phen in Deutschland, deren ganze Kunst meist nur in Erfindung neuer Wörter, oder im Verdrehen der Bedeutung der ältern besteht, und fand, daß Citoyen Gibasier nach seiner Art eben so gut räsonnirte, als mancher große Philosoph in Deutschland.
Die Kur des Gibasier hatte nicht den Er- folg, welchen ich davon hoffte. Er wohnte ein- mal zu weit von meiner Wohnung, als daß ich ihn oft hätte besuchen können, und war mei- stentheils, wenn ich zu ihm kam, ausgegangen: meine Wunde blieb also oft 6-8 Tage ohne Verband. Dieser Umstand vermehrte die Eite- rung, und den dadurch erregten beschwerlichen Geruch für mich und Andere, und dieß um so mehr, da es mir obendrein an allem mangelte, um die Wunde selbst zu reinigen.
In unsrer Kaserne fand sich indeß ein Mensch, der von der Chirurgie etwas wissen wollte, und dieser versprach mir, mich innerhalb einigen Wochen völlig wieder herzustellen. Seine Kur aber bestand auch nur im Auflegen eines gewis- sen Pflasters, das ebenfalls wenig oder viel- mehr nichts wirkte. Ich ließ also auch diesen gehen, und legte weiter nichts auf, als Schir- lingspflaster, dessen gute und heilsame Wirkung mir schon lange bekannt war.
phen in Deutſchland, deren ganze Kunſt meiſt nur in Erfindung neuer Woͤrter, oder im Verdrehen der Bedeutung der aͤltern beſteht, und fand, daß Citoyen Gibaſier nach ſeiner Art eben ſo gut raͤſonnirte, als mancher große Philoſoph in Deutſchland.
Die Kur des Gibaſier hatte nicht den Er- folg, welchen ich davon hoffte. Er wohnte ein- mal zu weit von meiner Wohnung, als daß ich ihn oft haͤtte beſuchen koͤnnen, und war mei- ſtentheils, wenn ich zu ihm kam, ausgegangen: meine Wunde blieb alſo oft 6-8 Tage ohne Verband. Dieſer Umſtand vermehrte die Eite- rung, und den dadurch erregten beſchwerlichen Geruch fuͤr mich und Andere, und dieß um ſo mehr, da es mir obendrein an allem mangelte, um die Wunde ſelbſt zu reinigen.
In unſrer Kaſerne fand ſich indeß ein Menſch, der von der Chirurgie etwas wiſſen wollte, und dieſer verſprach mir, mich innerhalb einigen Wochen voͤllig wieder herzuſtellen. Seine Kur aber beſtand auch nur im Auflegen eines gewiſ- ſen Pflaſters, das ebenfalls wenig oder viel- mehr nichts wirkte. Ich ließ alſo auch dieſen gehen, und legte weiter nichts auf, als Schir- lingspflaſter, deſſen gute und heilſame Wirkung mir ſchon lange bekannt war.
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[57/0061]
phen in Deutſchland, deren ganze Kunſt meiſt nur
in Erfindung neuer Woͤrter, oder im Verdrehen der
Bedeutung der aͤltern beſteht, und fand, daß
Citoyen Gibaſier nach ſeiner Art eben ſo gut
raͤſonnirte, als mancher große Philoſoph in
Deutſchland.
Die Kur des Gibaſier hatte nicht den Er-
folg, welchen ich davon hoffte. Er wohnte ein-
mal zu weit von meiner Wohnung, als daß ich
ihn oft haͤtte beſuchen koͤnnen, und war mei-
ſtentheils, wenn ich zu ihm kam, ausgegangen:
meine Wunde blieb alſo oft 6-8 Tage ohne
Verband. Dieſer Umſtand vermehrte die Eite-
rung, und den dadurch erregten beſchwerlichen
Geruch fuͤr mich und Andere, und dieß um ſo
mehr, da es mir obendrein an allem mangelte,
um die Wunde ſelbſt zu reinigen.
In unſrer Kaſerne fand ſich indeß ein Menſch,
der von der Chirurgie etwas wiſſen wollte, und
dieſer verſprach mir, mich innerhalb einigen
Wochen voͤllig wieder herzuſtellen. Seine Kur
aber beſtand auch nur im Auflegen eines gewiſ-
ſen Pflaſters, das ebenfalls wenig oder viel-
mehr nichts wirkte. Ich ließ alſo auch dieſen
gehen, und legte weiter nichts auf, als Schir-
lingspflaſter, deſſen gute und heilſame Wirkung
mir ſchon lange bekannt war.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/61>, abgerufen am 21.11.2024.
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