not rief mich oft in sein Haus, wenn er Gesell- schaft hatte, und das, wie er sagte, pour egayer la conversation. Bey dieser Gelegenheit stand mir jedesmal eine halbe Bouteille Wein zu Diensten. Sehr oft zogen mich die Franzosen mit in ihre Zeche, und dann ging ich allemal frey durch. Ich gestehe das gern, weil ich mich nicht schäme, Wohlthaten von denen anzunehmen, die mich ihres Umgangs und ihrer Freundschaft würdigen. Mei- ne belehrende Unterredung war indeß wohl auch was werth.
Ich gab gleich nach meiner Zurückkunft von Macon täglich wieder 6 Stunden, und verdiente also alle 5 Tage wieder 15 Livres: daneben erhielt ich noch 2 Livres 10 Sous Traktament, hatte also 17 Livres 10 Sous alle fünf Tage, nebst meinem Brode. Daß ich also nicht darben durfte, versteht sich von selbst.
Ich muß gestehen, daß meine Herren Schola- ren mich auf eine sehr freundschaftliche Art immer behandelt haben. Ihnen verdanke ich manchen frohen Tag, und würde noch besser zurecht gekom- men seyn, wenn meine Augen gegen den Herbst 1794 nicht fürchterlich gelitten, und mich zu allen litterärischen Arbeiten unfähig gemacht hätten.
Einige Zeit nämlich nach meiner Befreyung aus dem Gefängniß entzündeten sich meine Augen.
not rief mich oft in ſein Haus, wenn er Geſell- ſchaft hatte, und das, wie er ſagte, pour égayer la converſation. Bey dieſer Gelegenheit ſtand mir jedesmal eine halbe Bouteille Wein zu Dienſten. Sehr oft zogen mich die Franzoſen mit in ihre Zeche, und dann ging ich allemal frey durch. Ich geſtehe das gern, weil ich mich nicht ſchaͤme, Wohlthaten von denen anzunehmen, die mich ihres Umgangs und ihrer Freundſchaft wuͤrdigen. Mei- ne belehrende Unterredung war indeß wohl auch was werth.
Ich gab gleich nach meiner Zuruͤckkunft von Mâcon taͤglich wieder 6 Stunden, und verdiente alſo alle 5 Tage wieder 15 Livres: daneben erhielt ich noch 2 Livres 10 Sous Traktament, hatte alſo 17 Livres 10 Sous alle fuͤnf Tage, nebſt meinem Brode. Daß ich alſo nicht darben durfte, verſteht ſich von ſelbſt.
Ich muß geſtehen, daß meine Herren Schola- ren mich auf eine ſehr freundſchaftliche Art immer behandelt haben. Ihnen verdanke ich manchen frohen Tag, und wuͤrde noch beſſer zurecht gekom- men ſeyn, wenn meine Augen gegen den Herbſt 1794 nicht fuͤrchterlich gelitten, und mich zu allen litteraͤriſchen Arbeiten unfaͤhig gemacht haͤtten.
Einige Zeit naͤmlich nach meiner Befreyung aus dem Gefaͤngniß entzuͤndeten ſich meine Augen.
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not rief mich oft in ſein Haus, wenn er Geſell-
ſchaft hatte, und das, wie er ſagte, pour égayer
la converſation. Bey dieſer Gelegenheit ſtand mir
jedesmal eine halbe Bouteille Wein zu Dienſten.
Sehr oft zogen mich die Franzoſen mit in ihre
Zeche, und dann ging ich allemal frey durch. Ich
geſtehe das gern, weil ich mich nicht ſchaͤme,
Wohlthaten von denen anzunehmen, die mich ihres
Umgangs und ihrer Freundſchaft wuͤrdigen. Mei-
ne belehrende Unterredung war indeß wohl auch
was werth.
Ich gab gleich nach meiner Zuruͤckkunft von
Mâcon taͤglich wieder 6 Stunden, und verdiente
alſo alle 5 Tage wieder 15 Livres: daneben erhielt
ich noch 2 Livres 10 Sous Traktament, hatte alſo
17 Livres 10 Sous alle fuͤnf Tage, nebſt meinem
Brode. Daß ich alſo nicht darben durfte, verſteht
ſich von ſelbſt.
Ich muß geſtehen, daß meine Herren Schola-
ren mich auf eine ſehr freundſchaftliche Art immer
behandelt haben. Ihnen verdanke ich manchen
frohen Tag, und wuͤrde noch beſſer zurecht gekom-
men ſeyn, wenn meine Augen gegen den Herbſt
1794 nicht fuͤrchterlich gelitten, und mich zu allen
litteraͤriſchen Arbeiten unfaͤhig gemacht haͤtten.
Einige Zeit naͤmlich nach meiner Befreyung
aus dem Gefaͤngniß entzuͤndeten ſich meine Augen.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/71>, abgerufen am 21.11.2024.
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