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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

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Mit ihren eignen Mitgliedern verfuhren indeß
die Jakobiner eben so strenge. Sie warfen ihre
verdächtigen Anhänger sogleich aus ihrer Versamm-
lung, und dann waren sie auch verlesen: ein ein-
ziger geringer Fehltritt brachte sie ins Gefängniß
oder auf die Guillotine.

So sehr man vorher, als die Republik noch
nicht dauerhaft gegründet war, den Moderantis-
mus gehaßt und verfolgt hatte, so sehr wurde er
nachher, als man von Royalisten und Aristokraten
nichts mehr befürchtete, geliebt und geschäzt.
Man sagte zwar nicht, daß man ein Moderantist
sey, aber man befolgte doch alle Grundsätze dieses
gelindern Systems, und predigte am Ende öffent-
lich, daß nun, nachdem man durch das Schwerd
des Gesetzes und der Revolution den Royalismus
gestürzt habe, die noch irrenden Bürger durch
das Beispiel ihrer Mitbürger eines Bessern belehrt
und zur Liebe der Republik angefeuert werden
müßten. Robespierre und Marat und Pe-
thion und Couthon und St. Just waren,
als Republikaner, anfänglich allerdings auf dem
rechten Weg, aber ihr Ehrgeiz machte sie endlich
irren: sie suchten zulezt ihre eigne Größe, und
würden diese vielleicht auf den Trümmern der Re-
publik gegründet haben, wenn sie nicht zur rech-
ten Zeit gefallen wären.


Mit ihren eignen Mitgliedern verfuhren indeß
die Jakobiner eben ſo ſtrenge. Sie warfen ihre
verdaͤchtigen Anhaͤnger ſogleich aus ihrer Verſamm-
lung, und dann waren ſie auch verleſen: ein ein-
ziger geringer Fehltritt brachte ſie ins Gefaͤngniß
oder auf die Guillotine.

So ſehr man vorher, als die Republik noch
nicht dauerhaft gegruͤndet war, den Moderantis-
mus gehaßt und verfolgt hatte, ſo ſehr wurde er
nachher, als man von Royaliſten und Ariſtokraten
nichts mehr befuͤrchtete, geliebt und geſchaͤzt.
Man ſagte zwar nicht, daß man ein Moderantiſt
ſey, aber man befolgte doch alle Grundſaͤtze dieſes
gelindern Syſtems, und predigte am Ende oͤffent-
lich, daß nun, nachdem man durch das Schwerd
des Geſetzes und der Revolution den Royalismus
geſtuͤrzt habe, die noch irrenden Buͤrger durch
das Beiſpiel ihrer Mitbuͤrger eines Beſſern belehrt
und zur Liebe der Republik angefeuert werden
muͤßten. Robespierre und Marat und Pe-
thion und Couthon und St. Juſt waren,
als Republikaner, anfaͤnglich allerdings auf dem
rechten Weg, aber ihr Ehrgeiz machte ſie endlich
irren: ſie ſuchten zulezt ihre eigne Groͤße, und
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publik gegruͤndet haben, wenn ſie nicht zur rech-
ten Zeit gefallen waͤren.


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[50/0054] Mit ihren eignen Mitgliedern verfuhren indeß die Jakobiner eben ſo ſtrenge. Sie warfen ihre verdaͤchtigen Anhaͤnger ſogleich aus ihrer Verſamm- lung, und dann waren ſie auch verleſen: ein ein- ziger geringer Fehltritt brachte ſie ins Gefaͤngniß oder auf die Guillotine. So ſehr man vorher, als die Republik noch nicht dauerhaft gegruͤndet war, den Moderantis- mus gehaßt und verfolgt hatte, ſo ſehr wurde er nachher, als man von Royaliſten und Ariſtokraten nichts mehr befuͤrchtete, geliebt und geſchaͤzt. Man ſagte zwar nicht, daß man ein Moderantiſt ſey, aber man befolgte doch alle Grundſaͤtze dieſes gelindern Syſtems, und predigte am Ende oͤffent- lich, daß nun, nachdem man durch das Schwerd des Geſetzes und der Revolution den Royalismus geſtuͤrzt habe, die noch irrenden Buͤrger durch das Beiſpiel ihrer Mitbuͤrger eines Beſſern belehrt und zur Liebe der Republik angefeuert werden muͤßten. Robespierre und Marat und Pe- thion und Couthon und St. Juſt waren, als Republikaner, anfaͤnglich allerdings auf dem rechten Weg, aber ihr Ehrgeiz machte ſie endlich irren: ſie ſuchten zulezt ihre eigne Groͤße, und wuͤrden dieſe vielleicht auf den Truͤmmern der Re- publik gegruͤndet haben, wenn ſie nicht zur rech- ten Zeit gefallen waͤren.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/54>, abgerufen am 20.05.2024.