Der Regent oder die Regenten z. B. ein Kö- nig -- dem Titel nach, nicht nach der Idee, die man gewöhnlich davon macht -- ein Convent u. s. w. sind folglich gar nichts anders, als Admi- nistratoren der Gesetze zum Besten der Na- tion, nicht aber zu ihrem eignen Vortheil allein.
Die Gesetze beschränken die Willkühr aller Mit- glieder, und das oft auf eine sehr unangenehme Art. So z. B. zwingt das Gesetz manchen, der lieber zu Hause geblieben wäre, mit in den Krieg zu zie- hen. So einer würde gewiß nicht gehen, wenn er nicht gezwungen würde, und ein wohlgebildeter Staat muß daher jedes Gesetz, auch gegen Wider- spenstige, mit Gewalt in Uebung bringen können.
Es ist daher unmöglich, daß Freyheit so viel heiße, als das Vermögen, willkührlich zu handeln, oder zu thun, was einem einfällt. Eine solche Freyheit würde das Band der Gesellschaft auflösen, und ein bellum omnium contra omnes nach sich ziehen. Ja, Freyheit kann nicht einmal so erklärt oder beschrieben werden, daß sie das Vermögen sey, jedesmal zu wollen und zu wirken, was man nach seiner eignen Vernunft für gut und schick- lich hält. Denn hier ist nicht die Frage, was ein- zelne Mitglieder der Gesellschaft, sondern was diese in sensu collectivo, oder zusammengenommen für gut erkennt.
Der Regent oder die Regenten z. B. ein Koͤ- nig — dem Titel nach, nicht nach der Idee, die man gewoͤhnlich davon macht — ein Convent u. ſ. w. ſind folglich gar nichts anders, als Admi- niſtratoren der Geſetze zum Beſten der Na- tion, nicht aber zu ihrem eignen Vortheil allein.
Die Geſetze beſchraͤnken die Willkuͤhr aller Mit- glieder, und das oft auf eine ſehr unangenehme Art. So z. B. zwingt das Geſetz manchen, der lieber zu Hauſe geblieben waͤre, mit in den Krieg zu zie- hen. So einer wuͤrde gewiß nicht gehen, wenn er nicht gezwungen wuͤrde, und ein wohlgebildeter Staat muß daher jedes Geſetz, auch gegen Wider- ſpenſtige, mit Gewalt in Uebung bringen koͤnnen.
Es iſt daher unmoͤglich, daß Freyheit ſo viel heiße, als das Vermoͤgen, willkuͤhrlich zu handeln, oder zu thun, was einem einfaͤllt. Eine ſolche Freyheit wuͤrde das Band der Geſellſchaft aufloͤſen, und ein bellum omnium contra omnes nach ſich ziehen. Ja, Freyheit kann nicht einmal ſo erklaͤrt oder beſchrieben werden, daß ſie das Vermoͤgen ſey, jedesmal zu wollen und zu wirken, was man nach ſeiner eignen Vernunft fuͤr gut und ſchick- lich haͤlt. Denn hier iſt nicht die Frage, was ein- zelne Mitglieder der Geſellſchaft, ſondern was dieſe in ſenſu collectivo, oder zuſammengenommen fuͤr gut erkennt.
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Der Regent oder die Regenten z. B. ein Koͤ-
nig — dem Titel nach, nicht nach der Idee, die
man gewoͤhnlich davon macht — ein Convent u.
ſ. w. ſind folglich gar nichts anders, als Admi-
niſtratoren der Geſetze zum Beſten der Na-
tion, nicht aber zu ihrem eignen Vortheil allein.
Die Geſetze beſchraͤnken die Willkuͤhr aller Mit-
glieder, und das oft auf eine ſehr unangenehme Art.
So z. B. zwingt das Geſetz manchen, der lieber
zu Hauſe geblieben waͤre, mit in den Krieg zu zie-
hen. So einer wuͤrde gewiß nicht gehen, wenn
er nicht gezwungen wuͤrde, und ein wohlgebildeter
Staat muß daher jedes Geſetz, auch gegen Wider-
ſpenſtige, mit Gewalt in Uebung bringen koͤnnen.
Es iſt daher unmoͤglich, daß Freyheit ſo viel
heiße, als das Vermoͤgen, willkuͤhrlich zu handeln,
oder zu thun, was einem einfaͤllt. Eine ſolche
Freyheit wuͤrde das Band der Geſellſchaft aufloͤſen,
und ein bellum omnium contra omnes nach ſich
ziehen. Ja, Freyheit kann nicht einmal ſo erklaͤrt
oder beſchrieben werden, daß ſie das Vermoͤgen
ſey, jedesmal zu wollen und zu wirken, was man
nach ſeiner eignen Vernunft fuͤr gut und ſchick-
lich haͤlt. Denn hier iſt nicht die Frage, was ein-
zelne Mitglieder der Geſellſchaft, ſondern was
dieſe in ſenſu collectivo, oder zuſammengenommen
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/91>, abgerufen am 21.11.2024.
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