delt. Sogar die Kranken und Sterbenden, wenn sie, starr gefroren, nicht sogleich von den Wagen konnten, erhielten Schläge. Todte und Lebendige lagen auf den Wagen durcheinander. Ein fieber- hafter Offizier lag in der Krise, mußte sich den- noch auf den Strohwagen laden lassen, und starb in wenig Stunden. Alle klagten über die Härte ihres Schicksals, und meynten, es müßte der Zweck ihrer Führer und deren Befehlshaber seyn, sie mit Gewalt umkommen zu lassen, um sie nicht länger zu ernähren. Mit der menschlichen Behandlung der meisten Landeseinwohner auf ihrem Wege, über Frankfurt hinaus, waren sie übrigens zu- frieden: in Frankfurt aber, klagten sie, hätte man sich unmenschlich gegen sie bewiesen.
Die Gesunden gingen dennoch, troz der barba- rischen Behandlung ihrer unmenschlichen Treiber, mit Heiterkeit und sichtbarem Stolze auf die in ih- ren Augen gute Sache, deren Märtyrer sie waren, und die sie ganz richtig von den Gräueln der Anar- chie zu unterscheiden wußten, einher. --
Hält man dieses Benehmen der Deutschen ge- gen die kriegsgefangnen Franzosen mit jenem der Franzosen gegen die kriegsgefangnen Deutschen zu- sammen, so ist der Abstand gar sehr sichtbar und auffallend. Auf dem Transport von Mainz nach Magdeburg starben 500 kriegsgefangne Franzosen;
delt. Sogar die Kranken und Sterbenden, wenn ſie, ſtarr gefroren, nicht ſogleich von den Wagen konnten, erhielten Schlaͤge. Todte und Lebendige lagen auf den Wagen durcheinander. Ein fieber- hafter Offizier lag in der Kriſe, mußte ſich den- noch auf den Strohwagen laden laſſen, und ſtarb in wenig Stunden. Alle klagten uͤber die Haͤrte ihres Schickſals, und meynten, es muͤßte der Zweck ihrer Fuͤhrer und deren Befehlshaber ſeyn, ſie mit Gewalt umkommen zu laſſen, um ſie nicht laͤnger zu ernaͤhren. Mit der menſchlichen Behandlung der meiſten Landeseinwohner auf ihrem Wege, uͤber Frankfurt hinaus, waren ſie uͤbrigens zu- frieden: in Frankfurt aber, klagten ſie, haͤtte man ſich unmenſchlich gegen ſie bewieſen.
Die Geſunden gingen dennoch, troz der barba- riſchen Behandlung ihrer unmenſchlichen Treiber, mit Heiterkeit und ſichtbarem Stolze auf die in ih- ren Augen gute Sache, deren Maͤrtyrer ſie waren, und die ſie ganz richtig von den Graͤueln der Anar- chie zu unterſcheiden wußten, einher. —
Haͤlt man dieſes Benehmen der Deutſchen ge- gen die kriegsgefangnen Franzoſen mit jenem der Franzoſen gegen die kriegsgefangnen Deutſchen zu- ſammen, ſo iſt der Abſtand gar ſehr ſichtbar und auffallend. Auf dem Transport von Mainz nach Magdeburg ſtarben 500 kriegsgefangne Franzoſen;
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delt. Sogar die Kranken und Sterbenden, wenn
ſie, ſtarr gefroren, nicht ſogleich von den Wagen
konnten, erhielten Schlaͤge. Todte und Lebendige
lagen auf den Wagen durcheinander. Ein fieber-
hafter Offizier lag in der Kriſe, mußte ſich den-
noch auf den Strohwagen laden laſſen, und ſtarb in
wenig Stunden. Alle klagten uͤber die Haͤrte ihres
Schickſals, und meynten, es muͤßte der Zweck
ihrer Fuͤhrer und deren Befehlshaber ſeyn, ſie mit
Gewalt umkommen zu laſſen, um ſie nicht laͤnger
zu ernaͤhren. Mit der menſchlichen Behandlung
der meiſten Landeseinwohner auf ihrem Wege,
uͤber Frankfurt hinaus, waren ſie uͤbrigens zu-
frieden: in Frankfurt aber, klagten ſie, haͤtte man
ſich unmenſchlich gegen ſie bewieſen.
Die Geſunden gingen dennoch, troz der barba-
riſchen Behandlung ihrer unmenſchlichen Treiber,
mit Heiterkeit und ſichtbarem Stolze auf die in ih-
ren Augen gute Sache, deren Maͤrtyrer ſie waren,
und die ſie ganz richtig von den Graͤueln der Anar-
chie zu unterſcheiden wußten, einher. —
Haͤlt man dieſes Benehmen der Deutſchen ge-
gen die kriegsgefangnen Franzoſen mit jenem der
Franzoſen gegen die kriegsgefangnen Deutſchen zu-
ſammen, ſo iſt der Abſtand gar ſehr ſichtbar und
auffallend. Auf dem Transport von Mainz nach
Magdeburg ſtarben 500 kriegsgefangne Franzoſen;
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/45>, abgerufen am 24.11.2024.
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