zu viel, und gegen die Freyheit der Individuen. Diese Surveillances haben sich hier und da manches erlaubt, was man in keinem Staate dulden kann. Zu Dijon z. B. foderte ein deutscher Schneider, der aber schon sehr lange daselbst ansäßig gewesen war, einen Paß auf Neufchatel, um da Tuch und andere Sachen einzukaufen. Er erhielt den Paß, aber an dem Tage, als er abreisen wollte, verbot ihm die Surveillance, aus der Stadt zu gehen, weil er ein Deutscher sey, der vielleicht mit seinem Gelde entwischen würde. Wenn er das Geld zu- rücklassen wollte, so könnte er hinziehen. Er kam also damals nicht fort. -- Ein Jude mit Geld, ohngefähr 200 Stück Louisd'or, wurde auf der Landstraße angehalten, und nach Dijon zurückge- bracht. Er war vorher in Dijon gewesen, und man hätte ihn da arretiren können: aber man wollte ihn lieber auf der Landstraße festhalten lassen. Die Gensdarmen, welche ihn anhielten, brachten ihn nach ihrer Anweisung auf die Surveillance und diese schickte ihn gerade in Arrest, und rapportirte bey dem Distrikte: der Jude sey verdächtig, und habe auswandern, und das viele Geld mitnehmen wollen. Er saß über drey Monate. Aehnliche Eingriffe haben sich die Beamten der Surveillance sehr oft erlaubt.
Viert. Th. [2]te Abth. D
zu viel, und gegen die Freyheit der Individuen. Dieſe Surveillances haben ſich hier und da manches erlaubt, was man in keinem Staate dulden kann. Zu Dijon z. B. foderte ein deutſcher Schneider, der aber ſchon ſehr lange daſelbſt anſaͤßig geweſen war, einen Paß auf Neufchatel, um da Tuch und andere Sachen einzukaufen. Er erhielt den Paß, aber an dem Tage, als er abreiſen wollte, verbot ihm die Surveillance, aus der Stadt zu gehen, weil er ein Deutſcher ſey, der vielleicht mit ſeinem Gelde entwiſchen wuͤrde. Wenn er das Geld zu- ruͤcklaſſen wollte, ſo koͤnnte er hinziehen. Er kam alſo damals nicht fort. — Ein Jude mit Geld, ohngefaͤhr 200 Stuͤck Louisd'or, wurde auf der Landſtraße angehalten, und nach Dijon zuruͤckge- bracht. Er war vorher in Dijon geweſen, und man haͤtte ihn da arretiren koͤnnen: aber man wollte ihn lieber auf der Landſtraße feſthalten laſſen. Die Gensdarmen, welche ihn anhielten, brachten ihn nach ihrer Anweiſung auf die Surveillance und dieſe ſchickte ihn gerade in Arreſt, und rapportirte bey dem Diſtrikte: der Jude ſey verdaͤchtig, und habe auswandern, und das viele Geld mitnehmen wollen. Er ſaß uͤber drey Monate. Aehnliche Eingriffe haben ſich die Beamten der Surveillance ſehr oft erlaubt.
Viert. Th. [2]te Abth. D
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zu viel, und gegen die Freyheit der Individuen.
Dieſe Surveillances haben ſich hier und da manches
erlaubt, was man in keinem Staate dulden kann.
Zu Dijon z. B. foderte ein deutſcher Schneider,
der aber ſchon ſehr lange daſelbſt anſaͤßig geweſen
war, einen Paß auf Neufchatel, um da Tuch und
andere Sachen einzukaufen. Er erhielt den Paß,
aber an dem Tage, als er abreiſen wollte, verbot
ihm die Surveillance, aus der Stadt zu gehen,
weil er ein Deutſcher ſey, der vielleicht mit ſeinem
Gelde entwiſchen wuͤrde. Wenn er das Geld zu-
ruͤcklaſſen wollte, ſo koͤnnte er hinziehen. Er kam
alſo damals nicht fort. — Ein Jude mit Geld,
ohngefaͤhr 200 Stuͤck Louisd'or, wurde auf der
Landſtraße angehalten, und nach Dijon zuruͤckge-
bracht. Er war vorher in Dijon geweſen, und
man haͤtte ihn da arretiren koͤnnen: aber man wollte
ihn lieber auf der Landſtraße feſthalten laſſen.
Die Gensdarmen, welche ihn anhielten, brachten
ihn nach ihrer Anweiſung auf die Surveillance und
dieſe ſchickte ihn gerade in Arreſt, und rapportirte
bey dem Diſtrikte: der Jude ſey verdaͤchtig, und
habe auswandern, und das viele Geld mitnehmen
wollen. Er ſaß uͤber drey Monate. Aehnliche
Eingriffe haben ſich die Beamten der Surveillance
ſehr oft erlaubt.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/53>, abgerufen am 24.11.2024.
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