe es mir &#x017F;on&#x017F;t auch ging, einen Men&#x017F;chen<lb/>
als Kandidaten des Todes da vor mir zu &#x017F;ehen, den<lb/>
ich geliebt und ge&#x017F;cha&#x0364;zt hatte.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Kru&#x0364;ger</hi> wußte recht wohl, daß er bald &#x017F;ter-<lb/>
ben mu&#x0364;ßte, und ob er gleich noch gern la&#x0364;nger ge-<lb/>
lebt ha&#x0364;tte, wie jederman, &#x017F;o hat er &#x017F;ich doch mit<lb/>
Gru&#x0364;nden bekannt gemacht, welche ihm &#x017F;einen Tod<lb/>
erleichtern halfen. Ich will eines un&#x017F;rer Ge&#x017F;pra&#x0364;che<lb/>
hieher &#x017F;etzen: vielleicht ko&#x0364;nnen die darin aufge&#x017F;tellten<lb/>
Gru&#x0364;nde, &#x017F;o bekannt &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;eyn mo&#x0364;gen, einen guten<lb/>
Nutzen haben: denn &#x017F;ie ko&#x0364;nnen vielleicht bey ir-<lb/>
gend einem meiner Le&#x017F;er die Furcht vor jenem<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[335/0339] wundet, daß auch er ſeinen Geiſt daruͤber aufgab. Hr. Kruͤger wurde von jedem bedauret, der ihn gekannt hatte, und man war vollkommen uͤber- zeugt, daß er der Urheber des Handels, oder, wie man im akademiſchen Gerichte ſagt, der auctor rixae nicht geweſen ſey: denn er war nichts weni- ger, als ein Zaͤnker. Die Wundaͤrzte und andre Mediciner waren anfangs alle der Meynung, daß die Wunde ge- faͤhrlich ſey, ob ſie aber auch toͤdtlich waͤre, woll- ten viele nicht geradehin entſcheiden. Indeſſen iſt er einige Monate hernach geſtorben. Da er gern Geſellſchaft um ſich hatte, ſo ließ er mich auch einigemal bitten, zu ihm zu kommen, und bey ihm zu wachen. Ich that das mit Freu- den, ſo nahe es mir ſonſt auch ging, einen Menſchen als Kandidaten des Todes da vor mir zu ſehen, den ich geliebt und geſchaͤzt hatte. Kruͤger wußte recht wohl, daß er bald ſter- ben muͤßte, und ob er gleich noch gern laͤnger ge- lebt haͤtte, wie jederman, ſo hat er ſich doch mit Gruͤnden bekannt gemacht, welche ihm ſeinen Tod erleichtern halfen. Ich will eines unſrer Geſpraͤche hieher ſetzen: vielleicht koͤnnen die darin aufgeſtellten Gruͤnde, ſo bekannt ſie ſonſt ſeyn moͤgen, einen guten Nutzen haben: denn ſie koͤnnen vielleicht bey ir- gend einem meiner Leſer die Furcht vor jenem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/339
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/339>, abgerufen am 21.06.2024.