Warum? Das weiß ich nicht, aber Doktor An- toine meynte, daß der Burgunder keinen gerin- gen Antheil an diesem Uebel haben mögte. Ich suchte nun mir zu helfen, und machte Aufschläge von frischem Brod und Wasser, welches mir ein Weib gerathen hatte; aber das half nichts. Da ich doch nicht unterließ, täglich Wein zu trinken, und einstmals bey einer frohen Gelegenheit des Guten merklich zu viel that: so konnte ich den fol- genden Tag beynahe gar nicht mehr sehen. Ich tappte also zu dem ehrlichen Doktor Antoine, dessen Geschicklichkeit und guter Wille mir bekannt war, und bath ihn um Rath und Hülfe. An- toine erschrack sehr, schüttelte den Kopf, und sagte mir gerade heraus, daß ich um mein Gesicht kommen könnte, wenn ich mich im Trinken nicht mäßigte und mich nicht gehörig kuriren ließe. Ich sollte nur gleich anfs Spital gehen. Belin gab mir also einen Zettel, und ich quartierte mich zu Marat ein, welches Hospital damals auch seinen Namen änderte und hopital Mably genannt wurde. Marat nämlich, wie man weiß, war damals aus dem Pantheon geworfen worden, und gleich darauf wurden alle Spitäler, Straßen und Plätze, welche sonst seinen Namen führten, umgenannt. Mit mehrern Namen z. B. Robespierre, Pelletier und Mirabeau hatte es bald nachher dieselbe Bewandniß.
Warum? Das weiß ich nicht, aber Doktor An- toine meynte, daß der Burgunder keinen gerin- gen Antheil an dieſem Uebel haben moͤgte. Ich ſuchte nun mir zu helfen, und machte Aufſchlaͤge von friſchem Brod und Waſſer, welches mir ein Weib gerathen hatte; aber das half nichts. Da ich doch nicht unterließ, taͤglich Wein zu trinken, und einſtmals bey einer frohen Gelegenheit des Guten merklich zu viel that: ſo konnte ich den fol- genden Tag beynahe gar nicht mehr ſehen. Ich tappte alſo zu dem ehrlichen Doktor Antoine, deſſen Geſchicklichkeit und guter Wille mir bekannt war, und bath ihn um Rath und Huͤlfe. An- toine erſchrack ſehr, ſchuͤttelte den Kopf, und ſagte mir gerade heraus, daß ich um mein Geſicht kommen koͤnnte, wenn ich mich im Trinken nicht maͤßigte und mich nicht gehoͤrig kuriren ließe. Ich ſollte nur gleich anfs Spital gehen. Belin gab mir alſo einen Zettel, und ich quartierte mich zu Marat ein, welches Hoſpital damals auch ſeinen Namen aͤnderte und hôpital Mably genannt wurde. Marat naͤmlich, wie man weiß, war damals aus dem Pantheon geworfen worden, und gleich darauf wurden alle Spitaͤler, Straßen und Plaͤtze, welche ſonſt ſeinen Namen fuͤhrten, umgenannt. Mit mehrern Namen z. B. Robespierre, Pelletier und Mirabeau hatte es bald nachher dieſelbe Bewandniß.
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Warum? Das weiß ich nicht, aber Doktor An-
toine meynte, daß der Burgunder keinen gerin-
gen Antheil an dieſem Uebel haben moͤgte. Ich
ſuchte nun mir zu helfen, und machte Aufſchlaͤge
von friſchem Brod und Waſſer, welches mir ein
Weib gerathen hatte; aber das half nichts. Da
ich doch nicht unterließ, taͤglich Wein zu trinken,
und einſtmals bey einer frohen Gelegenheit des
Guten merklich zu viel that: ſo konnte ich den fol-
genden Tag beynahe gar nicht mehr ſehen. Ich
tappte alſo zu dem ehrlichen Doktor Antoine,
deſſen Geſchicklichkeit und guter Wille mir bekannt
war, und bath ihn um Rath und Huͤlfe. An-
toine erſchrack ſehr, ſchuͤttelte den Kopf, und
ſagte mir gerade heraus, daß ich um mein Geſicht
kommen koͤnnte, wenn ich mich im Trinken nicht
maͤßigte und mich nicht gehoͤrig kuriren ließe. Ich
ſollte nur gleich anfs Spital gehen. Belin gab
mir alſo einen Zettel, und ich quartierte mich zu
Marat ein, welches Hoſpital damals auch ſeinen
Namen aͤnderte und hôpital Mably genannt wurde.
Marat naͤmlich, wie man weiß, war damals
aus dem Pantheon geworfen worden, und gleich
darauf wurden alle Spitaͤler, Straßen und Plaͤtze,
welche ſonſt ſeinen Namen fuͤhrten, umgenannt. Mit
mehrern Namen z. B. Robespierre, Pelletier und
Mirabeau hatte es bald nachher dieſelbe Bewandniß.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/72>, abgerufen am 21.11.2024.
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